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Fleisch und Blut

Fleisch und Blut

Titel: Fleisch und Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Konzentrationsschwäche litt und dass Lauren dies möglicherweise von ihm geerbt hatte. Doch als ich das Thema akademischer Prüfungen ansprach, reagierte er nicht gereizt, und seine Frau sagte, Lauren sei zwei Jahre zuvor von einer Schulpsychologin untersucht worden, mit dem Ergebnis, dass sie »normal und äußerst intelligent« sei.
    »Intelligent«, sagte er, und es klang nicht nach einem Lob. »Was mit ihrem Kopf nicht stimmt, lässt sich mit ein bisschen Disziplin in Ordnung bringen.« Anklagender Blick in Richtung seiner Frau.
    Ihr Mund zuckte, aber sie sagte: »Um das festzustellen, sind wir hier.«
    Lyle Teague grinste.
    Ich sagte: »Mr. Teague, glauben Sie, dass sonst irgendetwas vor sich geht, abgesehen davon, dass Lauren ein verzogenes Kind ist?«
    »Nee, der übliche Teenager-Quatsch.« Noch ein Blick auf seine Frau, diesmal auf der Suche nach Bestätigung.
    Sie sagte: »Lauren ist ein gutes Mädchen.«
    Lyle Teague lachte drohend. »Warum zum Teufel sind wir dann hier?«
    »Schatz -«
    »Ja, ja, schon gut.«
    Er versuchte sich zurückzuziehen, aber ich ließ nicht locker, brachte ihn schließlich dazu, über Lauren zu reden, wie sehr sie sich von dem »süßen kleinen Fratz« unterschied, mit dem er früher in seinem Laster zu manchen Baustellen gefahren war. Während er sich in Erinnerungen erging, verdüsterte sich sein Gesicht und seine Sprache klang abgehackt, und am Ende seiner kleinen Ansprache bezeichnete er seine Tochter als »einen echten Satansbraten. Ich hoffe sehr, dass Sie was mit ihr anfangen können.«
    Zwei Tage später erschien Lauren in meinem Wartezimmer, allein, fünf Minuten zu spät. Ein großes, schlankes Mädchen mit auffälligem Busen und braunen Haaren, von der Pubertät freundlich behandelt.
    Fünfzehn, aber sie hätte für zwanzig durchgehen können. Sie trug einen ärmellosen weißen Baumwollpulli, eine knappe, eng sitzende Shorts aus blauem Jeansstoff und lächerlich hochhackige weiße Sandalen. Glatte gebräunte Arme und lange gebräunte Beine wurden durch das Minimum an Bekleidung als Blickfang präsentiert. Rosarot lackierte Zehennägel glitzerten an den Spitzen ihrer Sandalen. Der Riemen einer kleinen schwarzen Lackledertasche streifte eine nackte Schulter. Falls sie auf der Suche nach Modetipps die Nutten auf dem Sunset Strip studiert hatte, dann hatte sie gut aufgepasst.
    Wenn Mädchen ihres Alters sich in Szene setzen, ist das Ergebnis häufig ein komischer Gleichgewichtsverlust. Lauren Teague schien mit der Anpreisung ihres Körpers nicht das geringste Problem zu haben - hatte sie zumindest das von ihrem Vater geerbt?
    In der Hautfarbe kam sie nach ihrem Vater, im Knochenbau nach ihrer Mutter, aber es bestand keine auffallende Ähnlichkeit zu ihren Eltern. Das Haar war umbrabraun mit rostigen Einschlüssen, dick und glatt, rückenlang, exakt in der Mitte gescheitelt und an den Schläfen zu extravaganten Schwingen aufgebürstet. Hohe Wangenknochen, breiter Mund mit pinkfarbenem Lippenstift, kräftiges, aber wohlproportioniertes Kinn mit Grübchen, blaue Augen mit heftigem Lidstrich und azurblauem Lidschatten - spöttische Augen. Die kräftige, gerade, nach oben gerichtete Nase war mit Sommersprossen gefleckt, die sie mit Make-up abzudecken versucht hatte. Mit einer Menge Make-up. Es war von der Stirn bis zum Unterkiefer wie mit der Kelle aufgetragen und schuf eine zu beige Maske.
    Als ich mich vorstellte, rauschte sie an mir vorbei in mein Arbeitszimmer, machte lange, geschmeidige Schritte auf den unmöglich hohen Absätzen. Von der für Teenager üblichen krummen Haltung war nichts zu sehen - sie hielt den Rücken gerade und streckte die Brust heraus. Ein umwerfend gut aussehendes Mädchen, dessen Attraktivität durch Kosmetika und merkwürdiges Auftreten gemindert wurde.
    Sie suchte sich den meinem Sessel am nächsten stehenden aus und setzte sich hinein, als wäre sie schon hundert Mal hier gewesen. »Scharfe Möbel.«
    »Vielen Dank.«
    »Wie eine dieser Bibliotheken in einem alten Film.« Sie klimperte mit den Wimpern, schlug die Beine übereinander, stellte sie gerade nebeneinander, streckte wieder den Busen heraus, gähnte, dehnte sich, faltete die Arme vor der Brust, ließ sie plötzlich gerade runterhängen, eine Karikatur der Verletzlichkeit.
    Ich fragte, warum sie ihrer Ansicht nach hier sei.
    »Meine Eltern halten mich für eine Versagerin.«
    »Eine Versagerin?«
    »Jep.«
    »Und was halten Sie davon?«
    Mit einem verächtlichen Lachen warf sie ihre

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