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Flagge im Sturm

Titel: Flagge im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirinda Jarrett
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„Also nun komm schon herein, oder soll dir die Königin persönlich erst eine Einladung schicken?“
    Demaris strich sich noch einmal das Haar glatt, holte tief Luft und bereitete sich auf das vor, was sie jetzt tun wollte. Einen flüchtigen Moment lang überlegte sie, ob sie sich nicht doch lieber in ihren winzigen Kerker zurückziehen und dort auf Jonathan warten sollte, wie er es befohlen hatte. Außer Tom Cooke wusste schließlich niemand etwas von ihrem Plan, und sie brauchte dann auch nicht Grahams schmutzige Hände auf ihrer Haut zu ertragen.
    Feigling! schalt ihr Gewissen sie sogleich, deine Zimperlichkeit kann Jonathans Tod bedeuten! Rasch und ehe sie es sich noch anders überlegen konnte, öffnete sie die Tür und schlüpfte in die Kapitänskajüte.
    Eine einzelne Kerze flackerte in der an der Decke schaukelnden Laterne. In ihrem Licht sah Demaris Graham in seiner Koje liegen. Die Kajüte war unerträglich eng, die Fenster waren selbstverständlich geschlossen, und die Luft hier drinnen stank grauenhaft nach verbranntem Talg, verschüttetem Bier und kaltem Tabakrauch.
    Der Kapitän lag in voller Kleidung unter der Bettdecke. Ein Steinkrug mit Rum oder Whisky stand auf dem Boden in seiner Reichweite. Langsam richtete sich Graham auf, und Demaris sah, dass er eine geladene und schussbereite Pistole in der Hand hielt, die auf sie gerichtet war.
    „Wer hat Euch denn freigelassen, mein Hühnchen?“, erkundigte er sich neugierig, ohne die Pistole aus der Hand zu legen. „Hat Euch Euer feiner Zuhälter hergeschickt, um mir die Gurgel zu durchtrennen, oder war es vielleicht Euer trefflicher Schwager? Ich traue nämlich keinem von beiden, und Euch ebenfalls nicht. Kommt, verratet mir, was Ihr vorhabt, bevor ich Euch in Euren Hühnerstall zurückschicke.“
    Demaris zwang sich zu einem Lächeln. Wenigstens sah Graham in diesem schwachen Kerzenlicht weder ihre Wange noch ihr angstvolles Zittern. „Ich kam her, weil ich es selbst so wollte, und nicht auf irgendjemandes Befehl. Ich wollte Euch Wiedersehen, und zwar allein.“ Wenn ich doch in so etwas mehr Übung hätte! dachte sie.
    „Aha, allein.“ Grahams Augen blitzten interessiert auf. Er zupfte an seinem Bart und blickte sie prüfend an. „Heute Mittag wart Ihr ja reichlich zimperlich. Weshalb sollte ich Euch jetzt glauben?“
    „Wie hätte ich mich denn vor den anderen verhalten sollen?“ Sie trat näher an die Koje heran und befand sich nunmehr fast in Grahams Reichweite.
    Unterdessen horchte sie angestrengt auf irgendwelche Kampfgeräusche auf dem Deck über der Kajüte. Tom Cooke hatte ihr berichtet, dass Jonathan beabsichtigte, die Schaluppe im Handstreich zu nehmen, und nicht durch größere Gewaltanwendung. Sollte man nicht trotzdem irgendetwas hören, was darauf hinwies, dass die Attacke begonnen hatte? Vielleicht hätte ich dem jungen Matrosen doch besser nicht vertrauen sollen, dachte Demaris.
    „Hah! Dieser Spruch ist schon so alt wie die Welt“, stieß Graham verächtlich hervor. Immerhin entschärfte er jetzt die Pistole und legte sie auf die Bettdecke. „Allerdings habt Ihr Euer Gold auf den richtigen Kampfhahn gesetzt, mein Hühnchen. Wenn Allyn, dieser Betrüger, in Ungnade fällt, ist er mir nicht mehr von Nutzen, und Euer anderer Bursche wird Euch niemals mit Seidenbändern und Spitzen schmücken können.“
    Mit einer Hand klopfte er auf die Matratze neben sich, und die Enden seines ungepflegten Schnurrbarts zogen sich beim Lächeln in die Höhe. „Nun, dann kommt. Lasst Euren Kapitän nicht warten. Tut nicht so jüngferlich. Ich bin zwar keiner, der sich lange mit überflüssigen Nettigkeiten aufhält, doch ich garantiere Euch, Ihr werdet nicht unbefriedigt von mir gehen.“
    Widerstrebend bewegte sich Demaris ein wenig näher heran. An dem lüsternen Blick des Kapitäns merkte sie, dass sie. den Mann erfolgreich abgelenkt hatte. Wenn es unbedingt sein musste, wollte sie zulassen, dass er sie bei der Hand fasste und sie notfalls sogar küsste. Nur was sollte sie machen, wenn ihm das nicht genug war?
    „Kommt schon, Liebchen. Seid ein braves Kind“, lockte er. „Her mit Euch!“
    Unvermittelt fasste er Demaris um die Taille und warf sie neben sich in die Koje. Bevor sie wusste, wie ihr geschah, drückte er sie mit seinem Körper auf die Matratze. Demaris fiel die Pistole ein, und blind tastete sie auf der Decke danach. Leider erkannte Graham sofort, was sie suchte. Mit einer Faust packte er ihre beiden Handgelenke und hielt ihr

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