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Fliegende Fetzen

Fliegende Fetzen

Titel: Fliegende Fetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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zu. Wenn dieser Zeitpunkt erreicht ist, bleibt einem nichts anderes übrig, als die Kräfte zu messen.«
    Mit einer Mischung aus Faszination und Entsetzen wechselte Mumms Blick zwischen den beiden Gesichtern hin und her.
    »Natürlich geben wir euch Zeit genug, eure Botschaft zu schließen. Beziehungsweise das, was von ihr übrig ist.«
    »Sehr freundlich. Die gleiche Möglichkeit bieten wir euch.« Kalif verbeugte sich erneut.
    Rust folgte seinem Beispiel.
    »Zwar befinden sich unsere Länder im Krieg, aber das ist noch lange kein Grund, warum wir beide uns nicht als Freunde respektieren sollten«, sagte er.
    »Was? Und ob das ein Grund ist!« entfuhr es Mumm. »Ich
fasse
es einfach nicht! Ihr könnt doch nicht einfach dastehen und… Meine Güte, was ist mit der Diplomatie passiert?«
    »Der Krieg, Mumm, ist die Fortsetzung der Diplomatie mit anderen Mitteln«, verkündete Lord Rust. »Darüber wüßtest du Bescheid, wenn du ein Gentleman wärst.«
    »Und ihr Klatschianer seid genauso schlimm«, fügte Mumm hinzu. »Vermutlich liegt’s an dem grünen, schimmeligen Hammelfleisch, das Jenkins euch verkauft. Ihr leidet an Schafswahnsinn. Bei den Göttern, ihr könnt doch nicht…«
    »Sir Samuel, du bist inzwischen Zivilist, worauf du selbst deutlich genug hinweist«, erwiderte Rust. »Als solcher hast du hier nichts zu suchen!«
    Mumm salutierte nicht, drehte sich einfach um und verließ den Raum. Die übrigen Wächter folgten ihm stumm zum Pseudopolisplatz.

»Ich habe ihm gesagt, er könne sich meine Dienstmarke dorthin stecken, wo die Sonne nie scheint«, sagte Feldwebel Colon, als sie über die Messingbrücke schritten.
    »Ja«, brummte Mumm. »Gut gemacht.«
    »Ich hab’s ihm direkt ins Gesicht gesagt. ›Dorthin, wo die Sonne nie scheint.‹ Das waren meine Worte.« Colons Tonfall ließ die Frage offen, ob er Stolz empfand oder erschrocken war.
    »Ich fürchte, das Recht ist auf der Seite von Lord Rust«, sagte Karotte.
    »Ach?«
    »Ja, Herr Mumm. Die Sicherheit der Stadt kommt an erster Stelle. Deshalb übernimmt das Militär die Macht, wenn Krieg herrscht.«
    »Ha!«
    »Wo die Sonne nie scheint«, wiederholte Colon. »Das habe ich ihm gesagt. Mitten ins Gesicht.«
    »Ich kehre heim«, kündigte Mumm an.
    »Wir sind fast da«, sagte Karotte.
    »Nach
Hause,
meine ich. Ich brauche Schlaf.«
    »Ja, Herr Mumm. Was soll ich den anderen sagen?«
    »Was du willst.«
    »Ich habe ihm in die Augen gesehen und gesagt, daß er sich meine Dienstmarke dorthin stecken kann, wo die Sonne nie scheint…«, überlegte Colon laut.
    »Du möchtest vielleicht, daß ich hole einige der Jungs und mich später kümmere um Rust?« fragte Detritus. »Er bestimmt schuldig ist, auf die andere oder eine Weise, kein Problem.«
    »Nein!«
    Mumm fühlte sich sonderbar leicht. Er glaubte, so hoch zu schweben, daß er den Boden nicht einmal mit einem Seil berühren konnte. Vor dem Wachhaus am Pseudopolisplatz ließ er die anderen zurück, neigte den Kopf nach vorn und ließ sich von ihm den Hügel hinaufziehen, um die Ecke herum und ins Haus, vorbei an seiner erstaunten Frau, die Treppe hoch und ins Schlafzimmer, wo er der Länge nach aufs Bett fiel und eingeschlafen war, noch bevor er die Matratze berührte.
     
    Um neun Uhr am nächsten Morgen marschierten die ersten Rekruten von Lord Venturiis Schwerer Infanterie über den Breiten Weg.
    Die Wächter gingen nach draußen und sahen zu. Mehr gab es für sie ohnehin nicht zu tun.
    »Ist das nicht Herrn Mumms Diener?« fragte Angua und deutete auf Willikins, der steifbeinig in der ersten Reihe marschierte.
    »Ja, und der Küchenjunge schlägt die Trommel«, sagte Nobby.
    »Du bist… beim Militär gewesen, nicht wahr, Fred?« erkundigte sich Karotte, als die Truppen vorbeiparadierten.
    »Ja, Herr Hauptmann. Hab bei der Schweren Infanterie des Herzogs von Eorle gedient. Den Fasanrupfern.«
    »Wie bitte?« entfuhr es Angua.
    »So lautete der Spitzname des Regiments. Schon seit langer, langer Zeit. Damals schlugen die Leute ihr Lager in der Nähe eines Anwesens auf, fanden einen Pferch mit Fasanen und… Nun, sie mußten gewissermaßen vom Land leben und so. Tja, und deshalb trugen wir immer eine Fasanenfeder am Helm. Tradition nennt man so was.«
    In Freds Gesicht erschien die Melancholie eines ehemaligen Soldaten, der sich nicht mehr an die heranstürmenden Horden erinnerte, nur noch an die romantischen Lagerfeuerabende.
    »Wir hatten sogar ein Marschlied«, fuhr er fort. »Und man mußte sich

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