Fitz der Weitseher 2 - Der Schattenbote
zusammengebissenen Zähnen hervor. »Besser, du stirbst auf meine Art als auf Edels.« Er rüttelte an der Tür, als wollte er sie aus den Angeln reißen.
Sofort waren die Wachen zur Stelle, packten seine Arme und fluchten, während er ihnen nicht die geringste Beachtung schenkte. Blade sprang hinter ihnen auf und ab und sagte: »Lass gut sein, komm jetzt, Burrich. Du hast es ihm gesagt, jetzt komm, bevor es wirklich schlimm für uns wird.«
Es gelang ihnen nicht, ihn von der Tür wegzureißen. Doch er gab plötzlich auf und ließ seine Arme sinken. Die Wachen hatten damit nicht gerechnet und stolperten beide zurück. Ich trat an das vergitterte Fensterchen.
»Burrich«, es fiel mir schwer, mit den geschwollenen Lippen die Worte zu formen, »ich habe dir nie Schmerz zufügen wollen. Es tut mir leid.« Ich suchte nach Worten, um die Qual in seinen Augen zu lindern. »Niemand sollte dir die Schuld zuschieben. Du hast dir mit mir immer die größte Mühe gegeben.«
Er schüttelte den Kopf, Gram und Verbitterung verzerrten sein Gesicht. »Leg dich hin und stirb, Junge. Leg dich einfach hin und stirb.« Damit wandte er sich ab und torkelte schwerfällig zum Ausgang. Blade folgte ihm im Rückwärtsgang und entschuldigte sich tausendmal bei den ratlosen Wärtern, die offenbar heilfroh waren, dass die ungebetenen Besucher freiwillig das Feld räumten. Ich schaute ihnen nach und sah, wie Burrichs Schatten sich entfernte, während Blade sich noch etwas Zeit nahm, um die Wogen zu glätten.
Ich wischte mir den Speichel von dem verquollenen Gesicht und kehrte langsam zu meiner Steinbank zurück. Dort saß ich lange einfach nur da und hing meinen Erinnerungen nach. Von Anfang an hatte er mich vor der alten Macht gewarnt. Den ersten Hund, dem ich mich verschwistert hatte, hatte er mir brutal entrissen. Ich hatte mit ihm damals unter Einsatz all meiner Kräfte um meinen Freund gekämpft, hatte mich mit allen Sinnen gegen ihn gestemmt und hatte erleben müssen, sie er den geistigen Rammstoß einfach an sich ab- und zu mir zurückprallen ließ. Und das mit einer solchen Wucht, dass ich jahrelang nicht mehr versuchte, diese Waffe der alten Macht gegen jemanden zu gebrauchen. Und als er Jahre später einlenkte, über meinen Bund mit dem Wolf hinwegsah, selbst wenn er ihn auch nicht akzeptierte, da kam es ihn teuer zu stehen. Die alte Macht. All die Male, die er mich davor gewarnt hatte, und dann meine hochmütige Überzeugung, es besser zu wissen, was das Richtige ist und das Richtige zu tun.
Du hast das Richtige getan.
Nachtauge, begrüßte ich ihn. Ich war zu schwach, zu müde, zu entmutigt, um mehr zu tun.
Komm zu mir. Komm mit mir und wir jagen. Mit mir kannst du all dem entfliehen.
Später vielleicht, vertröstete ich ihn. Mir war nicht da nach, mit ihm zu debattieren.
Ich saß lange da, ohne mich zu rühren. Mein Zusammenstoß mit Burrich war fast schlimmer gewesen als alle Schläge zuvor. Ich versuchte, mich an einen einzigen Menschen in meinem Leben zu erinnern, den ich nicht enttäuscht hatte. Es fiel mir kein einziger ein.
Mein Blick fiel auf Brawndys Umhang. Ich fror und hätte ihn gerne gehabt, aber ich scheute die Anstrengung, ihn aufzuheben. Ein Steinchen auf dem Boden daneben erregte meine Aufmerksamkeit. Merkwürdig. Ich hatte lange genug auf diesen Boden gestarrt, um zu wissen, dass es in meiner Zelle keine schwarzen Steinchen gab.
Neugier ist eine erstaunlich starke Triebfeder. Endlich beugte ich mich tatsächlich vor, hob den Umhang auf und auch das Steinchen. Ich brauchte eine Weile, bis ich mir den Umhang um die Schultern gelegt hatte. Dann untersuchte ich meinen Fund. Es war kein Stein. Es war ein schwarzes und feuchtes Päckchen. Das waren Blätter. Ein Kügelchen aus zusammengewickelten Blättern. Ein Kügelchen, das mich am Kinn getroffen hatte, als Burrich mich anspuckte? Ich hielt es prüfend in den wechselhaften schwachen Lichtschein, der durch die vergitterte Öffnung fiel. Etwas Weißes stak in dem äußeren Blatt, ich zog es heraus. Was meinen Blick angezogen hatte, war das weiße Ende einer Stachelschweinborste, während die schwarze, mit Widerhaken versehene Spitze die Blattenden zusammenhielt. Im Innern der Umhüllung befand sich ein klebriges, braunes Kügelchen. Ich hob es an die Nase und roch daran. Es enthielt ein Gemisch aus Kräutern, wobei jedoch ein Aroma dominierte. Ich erkannte es und mir wurde ganz flau zu mute. Es war Carryme, ein starkes Schmerz- und Beruhigungsmittel, das auch
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