Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Flagge im Sturm

Titel: Flagge im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirinda Jarrett
Vom Netzwerk:
war, weder Ruth noch sich selbst gegenüber. Natürlich sorgte sie sich wegen des Schiffbrüchigen und des Unheils, das er über ihr Leben bringen mochte. Doch damit würde sie schon fertigwerden. Notfalls musste sie eben das Schmuggeln einstellen, bis er wieder gesund war. Möglicherweise war er ja in der kommenden Woche schon fort, und damit wäre die Sache dann erledigt.
    Nein, nicht Jonathan Sparhawk machte ihr angst. Es war etwas, das sie sich wesentlich schwerer einzugestehen vermochte, eine Schwäche tief in ihrem Inneren, die sie nicht zu benennen wusste.
    Sie dachte daran, wie er sie in der ersten Nacht angelächelt und sie sein „hübsches Mäuslein“ genannt hatte. Sie dachte daran, wie er sie heute angeschaut hatte, als sie ihre Hand über seine Brust hatte gleiten lassen. Sie dachte daran, wie sich seine warme Haut, sein krauses dunkles Haar und das Schlagen seines Herzens angefühlt hatten. Und sie dachte an seinen Kuss.
    Energisch rief sie sich zur Ordnung. Frauen wie sie standen schließlich über Tändeleien, kokettierten nicht und fühlten sich durch törichte Kosenamen nicht geschmeichelt, welche die Seeleute den kichernden Hafenmädchen vor den Tavernen gaben. Für Demaris zählten andere Tugenden, solche, derentwegen Eben stolz auf seine Gattin gewesen war.
    Dennoch wusste sie in ihrem Inneren, dass ihr einsames Herz hören wollte, was der Stolz ihr verbot. Dieser Jonathan Sparhawk würde ihr alles versprechen, was Männer im scharlachroten Rock Frauen zu schwören pflegten, und weil sie dergleichen noch nie gehört hatte, würde sie ihm lauschen. Er würde ihre männliche Scheherezade sein. Bald würde sein Bein wieder geheilt sein, und er würde fortgehen, ohne sich noch einmal nach einer törichten, einsamen Witwe umzudrehen.
    Das hohe, trockene Gras peitschte um ihre Röcke. Demaris rannte jetzt fast, um ihren eigenen Gedanken zu entfliehen. Der Mann konnte gar nicht bald genug fortgehen, um sie vor sich selbst zu bewahren.

3. Kapitel
    Unter den schweren Falten ihres Umhangs umfasste Demaris fest den kleinen Lederbeutel, als sie Johannes van Vere durch das flache Wasser auf sich zukommen sah. Er starrte finster auf seine Stiefel, um nicht zu der Frau hochschauen zu müssen, die auf den Felssteinen oberhalb des Strandes stand.
    Demaris wusste sehr wohl, dass der Holländer ebenso ungern mit ihr verhandelte wie sie mit ihm. Nur das Gold und Silber, das sie so fest in der Hand hielt, veranlasste ihn, immer zurückzukehren.
    Die feinen Herren in Newport zahlten stets in klingender Münze, und daran lag van Vere so viel, dass er sich dazu herabließ, mit einer Frau Geschäfte zu machen. Dennoch versuchte er immer, Demaris zu betrügen, wahrscheinlich konnte er sich nicht vorstellen, dass eine Frau ebenso gut zu rechnen vermochte wie ein Mann.
    Wenn sie ihn dann in solchen Fällen zur Rede stellte, senkte er den Blick vielsagend auf ihre Brüste, womit er andeutete, dass er das, was sie sagte, gar nicht zur Kenntnis nahm. Sie war dann stets sehr froh, dass sie Caleb und die Brüder Reed bei sich hatte.
    Als Eben noch lebte, hätte sich van Vere niemals so verhalten, und der Holländer war einer der Gründe, weshalb sie mit dem Schmuggelgeschäft aufhören wollte. Eben hatte ihr erzählt, dass van Vere eine Ehefrau, eine holländische Blondine, in Hempstead hatte und eine zweite, eine Abenaki-lndianerin, in Falmouth. Demaris hatte sich immer darüber gewundert, dass es gleich zwei Frauen auf der Erde gab, die diesen Mann ertragen konnten.
    „Ihr habt mich länger als vierzehn Tage warten lassen, Ka-
    pitän van Vere“, stellte sie kühl fest.
    „Ihr solltet Eurem heidnischen Quäkergott danken, dass ich überhaupt hier bin, Frau.“ Endlich hob er den Kopf und schaute sie aus halbgeschlossenen Augen an. „Ich weiß nicht, weshalb ich eigentlich meinen Hals riskiere und den meiner Männer auch, um Eure lächerliche Bestellung auszuführen.“ Demaris ging auf seinen Hohn nicht ein. „Habt Ihr den kanarischen Wein bekommen können, um den ich Euch beim letzten Mal gebeten hatte?“
    „O ja, und Ihr werdet dafür teuer bezahlen müssen, Mistress Allyn. Kanarischer Wein! Nun, manchmal mögen die Gentlemen es eben ausgefallen, nicht wahr, und manchmal schlicht.“ Er grinste anzüglich, damit Demaris seine Anspielung auch ja nicht überhörte.
    Demaris blieb eisern beim Geschäftlichen. „Ich werde Euch zahlen, was der Wein wert ist, und keinen Farthing mehr. Falls Ihr damit nicht einverstanden

Weitere Kostenlose Bücher