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Fluch der Toten: Roman (German Edition)

Fluch der Toten: Roman (German Edition)

Titel: Fluch der Toten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Z. A. Recht
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davon aus, dass sie nicht zusammenpassten. Trotzdem sah man sie oft gemeinsam, wobei Juni alles übersetzte, was Mitsui zu sagen hatte. Die Tür zu ihrem Zimmer stand weit offen. Die Wände waren mit hellen bunten Bäumen, Blumen und steilen Berghängen bemalt, die hauptsächlich von Annoncen in den Zeitschriften inspiriert waren, die Juni las. Die Seiten riss sie sorgfältig heraus, damit sie ihr als Vorlage für ihre Gemälde dienten. Die Wand gegenüber war noch nicht fertig; sie zierten nur schwarz-weiße Konturen.
    General Francis Shermans Zimmer lag am Gangende. Die Tür war abgeschlossen. Außer dem General hatte nur Sergeant Major Thomas den Raum jemals betreten. Niemand wusste, was Sherman dort bunkerte. Wenn die Lage absolut ruhig war und nichts passierte, wurde diese Frage immer wieder diskutiert.
    Thomas hatte ein eigenes Quartier abgelehnt. Wenn er ruhte, schlief er oft auf dem Sofa in der Eingangshalle. Ihm zufolge wollte er, sollten sie nächtens angegriffen werden, den Tumult als Erster hören und Alarm schlagen.
    Mbutu Ngasy, Fluglotse aus Mombasa und Augenzeuge des ersten Untotenangriffs auf Menschen, war auf dem Dach des Gebäudes heimisch geworden. Er hatte sich aus Planen und Holz ein Zelt gebaut und in einem der verlassenen Läden in der Umgebung ein Teleskop gefunden. Für Brewster war es ein gewohnter Anblick, den großen, breitschultrigen Mann nachts am Rand des Daches hocken zu sehen, wenn er sich die Sterne anschaute und ihren Kurs berechnete. Laut Mbutu erinnerte ihn diese Tätigkeit an seinen alten Job und verlieh ihm ein Gefühl des Friedens. Er war der Geheimnisvollste der Gruppe. Er sprach nur wenig, es sei denn, man zwang ihn dazu, doch wenn er etwas sagte, lag er fast nie daneben. Trevor hielt ihn für einen Hellseher. Brewster war zwar anderer Meinung, musste aber zugeben, dass Mbutu eindeutig eine Nase hatte. Wenn es um Gefahren ging, hatte er einen sechsten Sinn. Die Gruppe liebte ihn dafür. Wenn Mbutu das Wort ergriff, hörten ihm alle zu.
    Brewster war stolz auf sein Zimmer und zögerte nie, über seine Ausgrabungen zu scherzen. Er hatte einen Haufen alter Plakate gefunden und mitgehen lassen – die meisten kündigten Schrottfilme und Bands an, die längst unter der Erde schmatzten. Er hatte sie an die Wände geklebt. Jene Wände, die man nicht bekleben konnte, hatte er mit grellbunten Sprühdosengemälden verziert. Er nannte sie seine » Kunstwerke « und behauptete scherzhaft, dass man diesen Raum irgendwann, wenn die Seuche besiegt war, im Zuge von Museumstouren bestimmt besichtigen würde.
    Immer wenn Brewster den Kopf durch den Türrahmen schob, konnte er sehen, dass Rebeccas Zimmer ihre duale Persönlichkeit reflektierte. Sie hatte den Schreibtisch des früher hier tätigen Bürokraten an die Wand geschoben und ihr medizinisches Arbeitsgerät ordentlich aufgereiht. Alles war perfekt arrangiert. Eine Landkarte der Vereinigten Staaten hing an der Wand. Auf ihr waren viele Großstädte mit roten Stecknadeln markiert: Dies waren die hoffnungslos infizierten Städte. Auch gelbe Stecknadeln markierten die Karte; sie wiesen auf jene Städte hin, deren Infektion wahrscheinlich war. Zwei einsame grüne Stecknadeln waren ebenfalls zu sehen. Die eine markierte den westlichen Rand Omahas, die andere den Ort Abraham im Bundesstaat Kansas – zwei Bastionen, von denen Brewster wusste, dass der Erreger sie verschont hatte. Das andere Ende des Zimmers reflektierte Rebeccas zweite, unberechenbare Seite. Kleidungsstücke lagen in Häufchen am Boden. Manche waren sauber, andere schmutzig. Doch alle waren zerknittert. Ihr Bett – eigentlich nur eine Pritsche – stand ungemacht an der Wand. Die Zudecke lag halb auf der Matratze, halb auf dem Boden. Das Kissen lag auf dem Teppich.
    Wie Mbutu zog auch Trevor es vor, nicht im Hauptgebäude zu wohnen. Er schlief ohnehin so gut wie nie. Wenn der Rest der Gruppe sich am Abend schlafen legte, wanderte er gern durch die Gänge. Er hatte Brewster einst erzählt, dass er sich, falls er das Gefühl verspürte, sich ausruhen zu müssen, einen Sessel ans Fenster zöge und mit einem offenen Auge vor sich hin döste – stets auf dem Sprung, einen Dämon zu jagen, wenn er sich zeigte.
    Krueger war außerhalb des Hauptgebäudes in seinem Wachtturm sicher. Von allen Überlebenden hatte er sich den sichersten Fleck ausgesucht, wenn auch nicht aus diesem Grund. Der zwölf Meter hohe Turm, der sein Zuhause war, erlaubte ihm eine 360-Grad-Aussicht über die

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