Fliedernächte: Roman (German Edition)
ein Haus gratis draufgeben, als Liebesnest.«
Er hatte sie noch nie derart erbost erlebt. Gereizt, verärgert und genervt ja, aber nicht so außer sich. Wahrscheinlich war es falsch, einfach dazusitzen und zu denken, dass er sie mit ihrem Zorn ausgesprochen attraktiv fand.
»Er hat also versucht, dich abzuwerben«, stellte er mit möglichst ruhiger Stimme fest. »Das ist nicht gerade nett.«
»Nein, noch schlimmer fand ich allerdings das andere. Dass er selbstherrlich denkt, ich könnte nur bei ihm und mit ihm glücklich sein.«
»Auf mich wirkst du hier normalerweise durchaus glücklich.«
»Das sieht er eben ganz anders. Das mit dem Job und dem Hotel, das soll er meinetwegen denken. Doch dass er es ernsthaft für möglich hält, ich könnte zu ihm zurückkommen, wohlgemerkt neben seiner Frau, das finde ich empörend und beleidigend.«
Ryder hatte keine Ahnung, was er dazu sagen sollte, und kratzte sich verlegen im Genick. »Tja…«
»Und er hat das alles bereits genau geplant und nach einem Haus gesucht, in dem er mich praktisch aushalten will. Toll, was? Ach ja, und eine Reise nach Paris ist auch in dem Angebot enthalten. Damit wir uns neu kennenlernen können. Glaubt er tatsächlich, ich würde mich für so etwas hergeben? Das käme in meinen Augen Prostitution gleich! Hält er mich für so charakterlos, dass ich alles für einen tollen Job, jede Menge Geld und einen gottverdammten Einkaufsbummel in der Rue du Faubourg Saint-Honoré akzeptiere?«
Ryder hatte keine Ahnung, was es mit dieser Rue auf sich hatte, doch das spielte vermutlich keine Rolle. »Er hat also gesagt, er würde für dich sorgen, wenn du – als seine mehr oder weniger heimliche Geliebte – wieder nach Georgetown kommst?«
»Genau.«
Wenn er das vorher geahnt hätte, würde er diesen Hurensohn kurz und entschlossen umgehauen haben.
»Und du hast ihm bei diesem Angebot keine geschmiert, um deinen Standpunkt zu verdeutlichen?«
»Oh, ich hab sogar darüber nachgedacht. Oder als Alternative den Eistee in Erwähnung gezogen. Ein ruinierter Versace-Anzug hätte ihn nämlich mehr geschmerzt als eine Ohrfeige. Und dann sah ich dich und kam auf die beste aller Ideen.« Zum ersten Mal überzog wieder ein leichtes Lächeln ihr Gesicht. »Weißt du, dieser arrogante, selbstgerechte Schuft sollte nicht glauben, dass ich hier herumsitze und Trübsal blase. Und ich wollte ihm klarmachen, dass ich weder für Geld noch für ein Haus noch für eine Luxusreise nach Paris zu haben bin.«
»Hope.« Nie zuvor hatte er ihren Namen derart weich und freundlich ausgesprochen. »Er ist ein Vollidiot, und er bekommt dich nie zurück.«
»Nein, ganz bestimmt nicht. Und als ich dich geküsst habe, war das für ihn vermutlich die größtmögliche Demütigung. Ich bin sicher, dass er uns die Sache abgenommen hat und jetzt denkt, wir sind ein Paar.«
»Mit anderen Worten: Du hast ihm keine geschmiert, sondern ihn bei den Eiern gepackt.«
Sie lachte. »Ja, so könnte man es wohl ausdrücken.« Nach einer Weile fügte sie hinzu: »Danke, dass du mir geholfen hast.«
»Gern geschehen.«
»Nein wirklich, tausend Dank. Ich fühlte mich so gedemütigt, dass ich eine kleine Rache dringend brauchte. Um mein Ego zu stärken. Da hab ich dich einfach so überfallen – wirklich toll, dass du mitgemacht hast. Dafür stehe ich tief in deiner Schuld.«
»Wie tief?«
Sie starrten einander an und spürten beide, dass ein gefährliches, spannungsgeladenes Knistern in der Luft lag.
»Sag du es mir.«
Ihm fielen aus dem Stegreif eine ganze Reihe interessanter Dinge ein, mit denen sie ihre Schuld begleichen könnte. Er dachte kurz an die Pfänderspiele der Jugendzeit, als man sich durch das Ausziehen von Kleidungsstücken freikaufen konnte. Aber das erschien ihm dann doch zu kindisch.
»Ich esse gerne Kuchen.«
»Wie bitte?«
»Ich esse gerne Kuchen«, wiederholte er. »Um diese Jahreszeit besonders Kirschkuchen. Darüber würde ich mich freuen. Wie dem auch sei: Jetzt muss ich allmählich los.« Er stand auf und rief D.B. zu sich. »Weißt du, manche Dinge rächen sich im Leben, andere nicht. Und falls sie sich nicht rächen, muss es reichen, dass man den, der einem wehgetan hat, zumindest bei den Eiern packt.«
Vielleicht, sagte sich Hope, nachdem Ryder gegangen war. Nur warum hatte sie trotzdem das Gefühl, dass es bei Weitem nicht genug gewesen war? Immerhin sah sie, nachdem ihr Zorn verraucht war, das Ganze bereits in einem anderen Licht: Alles, was mit Jonathan
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