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Flieh solange du kannst

Flieh solange du kannst

Titel: Flieh solange du kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Novak
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einfach so weggehen, ohne ihm Bescheid zu sagen.”
    “Ja, ja, ich weiß.” Sie gab wieder Gas, um zu vermeiden, dass der Toyota ihr zu nahe kam.
    “Ich glaube, Daddy wird bestimmt ganz wütend”, sagte Max.
    Was natürlich stimmte. Manuel würde toben. Aber Emma fühlte sich nicht schuldig, weil sie ihm den Sohn wegnahm. Auch für Max war eine Trennung von seinem Vater das Beste. Wenn sie ihn nicht davor bewahrte, würde Manuel ihn eines Tages, wenn er alt genug wäre, in die “Geschäfte” seiner Familie einweihen.
    “Daddy hat zu tun. Er weiß gar nicht, dass wir fort sind.” Sie stellte den Rückspiegel besser ein. Zu ihrer Erleichterung war der Toyota ein ganzes Stück zurückgefallen. Einen Augenblick später merkte sie auch warum: Auf der Überholspur näherte sich ein Streifenwagen.
    Sofort nahm Emma den Fuß vom Gaspedal, aber es war zu spät. Der Toyota rauschte an ihr vorbei und keiner der Insassen schien Notiz von ihr zu nehmen. Wohingegen der Streifenwagen sich jedoch sehr wohl für sie interessierte – der Polizeibeamte hatte das Blaulicht eingeschaltet.
    Verdammt!
Was nun? Wieder Gas geben und davonrasen? Aber Max saß doch bei ihr im Wagen.
    Also schaltete Vanessa den Blinker ein, bremste ab und rollte auf den Seitenstreifen. Der Polizist folgte ihr.
    “Warum halten wir an?”, fragte Max.
    “Weil wir müssen. Hinter uns ist ein Streifenwagen.”
    Als sie hielt, löste Max seinen Sicherheitsgurt, drehte sich um und hockte sich auf die Knie, um besser aus dem Heckfenster sehen zu können. “Was will er denn von uns?”
    “Das weiß ich auch noch nicht. Sei bitte ganz still, wenn er mit mir redet, okay?”
    “Aber wieso denn?”
    “Das gehört alles zu unserem Spiel, weißt du. Egal was ich sage, du musst ganz still sein.”
    “Und was soll das?”
    “Das kann ich dir jetzt so schnell nicht erklären. Sei einfach ruhig.”
    Emma hasste es, ihm eine Belohnung zu versprechen. Für sie war das nichts anderes als eine Art Bestechung. Einem Kind ein Geschenk gegen Wohlverhalten anzubieten, förderte das schlechte Benehmen. Aber sie wusste ja nicht, welche Fragen sie gleich zu hören bekäme. Und sie musste unbedingt vermeiden, dass ihr Sohn etwas ausplauderte. Also sagte sie: “Wenn du ganz ruhig bist und kein Sterbenswörtchen sagst, dann kaufe ich dir in der nächsten Stadt ein schönes Spielzeug, okay?”
    “Super!” Wenn er sich so sehr darauf freut, dachte Emma, wird er sich hoffentlich an die Vereinbarung halten. Aber Max war nur ein Teil des Problems. Was passierte, wenn sie dem Polizisten ihren gefälschten Ausweis geben musste? Womöglich gab er die Daten in seinen Computer ein. Würde dann herauskommen, dass der Führerschein gefälscht war? Und wenn der Beamte die Fahrzeugpapiere sehen wollte? Das Auto war wahrscheinlich gestohlen.
    Sollte sie ihm den echten oder den gefälschten Ausweis geben? Beides könnte sie in Schwierigkeiten bringen. Während sie in der Handtasche nach ihrem Portemonnaie tastete, spürte sie, wie ihr der Schweiß ausbrach.
    Die Stiefel des Polizeibeamten knirschten auf dem Kies, als er näher kam. Im Rückspiegel sah sie die graue Uniform mit dem schwarzen breiten Gürtel und dem Pistolenhalfter. Die Polizeiabzeichen glänzten im grellen Licht des Nachmittags. Dann erblickte sie das Gesicht eines etwa fünfzigjährigen Mannes mit graumelierten Haaren, die unter der Schirmmütze hervorlugten.
    In ihrer Angst vor dem roten Toyota hatte sie einen schweren Fehler begangen. Sie war zu schnell gefahren. Wie dumm von ihr!
    Nachdem sie sich den Schweiß von der Stirn gewischt hatte, rückte sie Juanitas Sonnenbrille zurecht und nestelte ein wenig am Schal herum. Erst dann ließ sie die Seitenscheibe herunter.
    “Guten Tag”, sagte er.
    “Guten Tag.” Sie las den Namen auf seinem Brustschild – Daniels. Nun hing alles davon ab, wie sie sich in den nächsten Minuten verhielt.
    Er beugte sich ein wenig nach vorn, um Max einen Blick zuzuwerfen, der sich gleichzeitig auf dem Rücksitz bemühte, den Polizisten anzuschauen. “Wohin soll’s denn gehen?”
    “Nach Sacramento.” Fast hätte sie hinzugefügt, dass sie dort Familie hatte, um die Lüge etwas glaubhafter zu machen. Da sie aber fürchtete, dass eine solche Bemerkung Max zu einer Bemerkung veranlassen könnte, ließ sie es bleiben. Ihre Familie lebte in Arizona. Vor zwei Jahren war sie mit Max dort gewesen, damals, bei ihrem ersten Versuch zu fliehen. Max hatte es dort gut gefallen, und er bat sie

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