Flammende Versuchung
Geheimnis bleiben sollte. Der Mann, dem einst das Mitleid der Gesellschaft zugeflossen war, hatte jetzt offenbar als Bösewicht den größeren Unterhaltungswert.
»Meine Bestie«, flüsterte sie. Ihr Ehemann verneigte sich vor ihr, als sie auf ihn zutrat. Als er sich wieder aufrichtete, überragte er die anderen Männer um Haupteslänge.
Brookhaven gehörte ihr, ihr ganz allein, für immer.
Lieber Gott, sie hoffte nur, dass sie nicht einen schrecklichen Fehler gemacht hatte.
Viertes Kapitel
E s waren nur einige wenige Meilen zurück nach Brook House, aber für Deirdre, in unbehaglicher Stille neben ihrem Ehemann eingesperrt, dauerte die Fahrt unerträglich lange.
Ehemann.
Doch er hatte noch keinen Versuch unternommen, sich ihr als solcher zu nähern. Oh, warum berührte er sie nicht? Sie waren fast schon beim Haus. Das hier war wahrscheinlich ihr letzter privater Moment für die nächsten Stunden! Selbstverständlich wollte sie nicht wie irgendein leichtes Mädchen in der Kutsche genommen werden …
Oh, was für ein Gedanke! Was für ein herrlicher, köstlicher, unanständiger, skandalöser, göttlicher Gedanke!
Vielleicht wartete er auf irgendein Zeichen ihrerseits. Sie schob sich ein wenig näher an ihn heran und drehte sich dann sanft lächelnd zu ihm um, bereit -
Neben ihr räusperte sich Brookhaven. »Miss – äh, meine Liebe …«
Das Lächeln verwandelte sich in ein leichtes Stirnrunzeln. Fühlte er sich nicht wohl? Ungewöhnlich. Er mochte ein wenig steif sein, manchmal sogar sauertöpfisch, aber üblicherweise bewegte er sich durch die Welt, als gehörte sie ihm mit allem Drum und Dran. Diese Selbstsicherheit war ziemlich anziehend.
Wieder rutschte er neben ihr hin und her, und seine Miene verfinsterte sich. Aus irgendeinem Grund war er wirklich sehr beunruhigt.
Deirdre erkannte es mühelos, auch wenn die meisten den Marquis lediglich für ein wenig verstimmt gehalten hätten. Man musste wissen, wie sehr sich Brookhaven allen gegenüber verschloss, um zu sehen, dass die kleinste Regung für ihn bedeutete, als würde er laut schreien.
Da sie selbst über jahrelange Erfahrung damit verfügte, sich vor allen zu verschließen, fiel es Deirdre leicht, den Unterschied zu erkennen. Es hatte sie ihren ganzen Mut und alle Selbstbeherrschung gekostet, die letzten dreizehn Jahre mit ihrer boshaften Stiefmutter zu leben, ohne als das Opfer ihrer eigenen Verlorenheit und Unsicherheit zu enden.
Man mochte sie für eisern und gefühllos halten – auch wenn sich Deirdre einen feuchten Kehricht darum kümmerte – oder sogar für egoistisch, aber Deirdre hatte vor langem beschlossen, dass sie sich am ehesten an Tessa rächen konnte, indem sie eine gesellschaftliche Stellung erreichte, die so weit über der ihrer Stiefmutter war, dass sie den Rest ihres Lebens damit zubringen konnte, sicherzustellen, dass Tessa nicht einmal mehr von der Frau eines einfachen Gutsherrn empfangen werden würde.
Natürlich war das nicht ihr oberstes Ziel im Leben, aber die Vorstellung hatte ihr durch einige schreckliche Jahre geholfen. Inzwischen war die Vorbereitung von Tessas sozialem Abstieg für Deirdre nicht mehr als ein … tja, Hobby. Ein Zeitvertreib.
Nein. Was Deirdre in diesem Augenblick am allermeisten
wünschte, war, so viel wie möglich über den Mann hinter der Mauer herauszufinden – und diesen Mann dazu zu bringen, sich einzugestehen, dass er nie mehr ohne sie leben konnte.
Das Beste jedoch war, und darüber hatte Deirdre Brookhaven noch nicht in Kenntnis gesetzt, dass sie, sobald Brookhaven Herzog wurde, ein überwältigendes Erbe von fast dreißigtausend Pfund aus dem Vermögen ihres Urgroßvaters erhielt. Sie selbst wäre dann geradezu unanständig reich, und dann würde ihr niemand mehr auch nur die geringsten Vorschriften machen können, weder aufgrund von Zuneigung noch Erpressung, denn sie hatte ein tadelloses Leben geführt.
Sie war in jeder Hinsicht das Mädchen, für das Brookhaven sie hielt, nur dass sie bald so reich wie eine Prinzessin wäre. Seit ihrem zwölften Lebensjahr war sie dazu erzogen worden, eines Tages eine Herzogin zu sein, und auch wenn Tessas Methoden grausam und ungewöhnlich waren, so wusste Deirdre doch alles Notwendige, um einem großen Haushalt vorzustehen und das komplizierte gesellschaftliche Leben zu führen, das einem so prächtigen Paar wie ihr und ihrem Ehemann gebührte. Sie wollte gewiss nicht, dass Brookhaven irgendwann einmal der Gedanke kam, er hätte die Falsche
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