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Fliegende Fetzen

Fliegende Fetzen

Titel: Fliegende Fetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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damit?«
    »Keine Ahnung«, gestand Nobby. »Ich dachte, du würdest sie erkennen, wenn du sie siehst.«
    Trotz einer gewissen charakterlichen Striktheit bemerkte Frau Kuchen eine vage Tendenz in Nobbys Äußerungen.
    »Einige der Frauen scheinen bereit für die… Mariage zu sein«, deutete sie an.
    »Ah«, sagte Nobby, ohne daß sich sein Gesichtsausdruck veränderte.
    »Wenn du verstehst, was ich meine…«
    »Ja. Mariage. Alles klar.«
    Frau Kuchen gab auf. Nobby zählte zehn Cent ab.
    »Und es passiert bald?« vergewisserte er sich.
    »O ja. Für zehn Cent sehe ich nicht sehr weit in die Zukunft.«
    »Fröhliche junge Frauen…«, überlegte Nobby laut. »Außerdem bereit für die Mariage. Zweifellos eine interessante Sache.«
    Nachdem er gegangen war, wandte sich Frau Kuchen noch einmal der Kristallkugel zu und warf einen Zehn-Dollar-Blick in die Zukunft, um ihre eigene Neugier zu befriedigen. Anschließend lachte sie den ganzen Nachmittag lang.
     
    Mumm war nur wenig überrascht, als sich die Tür der Rattenkammer öffnete und er Lord Rust am oberen Ende des Tisches sitzen sah. Der Patrizier gehörte nicht zu den Anwesenden.
    Er war nur
ein wenig
überrascht. Ein Teil von ihm dachte: Wie seltsam, ich habe immer angenommen, er gäbe nicht einmal dann einen Fingerbreit nach, wenn ein Rammbock gegen ihn stieße. Doch unter diesem Bereich, in einer Region seines Bewußtseins, die nur selten vom Sonnenschein erhellt wurde, dachte er:
Natürlich.
In solchen Zeiten steigen Leute wie Rust auf. Es ist, als rühre man mit einem Stock im Sumpf. Plötzlich steigen ganz dicke Blasen nach oben, und überall stinkt es.
    Mumm salutierte trotzdem und sagte:
    »Lord Vetinari macht Urlaub, nehme ich an.«
    »Lord Vetinari ist heute abend von seinem Amt zurückgetreten, Mumm«, erwiderte Lord Rust. »Natürlich nur vorübergehend. Für die Dauer der derzeitigen Krise.«
    »Tatsächlich?« fragte Mumm.
    »Ja. Und ich möchte darauf hinweisen, daß er einen gewissen… Zynismus deinerseits erwartet hat, Kommandeur. Deshalb bat er mich, dir diesen Brief zu geben. Du wirst feststellen, daß er sein Siegel trägt.«
    Mumm betrachtete den Umschlag. Im Wachs erkannte er wirklich das offizielle Siegel, aber…
    Er begegnete Lord Rusts Blick, und der Argwohn wich. Nein, zu einem solchen Trick würde Rust nicht greifen. Leute wie er hielten an einem bestimmten Moralkodex fest, nach dem einige Dinge einfach nicht
ehrenhaft
waren. Man konnte der Eigentümer eines Elendsviertels sein, in dem die Menschen wie Kakerlaken lebten und die Kakerlaken wie Könige, und daran gab es überhaupt nichts auszusetzen. Doch Rust wäre vermutlich lieber gestorben, als irgend etwas zu fälschen.
    »Ich verstehe«, sagte Mumm. »Du hast mich hierherbestellt?«
    »Kommandeur Mumm, ich fordere dich hiermit auf, die klatschianischen Bewohner dieser Stadt in Gewahrsam zu nehmen.«
    »Aufgrund welcher Anklage, Herr?«
    »Wir stehen kurz vor einem
Krieg
mit Klatsch, Kommandeur. Du verstehst sicher, oder?«
    »Nein, Herr.«
    »Wir reden hier von Spionage, Kommandeur«, sagte Lord Rust. »Und von Sabotage. Um ganz offen zu sein… Die Stadt wird unter Kriegsrecht gestellt.«
    »Tatsächlich, Herr?« Mumm blickte starr geradeaus. »Und was für eine Art von Recht ist das, Herr?«
    »Das weißt du genau, Mumm.«
    »Meinst du das Recht, bei dem man ›Halt!‹ ruft, bevor man schießt? Oder greift man zuerst zu den Waffen, um später Fragen zu stellen, wenn überhaupt?«
    »Ach. Ich
verstehe
.« Lord Rust stand auf und beugte sich vor.
    »Lord Vetinari gegenüber bist du recht häufig…
frech
gewesen, und aus irgendeinem Grund ließ er dich gewähren«, sagte Rust. »Aber ich kenne deinen Typ.«
    »Meinen Typ?«
    »Mir scheint, die Straßen sind voller Verbrechen, Kommandeur. Nicht lizensiertes Betteln, öffentliche Ärgernisse und so weiter. Aber du achtest nicht darauf und glaubst offenbar, dich um wichtigere Dinge kümmern zu müssen. Doch das ist gar nicht nötig, Kommandeur. Du sollst Diebe fangen, und damit hat es sich. Rollst du mit den Augen, Mumm?«
    »Ich versuche immer, auf alle Verbrechen zu achten, Herr.«
    »Du scheinst das Gesetz für ein großes Licht am Himmel zu halten, das keiner Kontrolle unterliegt, Mumm. Aber da irrst du dich. Das Gesetz ist so beschaffen, wie wir es für richtig halten. Ich
weiß,
daß du das verstehst. Es liegt mir fern, mich auf eine Diskussion mit dir einzulassen. Querköpfe erkenne ich auf den ersten Blick.«
    »Querköpfe?«

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