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Florian der Geisterseher

Florian der Geisterseher

Titel: Florian der Geisterseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Hassencamp
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nug?“
    „Das sagt sie bestimmt nicht!“ ereiferte sich die Dame.
    „Hab ja auch ich gesagt“, erwiderte Florian und setzte sich auf den nächsten Stuhl.
    Darauf mischte sich ein Herr ein, der gegenübersaß. Der aus Hamburg mit dem Sportwagen. „In deinem Alter sagt man nicht solche Sätze.“
    Da war was dran. Florian hatte den Satz irgendwo gelesen und sich gemerkt. Zur Verteidigung. Weil er gut war.
    „Vielleicht hat er ihn von Madame?“ meinte die Dame zu dem Herrn.
    „Möglich.“ Der Hamburger wog den Kopf hin und her und wandte sich wieder an Florian: „Was redet denn deine Tante so mit dir?“
    Das geht euch gar nichts an! dachte Florian und blieb die Antwort schuldig.
    „Sie redet also über Erwachsene mit dir!“ behauptete die Dame. „Redet sie da über uns?“
    Florian schüttelte den Kopf. Doch er grinste dazu, weil er merkte, wie sie Angst hatte um ihre Geheimnisse.
    „Was gibt’s denn da zu grinsen?“ fragte sie auch prompt.
    „Ich muß halt, wenn Sie so fragen. Ich weiß auch nicht. Ich bin kein Hellseher.“
    „Na bitte!“ sagte der Herr.
    Die Dame nickte. „Sie redet also über Hellsehen mit dir!“ Wie die einem das Wort im Mund rumdrehn ! Gemeinheit! dachte Florian und kombinierte: Wenn ich jetzt ja sage, kriegen sie noch mehr Angst. Er konnte nicht widerstehen. „Klar. Deswegen bin ich ja hier. Weil mich das interessiert!“ Und um das Maß voll zu machen, fügte er noch hinzu: „Ich will auch Hellseher werden. Das liegt in der Familie.“
    Blicke gingen von Tisch zu Tisch. Beunruhigte Blicke.
    „So ist das also!“ sagte die Dame endlich, während Florian alles zusammenraffte, was er bisher über Hellsehen wußte.
    Da kam die Frage des Herrn aus Hamburg gerade recht: „Was interessiert dich denn am meisten daran?“
    „Ach“, sagte Florian leichthin, „vor allem Präcognition und Telekinese.“
    „Und was die Klienten so fragen?“ hakte die Dame nach.
    „Ach“, wiederholte Florian und bemühte sich, ebenso ruhig zu sprechen, wie Tante Thekla beim Mittagessen, „das ist eigentlich langweilig. Sie denken doch alle nur an sich.“
    In diesem Augenblick trat August an den Tisch des Herrn aus Hamburg und sagte: „Sie sind jetzt dran. Madame läßt bitten.“
    „Ich komme mit!“ Florian war aufgesprungen.
    „Nein. Das geht zu weit!“ rief der Herr.
    „Nicht mit Ihnen.“ Florian mußte wieder grinsen und deutete auf August. „Mit ihm!“
    Kaum war der Herr aus Hamburg weg, wandte sich die Dame an August: „Ich habe mich gerade mit dem Neffen von Madame unterhalten. Er hat ja erstaunliche Ansichten über das Hellsehen. Das muß ich Ihnen mal erzählen!“ Sie lächelte wie eine saure Gurke. „Ach, damit ich es nicht vergesse: Ich habe etwas für Sie!“ Vom Stuhl neben sich nahm sie ein länglichrundes Ding, das in Papier eingewickelt war.
    Schnaps! Dazu muß man kein Hellseher sein, dachte Florian. Nach einem Rundblick über die anderen Gäste hatte August das Paket rasch unter seiner Schürze verschwinden lassen. „Das wär aber nicht nötig gewesen!“ sagte er scheinheilig. „Ich werde sehen, daß Sie heute noch drankommen!“ Mit diesen Worten schob er Florian voraus zum Haus. In der Diele wickelte er das Paket aus: eine Flasche Zwetschgenwasser. „Siehst du, so beliebt bin ich bei unseren Gästen!“ Er schmunzelte und stellte den hochprozentigen Tropfen in das Wandschränkchen. „So. Und jetzt sag mir, was du der Dame erzählt hast.“
    „Die wollte mich ausfragen über meine Tante. Da habe ich so getan, als ob ich sehr viel weiß.“
    „Soso!“ Blitzschnell hatte August das Wandschränkchen wieder geöffnet, eine Flasche herausgeholt, einen Schluck genommen und sie wieder hineingestellt. „Dann werd ich dir mal erzählen, damit du weißt, wie das in Wirklichkeit geht mit dem Hellsehen. Komm, begleit mich in den Gemüsegarten. Danach zeig ich dir noch die Pferde „Pferde gibt’s hier auch?“
    „In dem Häuschen hinter den Bohnenstangen. Man sieht es nicht gleich. Zwei Haflinger sind’s.“
    „Soso“, brummte Florian. Diesmal war er bereit, sich alles zeigen zu lassen, und hätte er auch noch zugehört, wären seine Kenntnisse über Nutzpflanzen bereichert worden. Leider tat er nur so, nickte von Zeit zu Zeit, sagte „ mhm “ oder „ja“. Alles Diesseitige ging an ihm vorbei. Er hatte nur noch Ohren für Jenseitiges.
    Ob August das bemerkte? Jedenfalls drückte er ihm einen Spaten in die Hand und deutete auf ein Beet: „Grab das mal um.

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