Flederzeit - Sturz in die Vergangenheit (Historischer Roman): 1 (German Edition)
dem Wagen nach Reutte zu fahren, Baumaterial und Lebensmittel zu besorgen.
Ihm ging es so gut wie schon lange nicht mehr!
Und dennoch - bei all diesen Märschen den Berg hinauf und hinunter hatte er den Weg tunlichst gemieden, den er damals mit Elias genommen hatte.
Aber das lag wahrscheinlich daran, dass er zwar weit war, so weit jedoch auch wieder nicht.
Unwillig rollte er sich auf die Seite, um hoffentlich noch einmal einzuschlafen. Doch das Gedankenkarussell, einmal in Fahrt gesetzt, ließ sich nicht mehr abstellen.
'Ein paar Tage nur, dann bin ich zurück', hatte er angekündigt. Das war vor über zwei Wochen gewesen. Was Wolfgang wohl dachte, weil er gar nicht mehr in München auftauchte? Wahrscheinlich das Richtige. Wolfgang war so. Trotzdem, Matthias sollte ihn mal anrufen, wenn er heute ins Tal hinunterging.
Diese Idee verwarf er jedoch schnell wieder. Wolfgang würde wissen wollen, wie weit er mit seiner Geschichte sei, dem eigentlichen Grund seines Hierseins. Und sollte er dann sagen, dass er die Schreibmaschine im Eckregal über der Bank bisher gänzlich unbeachtet gelassen hatte?
Leider immer noch ziemlich wach, drehte Matthias sich auf die andere Seite. Seit er hier war, hatte er nicht mehr an seine Vergangenheit gedacht. Weder an die nahe noch die weiter zurückliegende. War sie durch das Auftauchen des Jungen in seinem Traum heute Nacht so nah herangerückt? Musste er akzeptieren, dass das ein Zeichen war? Die Arbeit hier war weitgehend getan. Sollte, nein, musste er sich jetzt endlich ans Eingemachte wagen?
Matthias wälzte sich noch ein paar Mal unentschlossen im Bett herum. Dann stand sein Plan fest. Heute würde er noch einmal ins Tal hinuntergehen, sich gründlich mit Lebensmitteln eindecken, vielleicht sogar in Reutte ins Schwimmbad gehen, um zu duschen. Danach würde er unwiderruflich mit dem Schreiben beginnen.
Pünktlich zum Sonnenuntergang war er vom Einkauf zurück, diesmal bepackt mit frischen Lebensmitteln. Nach einem deftigen Bohneneintopf mit Speck stellte er tatsächlich die Schreibmaschine auf den Tisch und spannte ein Blatt ein.
Seite 1: 'Lida sah Matthias an. „Ist das dein Ernst? Willst du das Kind wirklich mit hinauf nehmen?“
Matthias nickte. „Natürlich. Wenn der Arzt sagt, dass Elias in die Berge soll, ist das schließlich die beste Möglichkeit, die wir haben, oder?“
„Niemals hätte ich gewagt, dich darum zu bitten“, stieß Lida bewegt aus und legte ihre schlanken Arme um ihn. „Ich danke dir.“'
Mit einem Laut der Missbilligung riss Matthias das Blatt aus der Schreibmaschine, zerknüllte es und warf es in die Holzkiste zu den anderen Papierknäueln. Dieses grottenschlechte Geschreibsel taugte lediglich zum Anfeuern. Nicht einmal andere Namen einzusetzen, hatte er sich überwinden können.
Er lief hinaus, an den Zaun. Dort blieb er stehen und starrte auf den Waldrand. Der war gar nicht so weit von hier entfernt, vielleicht sollte er doch dorthin gehen, wo alles ...?
Oh nein, schüttelte er energisch den Kopf. Alles, nur das nicht. Zu seiner Geschichte brauchte er doch nur noch einen Krimiplot und ein kleines Konzept, um anfangen zu können. Das würde er sich jetzt bei einem Spaziergang ausdenken. Selbstverständlich weitab des Waldes.
'Nach Jahren kehrt Matthias in die Höhle zurück. Er gibt sich nicht nur am Tod des Kindes Schuld, sondern auch am Scheitern seiner Ehe. Auch beruflich ist es bergab gegangen, er kann keine Krimis mehr schreiben, ist arbeitslos und lebt von Sozialhilfe. Auf dem Berg will er endlich aufarbeiten, was geschehen ist, und damit seinem zerstörten Leben wieder einen Sinn geben, indem er einen Roman schreibt. Außerdem will er sich rächen. In der Höhle angekommen, legt er ein Feuer, um die verhassten Fledermäuse auszuräuchern. Bei seinem Rückzug biegt er jedoch falsch ab und stürzt in ein Loch.'
Mit gerunzelter Stirn las Matthias seinen Entwurf durch. Ja, es war sicher gut, erst nach Elias’ Tod in die Geschichte einzusteigen. Er konnte ja mit Rückblenden arbeiten, wenn er etwas erklären musste. Auch für ihn selbst war es schließlich überhaupt nicht notwendig, alles auf einmal aufzurollen.
Wie aber jetzt weiter? Einen Moment starrte er aus dem Fenster, wo es gerade dunkelte.
„Ich werde ohnmächtig“, platzte er heraus und beeilte sich, das in die Schreibmaschine zu tippen. „Und als ich wieder aufwache ...“ Er überlegte. Tja, was sollte dann geschehen?
„... liege ich neben einer
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