Fliegende Fetzen
solchen Ding konnte niemand schlafen. Die Seeleute hängten sie vermutlich nur zur Schau auf und hatten irgendwo versteckt richtige Betten aufgestellt.
Er machte es sich im Frachtraum einigermaßen bequem und döste dort, während die anderen in einer Ecke miteinander sprachen. Sie bemühten sich, leise zu sein.
»… hat Seine Exzellenz doch nicht wirklich vor, die Insel einfach so aufzugeben, oder? Wofür haben wir dann gekämpft?«
»Eins steht fest: Nach dieser Sache dürfte es ihm ziemlich schwer fallen, weiterhin im Amt zu bleiben. Wie Herr Mumm sagte: Der gute Name von Ankh-Morpork wird in den Schmutz gezogen.«
»Ankh-Morpork ist an Schmutz gewöhnt«, warf Angua ein. »Davon hat die Stadt jede Menge.«
»Wenigstens alle noch atmen können.« Diese Worte stammten eindeutig von Detritus.
»Das ist eine vitalisierende Bemerkung…«
»Entschuldigung, Reg. Warum du dich so kratzt?«
»Ich fürchte, ich habe mir irgendeine abscheuliche ausländische Krankheit geholt.«
»Wie bitte?« fragte Angua. »Woran kann ein Zombie denn erkranken?«
»So etwas solltest du nicht sagen…«
»Du sprichst mit einer Person, die jedes Flohpulver kennt, das in Ankh-Morpork verkauft wird, Reg.«
»Nun, wenn du es unbedingt wissen willst… Es sind Mäuse. Sie bringen mich in große Verlegenheit. Ich achte sehr auf Sauberkeit, aber die Biester finden immer wieder einen Weg…«
»Hast du alles versucht?«
»Ja, nur keine Frettchen eingesetzt.«
»Wenn Lord Vetinari die Stadt verläßt… Wer tritt dann seine Nachfolge an?« fragte Grinsi Kleinpo. »Etwa Lord Rust?«
»Er könnte die Stadt höchstens fünf Minuten lang regieren.«
»Vielleicht schließen sich die Gilden zusammen und…«
»Sie würden übereinander herfallen wie…«
»… Frettchen«, sagte Reg. »Manchmal ist das Heilmittel schlimmer als die Krankheit.«
»Kopf hoch, die Wache wird es weiterhin geben«, warf Karotte ein.
»Ja, aber Herr Mumm fliegt raus. Wegen der Politik.«
Mumm hielt die Augen geschlossen.
Eine stumme Menge wartete am Kai. Die Leute beobachteten, wie Mumm und seine Begleiter über den Landungssteg schritten. Hier und dort erklang verlegenes Hüsteln, und dann rief jemand:
»Bitte sag, daß es nicht stimmt, Herr Mumm!«
Am Ende des Landungsstegs salutierte Dorfl.
»Lord Rusts Schiff Ist Heute Morgen Eingetroffen, Herr«, sagte der Golem.
»Hat jemand Vetinari gesehen?«
»Nein, Herr.«
»Hat wahrscheinlich Angst, sich in der Stadt zu zeigen!« rief jemand.
»Lord Rust Meinte, Daß Du Deine Pflicht Erfüllen Sollst Verdammt Noch Mal«, sagte Dorfl. Golems neigten dazu, alles wortwörtlich zu wiederholen.
Er reichte Mumm ein Blatt Papier. Der Kommandeur las die ersten Zeilen.
»›Notstandsrat‹? Was soll denn das bedeuten? Und was steht hier?
Ve
r
rat?
Gegen Vetinari? Ich weigere mich, solchen Anweisungen zu gehorchen!«
»Darf ich mal sehen, Herr Kommandeur?« fragte Karotte.
Angua bemerkte die Welle, während alle anderen nur den Haftbefehl sahen. Die Ohren eines Werwolfs sind sehr empfindlich.
Sie kehrte zum Kai zurück und blickte flußabwärts.
Eine mehr als fünfzig Zentimeter hohe Mauer aus schäumendem Wasser bewegte sich ziemlich schnell flußaufwärts und hob unterwegs die Boote an.
Die Welle rauschte an Angua vorbei, saugte am Kai und ließ Jenkins’ Schiff schaukeln. Irgendwo an Bord schepperte Geschirr.
Das Wasser beruhigte sich wieder, als die weiße Front den Weg zur nächsten Brücke fortsetzte. Einige Sekunden roch es nicht wie sonst nach dem
Eau de latrine
des Ankh, sondern nach Seewind und Salz.
Jenkins trat an Deck und blickte über die Reling.
»Was war das?« rief Angua nach oben. »Wechselnde Gezeiten?«
»Wir sind mit der Flut gekommen«, erwiderte Jenkins. »Seltsame Sache. Eins von diesen Phänomenen, nehme ich an.«
Angua kehrte zur Gruppe zurück. Mumms Gesicht war bereits rot angelaufen.
»Das Dokument ist von den offiziellen Repräsentanten der wichtigsten Gilden unterschrieben, Herr Kommandeur«, sagte Karotte gerade. »Alle sind vertreten, bis auf die Gilde der Bettler und Näherinnen.«
»Tatsächlich? Und wenn schon! Wie können sie sich erdreisten,
mir
eine
solche
Anweisung zu erteilen?«
Angua beobachtete, wie ein Schatten von Schmerz über Karottes Miene huschte.
»Äh…
jemand
muß solche Befehle herausgeben, Herr Kommandeur. Es steht uns nicht zu, in diesem Punkt eigene Entscheidungen zu treffen. Dieser Aspekt hat… äh… zentrale Bedeutung.«
»Ja,
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