Fluch der Unsterblichkeit
dessen bin ich sicher.«
»Nein, Karagi. Ich rauchte eine Stryge-fleur, die Menschenblut getrunken hatte. Ich fand sie nahe dem Alten Platz Konstantinopolis, und ich habe die Blüte sorgfältig getrocknet. Eine alte Frau hat mir gesagt, ich würde damit in die Zukunft blicken können. Sie hat gelogen.«
»… Und das Vampirblut stachelt zu Gewalttätigkeiten an? Na, das ist wieder etwas Neues für die Bücher. Übrigens haben Sie mich eben Karagi genannt. Ich möchte Sie bitten, das zu unterlassen. Ich heiße Nomikos, Conrad Nomikos.«
»Ja, Karagi, ich war überrascht, dich anzutreffen. Ich hatte gedacht, du wärst schon längst gestorben – damals als dein Flammenboot in der Bucht Schiffbruch erlitt.«
»Karagi ist damals gestorben. Du hast doch hoffentlich niemandem erzählt, daß ich ihm ähnlich sehe, oder?«
»Nein. Ich führe keine eitlen Reden.«
»Das ist eine gute Angewohnheit.«
Ich durchquerte den Raum, wählte ein Messer, wog es in der Hand, schleuderte es und traf etwa fünfundzwanzig Zentimeter rechts vom Mittelpunkt.
»Arbeitest du schon lange für Mr. Dos Santos?« fragte ich ihn.
»Seit etwa einem Monat«, antwortete er.
Auch er warf sein Messer und traf zehn Zentimeter unter den Mittelpunkt.
»Du bist sein Leibwächter, nicht wahr?«
»Das trifft zu. Aber ich habe auch den Blauen zu bewachen.«
»Don sagt, er fürchte einen Angriff auf Myshtigos Leben. Besteht da wirklich eine echte Gefahr, oder will Dos Santos einfach nur sichergehen?«
»Beide Wege sind möglich, Karagi. Ich weiß es nicht. Er bezahlt mich nur dafür, Leibwächter zu sein.«
»Wenn ich dir mehr bezahlen würde, würdest du mir dann sagen, wen du umlegen sollst?«
»Ich bin nur engagiert, um Leibwächter zu sein, aber ich würde dir auch nichts sagen, falls es anders wäre.«
»Ja, ich habe eigentlich auch nicht damit gerechnet. Holen wir die Messer zurück.«
Wir zogen die Messer aus der Zielscheibe.
»Also, wenn es zufällig ich sein sollte, was ja möglich wäre –«, sagte ich tastend, »warum erledigen wir die Geschichte dann nicht gleich hier und jetzt? Wir haben jeder zwei Messer. Derjenige von uns, der diesen Raum lebend verläßt, wird sagen, der andere habe ihn angegriffen, es sei ein Akt der Selbstverteidigung gewesen. Es gibt keine Zeugen. Man hat uns beide gestern Nacht gesehen, wie wir uns betrunken und die Ruhe braver Bürger gestört haben.«
»Nein, Karagi.«
»Nein was? Nein, ich bin es nicht? Oder nein, du willst es nicht auf diese Weise erledigen?«
»Ich könnte sagen, nein, du bist es nicht. Aber du würdest nicht wissen, ob ich die Wahrheit spreche oder nicht.«
»Das stimmt.«
»Oder ich könnte sagen, nein, ich will es nicht auf diese Weise tun.«
»Ist das wahr?«
»Ich sage es nicht. Aber um dir die Genugtuung einer Antwort zu geben, würde ich dir dies sagen: Wenn ich dich töten möchte, würde ich es nicht mit dem Messer in der Hand versuchen, noch würde ich mit dir boxen oder ringen.«
»Und warum das?«
»Weil ich vor vielen Jahren, als ich noch ein Junge war, im Schutzgebiet Kerch gearbeitet habe. Ich bediente reiche Weganer bei Tisch. Du kanntest mich damals noch nicht. Ich war gerade von Pamir heraufgekommen. Du und dein Dichterfreund kamen nach Kerch.«
»Ich erinnere mich jetzt. Ja … Phils Eltern waren in jenem Jahr gestorben, und ich wollte Phil auf die Universität bringen. Aber es gab da einen Weganer, der ihm seine erste Frau gestohlen und sie nach Kerch gebracht hatte. Richtig, die Attraktions-Nummer – wie war doch noch der Name?«
»Es war Thrilpai Ligo, der Shajadpa -Boxer. Er sah wie ein Berg am Ende einer weiten Ebene aus: riesig und unbeweglich. Er boxte mit den weganischen Cesti – Lederriemen mit zehn zugespitzten Nägeln, die um die ganze Hand geschlungen werden –, und er boxte mit flachen Händen.«
»Richtig, jetzt erinnere ich mich …«
»Du hattest nie zuvor shajadpa -geboxt, aber du kämpftest mit ihm um das Mädchen. Eine Riesenmenge Leute kam, Wegamädchen und Erdmädchen, und ich stieg auf einen Tisch, tun zuzuschauen. Nach einer Minute war dein ganzer Kopf blutüberströmt. Er versuchte zu erreichen, daß es dir in die Augen floß, und du schütteltest die ganze Zeit den Kopf hin und her. Ich war damals erst fünfzehn und hatte selbst erst drei Männer gekillt, und ich dachte, er würde dich umbringen, denn du hattest ihn noch nicht ein einziges Mal getroffen. Und dann schoß deine Rechte auf ihn zu – so schnell wie ein
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