Fledermaeuse und andere Leute
willst du«, sagt diese ungerührt, »besser zu früh als zu spät, Jungchen hin und Mäxchen her. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, dass du meine kleine Schwester Pia bis zum Abwinken »Baby« genannt hast, nur weil sie das Nesthäkchen in der Familie war. Und ich fürchte, dass du sie auch heute noch so rufen würdest, hätte sie nicht endlich den Mut gefunden, sich das »Baby« zu verbitten, als der erste Freund auftauchte. Ich denke, mein Sohn hat völlig Recht. Sonst nennst du ihn noch Mäxchen, wenn er die vierzig überschritten, eigene Kinder und einen Haaransatz wie Beckenbauer hat.«
»Du hast ja so Recht«, sage ich da geknickt, »wo er doch sogar seinen Fußball schon über unseren Gartenzaun kicken kann!«
Unreife Früchtchen
I ch bin leider, im Gegensatz zu Felix, kein großer Gartenfreund. Ich war auch noch nie einer und weiß auch nicht, ob sich das jemals ändern wird. Der Grund ist mit Sicherheit der: Ich bin ein Nachkriegskind. Und in dieser Zeit wurde aus jedem Zentimeter Boden ein so genannter Schrebergarten gemacht. Wir hatten auch einen. Wir nutzten ihn zum Anbau von Kohl – Weißkohl, Rotkohl, Grünkohl und dem scheußlichen Mangold als Spinatersatz –, Lebensmittel, mit denen man mich hätte jagen können, wäre die Auswahl auf unserem Speiseplan größer gewesen. Auch wenn ich dann im Sommer ein wenig durch das Obst versöhnt wurde – Johannisbeeren, Stachelbeeren und vor allen Dingen Erdbeeren –, blieb da immer noch das Bewässern der Pflanzen!!! Dazu wurden wir Kinder verdonnert, und da es damals noch keine Gartenschläuche gab, schleppten wir Gießkanne für Gießkanne von Beet zu Beet. Das Ergebnis war letztlich eine vollkommene Abneigung gegen Gärten jeder Art.
Zugegeben, ein Garten, der in allen Farben blüht, kann mich mittlerweile schon begeistern, so wie der unsere heute. Und außerdem eignet er sich vorzüglich, um darin Wäsche zu trocknen, dreckige Schuhe abzustellen, Dackel frei herumlaufen zu lassen und vor allem, um Grillfeste zu veranstalten. Bei solchenFesten dürfen dann alle Kinder der Nachbarschaft dabei sein, die sich im hauseigenen Garten wegen des kostbaren englischen Rasens und der kunstvoll angelegten Blumenbeete nur ganz vorsichtig bewegen können.
Auch Mäxchen darf kleine Freunde mitbringen, und die spielen dann zur Freude der Dackel Federball, Fußball und Verstecken. Wenn unsere Dackel Frieda und Anton schließlich sämtliche Bälle verschleppt haben, können wir Johannisbeeren pflücken. Meine hauswirtschaftlichen Fähigkeiten halten sich zwar in Grenzen und haben das Einmachstadium noch lange nicht erreicht, aber eine rote Grütze aus Johannisbeeren mit Vanillesoße gelingt sogar mir.
Ich verteile immer Eimerchen an Mäxchen und seine Freunde, und wir machen getrennt die Runde durch unsere Sträucher. Die Ausbeute schütten wir dann auf den großen Gartentisch.
So auch an diesem Sommertag, doch bedauerlicherweise hat Mäxchen nur grüne Beeren gesammelt: »Wegen ich die Farbe so gerne mag!«, sagt er strahlend.
»Prima«, erwidere ich, und dann belehrend, »aber die kann man leider noch nicht essen, die müssen erst richtig rot werden.«
»Na gut«, gekränkt schiebt er seine Ausbeute wieder in sein Eimerchen zurück, »dann häng ich sie eben wieder hin.«
Die armen Fische
M ein Sohn Christoph kann sich nur sehr schwer von den Relikten seiner Kindheit trennen. Doch drei Tage vor Mäxchens drittem Geburtstag kommt er überraschend mit seinem alten Indianerzelt und dem Indianerkostüm an, um sie seinem Neffen zum Geschenk zu machen. Damals, als meine Kinder klein waren, wohnten wir noch in einer winzigen Dachgeschosswohnung – kein Balkon, kein Garten –, und das Zelt konnte nur provisorisch im Kinderzimmer aufgestellt werden. Leider war es immer im Weg, beim Putzen, beim Toben und selbst beim Kriegstanz. Ständig kippte dieses dämliche Ding um. Selbst unsere Dackel hatten keine Hemmungen, das Zelt umzurennen, auch wenn die Insassen gerade drinnen im Schneidersitz hockten, um die Friedenspfeife zu rauchen. Trotzdem: Spaß hatte es allemal gemacht, und die Fotos von den Kindern als Häuptling und Squaw sind eine zauberhafte Erinnerung.
Nun sind wir im Besitz eines herrlichen Gartens, meine Kinder aber leider erwachsen. Darum soll Mäxchen lieber das Zelt mit allem Drum und Dran bekommen, bevor es im Keller seines Onkels verrottet.
Der Neffe, respektive Enkel, freut sich ein Bein aus. Indianer wollte er schon immer mal sein, nur sein
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