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Copyworld: Roman (German Edition)

Copyworld: Roman (German Edition)

Titel: Copyworld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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    Die Welt ist meine Vorstellung.
                   Arthur
Schopenhauer

 
    _______________________________________________________

 
    Kapitel 1
    Auf
dem Berg Attanai

 
    Irgendwo dort oben lauert das
Scheusal, Derek weiß es ganz genau. Sein Blick durchbohrt die Nacht mit der
Sehnsucht eines unversöhnlichen Hasses, aber nur das Flimmern und Glitzern der
vielen tausend Himmelslichter sticht in seine Augen. Dann, auf einmal! Wie aus
dem Nichts stürzt vom Firmament ein Schatten. Derek erkennt es nur am
plötzlichen Verlöschen einiger Sterne. Erst Sekunden später kann er
verschwommene Konturen ausmachen, wie ein Flattern und Pulsieren der Nacht
selbst. Die Wipfel der Eisfichten zittern unter dem Schrei des Bergholls, die
Schwingen des Ungeheuers peitschen in das Geäst, und Derek drückt sich tiefer
in den Schatten des Unterholzes, um dem Blick der starren, grünen Augen zu
entgehen. Ein Regen von Splittern und faustgroßen Brocken geht auf ihn nieder,
ein Eisklumpen trifft die Hand, in der er die Leibsense hält. Doch kein Laut
kommt über seine Lippen. Würde er entdeckt - hier wäre er dem Holl unterlegen:
Die Gewandtheit des Scheusals ist nicht minder groß als die Kühnheit des jungen
Fürsten.
    Das Gebüsch   hindert Derek, die Leibsense kreisen zu
lassen, mit einem einzigen Stoß die Bestie in die Schattenwelt zu schicken. Und
obwohl er am Fuße des Berges Attanai Panzer und Schild aus siebenfach
aufgeschlagenem Dreihornleder abgelegt und nur die Rundkappe mit den drei
Stacheln bei sich behalten hat - er könnte den pfeilschnellen Angriffen des
Geisterwesens im Buschwerk kaum ausweichen, ein gefehlter Sensenstoß brächte
den sicheren Tod. Erst wenn er die Lichtung erreicht hat, wird er sich
aufrichten, die Springbüffelhaut von den Schultern streifen und sich im
Sonnenfunkeln des Gewandes Laux, das Urahne Aja aus tausend Goldzobelfellen
genäht hat, zum Kampf stellen.
    Dann wird er die Rundkappe
ablegen, damit der Curdinstein auf dem Stirnreif mit seinem sternengleichen
Schein dem Herrn des Berges sagt, wer gekommen ist, ihn zu töten: Derek, Sohn
Curdins und Herrscher über Seemark.
    Ja, wenn er einen Darrhu hätte
oder besser noch zwei, drei dieser kleinen gräßlichen Kampfdrachen aus dem Lande
der rotäugigen Thar! Sie sind die einzigen Wesen unter allen Himmeln, die den
Holl nicht fürchten. Mit ihren Feuerstrahlen blenden sie die Bestien und
stechen ihnen die nadelscharfe Bohrzunge durch die Stirn. Aber Großherr Derek
besitzt keinen Darrhu, er muß den Holl allein besiegen. Und hat er den Bergholl
erst bezwungen, wird er dessen schwarzes Ei suchen.
    Die Sichel des Mondes ist an der
stärksten Stelle nur noch so breit wie der Regenstern, und ihre obere Spitze
zeigt auf das blasse Fünfgestirn – die Zeichen des Himmels sagen: Das Gesetz
der Urmutter Ealthea bestimmt diesen Tag zum Schicksalstag des Bergholls. Auch
hat Derek das wüste Gekläff und Geheul gehört, mit dem der Holl vom Berg
Attanai sich auf sein Weibchen stürzte, und er fand auch die blutigen Überreste
des Muttertieres, das sieben lange Jahre das schwarzglänzende Ei in seinem Leib
trug. Daß der Holl die Mutter seines eigenen Nachwuchses aufgefressen hat, ist
das sicherste Zeichen: Dann muß das zauberkräftige Ei im Horst der Bestie liegen.
Vorher rührt kein Holl sein Weibchen an.
    Die Zauberkraft des schwarzen Eis
wird ihm helfen, Rorik zu besiegen, Friede und Glück werden in Seemark
einziehen. Aber erst muß der Bergholl überwunden werden.
    Erneut streicht der Schatten
dicht über die Eisfichten, die wie unter einer erstarrten Glasschmelze   stehen, und eine Lawine scharfkantiger
Splitter bricht über Derek herein.
    Er spürt die Wärme meines Körpers
- selbst durch die Springbüffelhaut hindurch, denkt Derek beunruhigt, auch er
weiß, daß heute viele mutige Männer in die Berge gehen. Aber er weiß auch so
gut wie ich, daß nur ein oder zwei, vielleicht auch gar keiner, zurückkehren
werden.
    Selbst Rorik, dieser Teufel,
entging nur knapp dem Tode, als er einem Bergholl das Ei rauben wollte. Lange
her ist das. Damals lebte Curdin noch, und Rorik war seinem königlichen Bruder
ein ergebener Vasall.
    Derek erinnert sich noch gut an
den irren Gesichtsausdruck, mit dem Rorik in den Thronsaal wankte, über und
über mit Wunden bedeckt, wie er sich vor Curdin zu Boden warf und um Vergebung
flehte. Niemand wußte mit seinem Gestammel etwas anzufangen. Gut, er wollte ein
Berghollei und hatte den Kampf

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