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Florentinerpakt

Florentinerpakt

Titel: Florentinerpakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner Verlag
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hinunter. »Wahrscheinlich bin ich manchmal einfach zu blöd, um das
Wichtige vom Unwichtigen unterscheiden zu können«, räumte er leise ein und
setzte seinen treuherzigen Dackelblick auf. »Es tut mir leid, Wilma, und ich
verspreche Besserung. Es wird nicht mehr vorkommen. Ich meine, ich werde in
Zukunft …« Er trat zu ihr hin, umarmte sie und versuchte, ihr einen Kuss
zu geben. Doch sie drehte sich weg.
    »Rede dich jetzt nicht in einen Wirbel und versprich etwas,
von dem du und ich genau wissen, dass du es nicht einhalten wirst, ja, gar
nicht kannst«, ermahnte sie ihn. »Und gewöhn dir endlich einmal diese pubertäre
Masche ab. Du glaubst immer noch, mit ›Tut mir leid‹ und ›Bussi, Bussi‹ ist es
getan«, brummte sie. »Dann schaust du wie ein Dackel im Vollrausch und denkst,
damit ist alles wieder in Ordnung. Aber so einfach ist das nicht. Nicht mehr.«
Plötzlich lächelte sie, es war aber kein warmes, verzeihendes Lächeln, sondern
eher eine Demonstration ihres ›neuen Selbstbewusstseins‹, wie Palinski die ihn
zunehmend irritierende Haltung Wilmas in den letzten Wochen insgeheim nannte.
»Also werde endlich erwachsen.«
    Palinski blickte auf die Uhr, in einer Stunde sollte er
Dr. Rossbach treffen, und vorher hatte er noch einiges in seinem Büro zu
erledigen. »Kannst du heute nicht etwas früher nach Hause kommen? Ich koche uns
etwas Gutes.« Er fuhr wirklich mit scharfen Geschützen auf. «Wir essen und
trinken ein gutes Weinderl dazu. So wie wir das früher oft gemacht haben. Dabei
sprechen wir über meine Unreife und was ich dagegen unternehmen kann.«
    Irgendwie schien das Angebot Wilma besänftigt zu haben. »Ich
werde sehen, was ich tun kann«, meinte sie, »aber ich kann nichts versprechen.
Übrigens, mit deinem Bedenken gegen die organisierte Punschsauferei hast du
nicht ganz unrecht. Was manche Leute am Stand zusammensaufen, ist wirklich
erschreckend.«
    Dankbar registrierte Palinski Wilmas zustimmende Rückkehr zum
ursprünglichen Thema. Er fasste es als Zeichen ihres Einlenkens auf, und das
stimmte ihn wieder etwas optimistischer.
    Wilma war aber noch nicht
fertig. »Nimm zum Beispiel diesen Filialdirektor von der KBA. Dem ist vor
einigen Tagen die Frau davongelaufen. Seither kommt er jeden Abend an den Stand
und lässt sich mit Punsch volllaufen. Begonnen hat er mit einer Portion,
gestern ist er bereits bei sechs Bechern gelandet. Dann hat sich noch so ein
junges Ding an ihn herangemacht, eine Grogtrinkerin. Keine Ahnung, was sie von
ihm wollte, aber irgendetwas wollte sie. Sonst hätte sie wohl kaum sämtliche
ihrer Gläser nach dem ersten Schluck hinter seinem Rücken ausgeleert und dann
die Beschwipste gespielt.« Sie verzog das Gesicht. »Ich habe ohnehin schon mit
Ollie gesprochen. Nächstes Jahr muss das anders laufen, oder ich stehe für
diese Art von Wohltätigkeit nicht mehr zur Verfügung.«
    Palinski hatte nur mehr halb zugehört. Die Zeit drängte, und
seine Gedanken befassten sich bereits zum Teil mit dem Mordanschlag auf den
Zahnarzt auf Stiege 2. »Das ist gut, das ist sehr gut«, sagte er und war froh,
dass die Aussage nicht ganz so deplatziert geklungen hatte, wie sie aufgrund
seiner Unaufmerksamkeit hätte ausfallen können. »Also, ich muss jetzt los.« Er
stand auf, ging zu Wilma und gab ihr einen Kuss. Jetzt drehte sie sich nicht
zur Seite.
    »Und was wirst du uns heute Abend kochen?«, wollte die Frau,
mit der Palinski fast 25 Jahre nicht verheiratet war, noch wissen.
    »Lass dich überraschen, Schatzi«, entgegnete er automatisch,
»es wird dir sicher schmecken.« In Gedanken war er aber schon ganz woanders.

     
    *

     
    Es war gut zu wissen, dass man sich auf Frau
Enigler verlassen konnte. Die sehr mütterlich wirkende 55-Jährige war Garbers
Stellvertreterin in der Filiale und pünktlich wie das sprichwörtliche Schweizer Uhrwerk.
Daher war die Bankfiliale auch schon geöffnet und am Funktionieren, obwohl sich
der Chef um mehr als zehn Minuten verspätet hatte.
    Garber hätte Anni Enigler gerne als seine Nachfolgerin
gesehen, natürlich nur für den Fall, dass er den bevorstehenden Sprung ins
gehobene Kreditmanagement auch tatsächlich schaffte. Aber davon ging er
eigentlich aus. Sie hatte viele Qualitäten, übertriebener Ehrgeiz gehörte
allerdings nicht dazu. Die dreifache Mutter und zweifache Großmutter war mit
ihrer derzeitigen Position mehr als zufrieden und zeigte keinerlei Ambitionen,
in den

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