Flaming Bess 02 - Wo die Echse herrscht
voraussehen können, daß es jemand an Bord gab, der so verrückt sein und dem Dhrakanen den Weg aus dem abgesperrten 6. Oberdeck freisprengen würde. Aber sie war die Kommandantin.
Grollend setzte sich der Dhrakane wieder in Bewegung und näherte sich den Maschinenkolossen, die den Großteil der Halle einnahmen, lange Reihen wuchtiger Aggregate, durch schmale Gänge voneinander getrennt.
In dieser Halle hatte sie Stengel und seinen Werkzeugcontainer getroffen — kurz bevor Teng, ein Anhänger des Kultes der Auserwählten, den Anschlag auf sie verübt hatte.
Waren seitdem wirklich erst zwei Tage verstrichen?
Es kam ihr vor, als hielte sich der Dhrakane schon eine Ewigkeit an Bord auf.
Sie verdrängte die Gedanken und huschte leichtfüßig in einen Wartungstunnel, der wie ein Wurmkanal einen Umformerblock von den Ausmaßen eines Einfamilienhauses durchzog. Als sie das andere Ende erreichte, sah sie den Dhrakanen soeben im Labyrinth der Maschinengänge verschwinden.
Bess schaltete ihr Armbandkom auf Kas Frequenz. »Wo bist du?« flüsterte sie.
»Ungefähr vierzig Meter von dir entfernt«, drang leise die Antwort des Clansmanns aus dem Mikrolautsprecher, »Richtung Lee.«
»In Ordnung. Der Dhrakane bewegt sich parallel zu dir auf die Zentralsektion zu.«
Ka schwieg einen Moment. Dann: »Du weißt, was das bedeuten könnte?«
Ja, durchfuhr es sie, ich weiß es. Vielleicht habe ich es schon die ganze Zeit geahnt: das Paratriebwerk. Pra-Yaswäns Geschenk …
»Möglicherweise«, fügte Ka hinzu, »ist das dhrakanische Triebwerk von Anfang an sein Zie l gewesen.«
»Aber warum hat er dann das Risiko eines Marsches durch das ganze Schiff auf sich genommen?« Bess schüttelte zweifelnd den Kopf. »Mit seinem Transmitter hätte er direkt hier im Maschinendeck auftauchen können.«
»In wenigen Minuten werden wir …« Ka stockte. »Der Dhrakane nähert sich meinem Versteck. Ich melde mich wieder.«
Die Verbindung brach ab. Bess wählte eine andere Frequenz. »Zentrale?«
»Endlich!« Katzensteins Stimme klang erleichtert. »Wo bist du? Warum habt ihr euch nicht mehr gemeldet, seit ihr das 1. OD verlassen habt? Und was ist mit der verdammten Echse?«
»Wir sind in der Peripherie der Bugsektion, Halle M-B1«, sagte Bess hastig. »Der Dhrakane bewegt sich in Richtung Zentralsektion. Wir vermuten, daß sein Interesse dem Paratriebwerk gilt.«
Sie hörte, wie Katzenstein scharf Luft holte. »Ich will verdammt sein«, knurrte er. »Ich will dreimal verdammt sein. Hör zu, Bess, wir müssen um jeden Preis verhindern, daß er das Triebwerk beschädigt. Ohne Überlichtantrieb sind wir verloren. Der nächste Stern ist mehr als drei Lichtjahre entfernt, und … «
»Ich glaube nicht«, fiel ihm Bess ins Wort, »daß es den Dhrakanen um die Zerstörung unseres Paratriebwerks geht. Solange wir in ihrem Fesselfeld festsitzen, sind wir ohnehin in ihrer Hand.«
»Trotzdem«, beharrte Katzenstein. »Das Risiko ist zu groß. Du solltest Cluster alarmieren und das Triebwerk von seinen Soldaten sichern lassen.«
»Damit es noch mehr Tote gibt?«
Der Bordingenieur murmelte etwas Unverständliches.
»Ka und ich werden den Dhrakanen weiter beobachten«, sagte Bess bestimmt. »Solange ich keinen gegenteiligen Befehl gebe, betritt niemand das Maschinendeck.« Sie horchte kurz; die Schritte des Dhrakanen hallten in dem großen Saal wie die Schläge einer Kesselpauke, und die verzerrten Echos erschwerten es, seine derzeitige Position zu bestimmen, aber er schien inzwischen die ferne Rückwand erreicht zu haben. »Was ist mit der Raumstation?«
»Keine Veränderung«, antwortete Katzenstein. »Wir versuchen noch immer, Funkkontakt herzustellen — ohne Erfolg. Chip meint allerdings, dass die Gravosphäre die elektromagnetischen Wellen absorbiert.«
»Macht trotzdem weiter. Irgendwann werden die Dhrakanen ihr Schweigen brechen müssen.«
»Noch etwas — der SD hat in diesem alten Kontrollraum, wo Gahl den Propheten getroffen hat, die Leiche einer Frau gefunden. Gahl hat sie identifiziert; Shee d’Anshe vom Linderghast-Planeten, eine Anhängerin des Kultes. Sie weist keine äußeren Verletzungen auf, aber Doktor Go ist überzeugt, daß Mahmed sie durch einen starken hypnotischen Selbstmordbefehl getötet hat.«
»Und Mahmed?«
»Spurlos verschwunden. Die Tür des Kontrollraums war von innen verriegelt. Entweder hat ihn Shee d’Anshe vor ihrem Tod hinausgelassen – oder dieser mörderische Prophet kann durch die Wände
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