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Fluch der Unsterblichkeit

Fluch der Unsterblichkeit

Titel: Fluch der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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unsichtbaren Liste ab.
    Alle andern im Raum kannte ich bereits, und so begab ich mich eilends zu dem Sessel, der von Hasans Platz am weitesten entfernt stand, und hielt mir das Glas mit dem zweiten Drink fast die ganze Zeit vors Gesicht – als Vorsichtsmaßnahme.
    Diane stand in meiner Nähe. Sie fing an zu reden. Sie sagte:
    »Guten Morgen, Mr. Nomikos.«
    Ich ließ mein Glas sinken.
    »Guten Abend, Diane.«
    Sie stand groß und schlank und fast ganz in Weiß neben Dos Santos – wie eine Kerze. Ich weiß, daß sie eine Perücke trägt, denn ich habe einmal zufällig gesehen, wie die sich verschob, wobei ein Stück einer häßlichen Narbe sichtbar wurde, die sonst von dem niederen Haaransatz verdeckt ist. Ich habe oft über diese Narbe nachgedacht. Purpurne Lippen hat sie – tätowiert, glaube ich –, und ich habe diese Lippen nie lächeln sehen; die Wangenmuskeln sind immer straff gespannt, weil sie stets die Zähne zusammenbeißt. Ihr Alter könnte ich wirklich nicht schätzen. Über dreißig, mehr kann ich nicht sagen.
    Sie und Don sind ein interessantes Paar. Er, dunkel, redselig, immer rauchend, unfähig, länger als zwei Minuten stillzusitzen. Sie, ungefähr zehn Zentimeter größer, sie brennt ohne Flackern. Ich weiß noch immer nicht alles von ihrem Leben.
    Sie trat näher und blieb neben meinem Stuhl stehen, während Lorel Cort und Dos Santos bekannt machte.
    »Sie«, sagte sie.
    »Ich«, sagte ich.
    »… werden die Tour leiten.«
    »Jeder weiß alles darüber, nur ich nicht«, sagte ich. »Ich nehme nicht an, Sie könnten mir ein paar Brocken von Ihrer Weisheit in dieser Hinsicht zukommen lassen?«
    »Keine Weisheit, keine Hinsicht«, sagte sie.
    »Sie reden genau wie Phil«, gab ich zurück.
    »War nicht beabsichtigt.«
    »War aber trotzdem so. Also, warum?«
    »Warum was?«
    »Warum? Sie? Don? Heute? Hier?«
    Sie strich mit der Zunge über die Oberlippe. Dann blickte sie zu Don hinüber, aber er war viel zu weit weg, als daß er etwas hätte hören können. Er war gerade damit beschäftigt, für Myshtigo eine wirklich echte Cola aus einem Krug auf dem diensthabenden Schwebetablett einzugießen. Die chemische Formel für Coca-Cola war die Entdeckung des Jahrhunderts, sagten jedenfalls die Weganer. Sie war während der Drei Tage verlorengegangen und erst vor einigen zehn Jahren wiederentdeckt worden. Es gab natürlich eine Unmenge verschiedener Simicolas, aber keine von ihnen hatte die gleiche Wirkung auf den Metabolismus der Weganer wie das echte Zeug. »Den zweiten Beitrag der Erde zur Kultur«, hatte ein zeitgenössischer weganischer Historiker das genannt. Der erste Beitrag war natürlich ein außerordentlich hübsches soziales Problem, auf dessen Eintreten gelangweilte weganische Philosophen seit Generationen gewartet hatten.
    Diane schaute mich wieder an.
    »Weiß noch nicht«, sagte sie. »Fragen Sie Don.«
    »Werde ich.«
    Ich tat es auch, allerdings erst später. Und ich wurde nicht enttäuscht, insofern nämlich, als ich überhaupt nichts erwartet hatte.
    Aber während ich so dasaß und verzweifelt versuchte, hier und dort ein paar Brocken aufzuschnappen, kam es plötzlich zu einer Überlagerung von Sicht und Vision. Ein Seelendoktor hat mir das einmal als pseudotelepathische Wunscherfüllung definiert. Es passiert folgendermaßen:
    Ich will wissen, was an einem bestimmten Ort geschieht. Ich verfüge über beinah-genügende Information, um raten zu können. Also tue ich das. Es stellt sich ein, so als sähe und hörte ich durch die Augen und Ohren einer der beteiligten Personen. Es handelt sich aber wohl nicht um echte Telepathie, glaube ich, denn manchmal stimmt es einfach nicht. Allerdings wirkt es – weiß Gott – sehr echt.
    Der Seelenverdreher konnte mir alles erklären, nur nicht, warum es gerade mir passiert.
    Es spielte sich folgendermaßen ab:
    Ich stand mitten im Raum, ich starrte Myshtigo an, ich war Dos Santos, ich sagte:
    »… werde zu Ihrem Schutz mitkommen. Nicht als Rad-Pol-Minister, nur als Privatbürger.«
    »Ich habe nicht um Ihren Schutz ersucht«, sagte der Weganer. »Aber ich danke Ihnen dennoch. Ich nehme Ihr Angebot an, mir dabei behilflich zu sein, den von Ihren Kameraden für mich geplanten Tod zu vermeiden« – er lächelte, während er dies sagte – »falls sie das während meiner Reise wirklich beabsichtigen sollten. Ich zweifle daran, daß sie das tatsächlich vorhaben, aber ich wäre ein Narr, wenn ich die Protektion eines Dos Santos zurückwiese.«
    »Sie

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