FKK im Streichelzoo - Roman
bis in alle Ewigkeit ungehindert auf mich einprügeln darf. Immerhin scheint es in diesem Universum keine Schmerzen zu geben. Alles ist ganz weit weg und unwirklich.
Jetzt hat er es wieder auf mein Gesicht abgesehen. Ein Schlag auf den Kiefer lässt mich zusammenzucken und die Welt um mich verschwimmen. Die Deckenbeleuchtung des Saals scheint auf mich herabzustürzen. Ich schließe die Augen, um die rasante Fahrt anzuhalten.
»Du hast mein Leben ruiniert, du elender Drecksack! Hörst du? DU HAST ALLES KAPUTT GEMACHT!«
Natürlich höre ich ihn, er brüllt mir ja direkt ins Ohr. Ich versuche meinen Kopf wegzudrehen. »Ich sagte doch, dass es mir leidtut. Außerdem will ich deine Cassy doch gar nicht mehr«, flüstere ich angestrengt.
Er hält inne. Vermutlich hat er nicht damit gerechnet, dass ich noch zum Reden fähig bin. Seine Augen verfinstern sich. Auf seiner Stirn pulsiert eine dicke Ader. Er zieht seinen Arm nach hinten und spannt die Faust. Sie zielt direkt auf mein Gesicht. Jetzt wäre ich froh um die Entenmaske mit dem Latexschnabel. Sie würde den Schlag bestimmt abfedern.
»Darum geht es doch gar nicht mehr«, zischt es zwischen seinen Zähnen hervor. »Hier geht es nur noch um uns beide!«
Wie paralysiert wechselt mein Blick zwischen ihm und seiner Faust hin und her. Ein lauter Schrei entlädt sich aus seinem Mund. Dann auch aus meinem. Die Faust schießt nach unten, direkt auf mich zu. Der Reflex schließt meine Augen, während ich mich auf den Aufprall vorbereite. Auf den Schmerz, den wochenlangen Krankenhausaufenthalt. Darauf, dass meine Nase vermutlich nie wieder so aussehen wird, wie sie es jetzt tut.
Doch der befürchtete Schlag bleibt aus. Als ich die Augenvorsichtig wieder öffne, sehe ich, dass sich ein kräftiges Paar Arme um Hagens Faust geschlossen hat, die gerade noch wenige Zentimeter von meiner Nase entfernt ist. Ein Security-Mann thront hinter ihm, hat Hagen im Würgegriff und benötigt all seine Kraft, um ihn von mir herunterzuzerren. Hagen setzt sich zur Wehr. Er kratzt, beißt und schlägt um sich wie eine tollwütige Bulldogge.
Irgendwann gelingt es den Ordnern, ihn unter Kontrolle zu bringen, und sie entfernen sich mit ihm aus meinem arg eingeschränkten Sichtfeld. Er stößt mir Flüche hinterher und schreit immer wieder meinen Namen. »Er hat es verdient, der Scheißkerl!«, höre ich seine sich langsam entfernende Stimme.
Ich liege immer noch auf dem Rücken und kämpfe mit der Aufrechterhaltung meines Bewusstseins.
»Einen Arzt, wir brauchen einen Arzt!«, schreit jemand hysterisch.
»Am Flughafen sind drei«, nuschele ich weggetreten.
Meine Augen klappen wieder zu, geblendet von den Halogenspots der Deckenbeleuchtung, die angeschaltet wurde. Allem Anschein nach ist die Party vorbei. Die Stimmen um mich herum sammeln sich zu einem reißenden Fluss, der mich mitnimmt auf eine dunkle Reise.
»Quentin«, höre ich da eine vertraute Stimme in dem Wirrwarr sagen. Und tatsächlich, als ich die Augen wieder aufschlage, sehe ich Melanie neben mir knien. Melanie!
Ich versuche mich aufzurichten, etwas zu sagen, doch sie legt ihren Finger auf meine Lippen. »Schscht, nicht bewegen«, sagt sie. »Der Krankenwagen kommt gleich.«
Trotz der Schmerzen, die sich wie glühende Lanzen in mein Bewusstsein bohren, schaffe ich es zu lächeln.
Melanie tupft mir mit einem Taschentuch das Blut von den Lippen. Auch sie lächelt.
Mein Blick verliert sich in ihrer Hochsteckfrisur. Ihre Mähne hat sich nicht gänzlich bändigen lassen. Einzelne Strähnen ihrer wilden Korkenzieherlocken haben sich gelöst und fallen ihr ins Gesicht.
Ich liebe ihre Haare. Es scheint beinahe so, als würde sich hinter jedem einzelnen Kringel ihrer Locken eine interessante Geschichte verbergen. Unzählige Kringel. Tausende von Geschichten. Ich will sie alle hören. Ich bin unendlich fasziniert von ihr. Es ist diese Art von Faszination, die einen nachts nicht ruhig schlafen lässt.
Sie hat sich über mich gebeugt und kommt ganz dicht an mein Ohr, in dem es dröhnt, als stünde ich unter einer laufenden Dusche.
»Du blutest aus dem Ohr«, sagt sie.
»Aber ich kann dich immer noch hören. Wenn du nur vielleicht ein wenig lauter sprechen könntest …«
»Was hast du dir nur dabei gedacht? Was machst du hier? Du solltest am Flughafen sein. Mit den Ärzten, bei Cassa…«
Jetzt bin ich es, der ihr den Finger auf die Lippen legt. Meine Hand zittert. Ich will ihr sagen, wie atemberaubend toll sie aussieht. Aber
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