Fliegende Fetzen
dienstälteste Korporal in der Wache, Sir Samuel?«
»Das dürfte Korporal Nobbs sein.«
Die Ratsmitglieder drängten sich zusammen und flüsterten. Mumm hörte mehrmals Bemerkungen wie: »Aber der Kerl ist doch ein Vollidiot!« Schließlich sah Rust wieder auf.
»Und wer ist nach Korporal Nobbs das dienstälteste Mitglied der Wache?«
»Mal sehen… Korporal Starkimarm, denke ich«, sagte Mumm. Er fühlte sich auf seltsame Weise schwindelig.
»Vielleicht ist
er
bereit, unsere Befehle zu befolgen.«
»Er ist ein Zwerg, du Narr!«
In Rusts Gesicht veränderte sich nichts. Es klapperte leise, als Mumm seine Dienstmarke auf den Tisch legte.
»Ich schätze, das brauche ich jetzt nicht mehr«, sagte er ruhig.
»Oh, du bist also lieber Zivilist, wie?«
»Die Angehörigen der Wache
sind
Zivilisten, du durch Inzucht entstandener Haufen Scheiße!«
Rusts Gehirn tilgte die Geräusche, die seine Ohren gar nicht gehört haben konnten.
»Und die Schlüssel des Arsenals, Sir Samuel«, sagte er.
Sie rasselten und klirrten, als sie auf dem Tisch landeten.
»Und wenn die anderen diese Gelegenheit zu irgendwelchen leeren Gesten nutzen möchten…«, meinte Lord Rust.
Feldwebel Colon holte seine schmutzige Dienstmarke hervor und war ein wenig enttäuscht, daß sie nicht mit einem angemessen trotzigen Klimpern auf den Tisch fiel. Statt dessen prallte sie ab und zertrümmerte den Wasserkrug.
»Bei mir die Dienstmarke in den Arm geritzt ist«, grollte Detritus. »Jemand gern versuchen kann, sie abzukratzen.«
Karotte legte seine Dienstmarke ganz vorsichtig auf den Tisch.
Rust wölbte die Brauen. »Du auch, Hauptmann?«
»Ja, Herr.«
»Ich hätte gedacht, daß wenigstens
du
…«
Er brach ab und drehte verärgert den Kopf, als sich die Tür öffnete. Zwei Palastwächter kamen herein, gefolgt von einigen Klatschianern.
Die Ratsmitglieder erhoben sich rasch.
Mumm erkannte den Klatschianer in der Mitte der Gruppe. Er hatte ihn bei offiziellen Anlässen gesehen, und wenn er kein Klatschianer gewesen wäre, hätte er ihn für einen verdächtigen kleinen Halunken gehalten.
»Wer ist das?« flüsterte er Karotte zu.
»Prinz Kalif, der stellvertretende Botschafter.«
»Noch ein Prinz?«
Der Mann blieb vor dem Tisch stehen und sah kurz zu Mumm, verriet jedoch nicht, ob er ihn erkannte. Dann wandte er sich an Rust und deutete eine Verbeugung an.
»Prinz Kalif…«, sagte Lord Rust. »Du kommst unangemeldet, aber…«
»Ich bringe schlechte Nachrichten, Lord.«
Mumm war noch immer halb betäubt, doch ein Teil von ihm stellte den Unterschied in der Stimme fest. Khufurah hatte seine zweite Sprache auf der Straße gelernt, doch dieser Klatschianer war von Lehrern unterrichtet worden.
»Ich fürchte, derzeit gibt es überhaupt keine guten Nachrichten«, erwiderte Rust.
»Es gab gewisse Ereignisse auf dem neuen Land; bedauerliche Zwischenfälle. Und auch hier in Ankh-Morpork.« Erneut blickte Kalif kurz zu Mumm. »Obwohl ich gestehen muß, daß mir widersprüchliche Berichte vorliegen. Ich sehe mich gezwungen, dir folgendes mitzuteilen, Lord Rust: Wir befinden uns im Krieg, genaugenommen.«
»Genaugenommen?«
wiederholte Mumm.
»Die Ereignisse haben eine gewisse Eigendynamik entwickelt«, fügte Kalif hinzu. »Die Situation ist sehr… problematisch.«
Sie wissen, daß sie in den Kampf ziehen werden, dachte Mumm. Dies ist wie der Beginn eines Tanzes, bei dem man zunächst Abstand wahrt und sich den Partner ansieht…
»Ich muß dich auffordern, innerhalb von zwölf Stunden alle deine Bürger von Leshp abzuziehen«, sagte Kalif. »Wenn das geschieht, muß die gegenwärtige Krise nicht sofort zu einem Konflikt führen.«
»Unsere Antwort lautet: Wir geben euch
zwölf
Stunden Zeit, um Leshp zu verlassen«, erwiderte Rust. »Wenn ihr euch weigert, bleibt uns leider nichts anderes übrig, als gewisse… Maßnahmen zu ergreifen.«
Kalif verbeugte sich kurz. »Wir verstehen uns. Man wird dir in Kürze ein offizielles Dokument bringen, und bestimmt bekommen wir auch eins von dir.«
»In der Tat.«
»He, Augenblick mal, ihr könnt doch nicht einfach…«, begann Mumm.
»Sir Samuel, du bist nicht mehr Kommandeur der Wache und hast daher kein Recht, hier zugegen zu sein«, sagte Lord Rust scharf. Er wandte sich wieder an den Prinzen.
»Ich bedauere sehr, daß es hierzu kommen mußte«, sagte er steif.
»Ich ebenfalls. Aber leider ist irgendwann der Zeitpunkt erreicht, an dem Worte nicht mehr genügen.«
»Da stimme ich dir
Weitere Kostenlose Bücher