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Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman

Titel: Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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kommen, so zum Beispiel von dem weißen Tuch, mit dem man ihre Leiche zugedeckt hat. Aber ich habe in dem Blut auf ihrem Hals, ihrer Brust und unter ihren Fingernägeln noch zehn andere Fasern gefunden. Sie sind synthetisch.« Sie schaute zu mir auf. »Und sie sind mit keiner der Fasern, die mir die Polizei vom Tatort gebracht hat, identisch.«
    »Sie stammen nicht von ihrer Kleidung oder der Bettwäsche?«, fragte ich.
    Joni schüttelte den Kopf und sagte: »Nein, überhaupt nicht. Am Tatort scheinen sie nicht vorzukommen. Und weil sie an ihren blutigen Wunden oder unter ihren Fingernägeln gefunden wurden, ist es sehr wahrscheinlich, dass der Täter sie auf Beryl übertragen hat.«
    Das war eine unerwartete Belohnung. Als mein Stellvertreter Fielding mich in der Mordnacht schließlich erreicht hatte, hatte ich ihm gesagt, er solle in der Leichenhalle auf mich warten. Kurz nach ein Uhr früh war ich dort, und wir verbrachten die nächsten Stunden damit, Beryls Körper unter dem Laser zu untersuchen und jeden Partikel, jede Faser, die aufleuchtete, sicherzustellen. Ich hatte gedacht, dass sich das meiste davon später als nichtssagender Staub aus Beryls Haus herausstellen würde. Es erstaunte mich, dass wir zehn Fasern gefunden hatten, die vom Täter stammen konnten. In vielen Fällen war ich schon froh, wenn wir nur eine unbekannte Faser fanden, und überglücklich, wenn zwei oder drei zusammenkamen. Oft bearbeitete ich Fälle, in denen überhaupt keine Faser zu entdecken war. Fasern sind schwer zu erkennen, selbst wenn man eine Lupe verwendet, und der leiseste Luftzug kann sie fortwehen, lange bevor der Medical Examiner am Tatort ankommt oder die Leiche im Leichenhaus eintrifft.
    »Was sind das für synthetische Fasern?«, fragte ich.
    »Olefin, Acryl, Nylon, Polyäthylen und Dynel. Die meisten vonihnen sind aus Nylon«, antwortete Joni. »Die Farben sind ganz unterschiedlich: Rot, Blau, Grün, Gold und Orange. Noch dazu passt, wenn man sie unter dem Mikroskop betrachtet, keine von ihnen zu den anderen.«
    Sie legte einen Objektträger nach dem anderen auf den Objekttisch des Stereomikroskops und schaute hinein. Dabei erklärte sie: »Manche von ihnen sind längsgestreift, andere wieder nicht. Die meisten enthalten Titanoxid in unterschiedlicher Konzentration, was bedeutet, dass manche von ihnen halbmatt sind, andere matt und einige wenige glänzend. Alle haben einen ziemlich dicken Querschnitt, so wie Teppichfasern, aber die einzelnen Formen unterscheiden sich voneinander.«
    » Zehn ganz unterschiedliche Fasern?«
    »So sieht es wenigstens momentan aus«, bestätigte sie. »Und das ist selten. Wenn diese Fasern wirklich vom Täter stammen, dann muss er eine ungewöhnliche Vielzahl an Fasern mit sich herumgetragen haben. Die gröberen stammen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von seiner Kleidung, denn es sind Fasern, wie man sie bei Teppichen findet. Und sie stammen nicht von einem Teppich in Beryl Madisons Haus. Aber noch aus einem anderen Grund ist es merkwürdig, dass er so viele Fasern mit sich herumgeschleppt hat. Wir nehmen nämlich den ganzen Tag lang irgendwelche Fasern auf, aber sie bleiben nicht lange an einem haften. Man sitzt irgendwo und liest Fasern auf, ein wenig später setzt man sich woandershin und streift sie dabei wieder ab. Oder sie werden durch einen Luftzug gelöst.«
    Die Sache wurde immer undurchsichtiger. Joni schlug eine neue Seite ihres Notizblocks auf und erklärte: »Ich habe auch den Inhalt der Staubsaugerbeutel unter dem Mikroskop untersucht, Dr. Scarpetta. Die Partikel, die Marino aus dem Gebetsteppich gesaugt hat, sind ein echtes Durcheinander.« Sie las eine Liste herunter: »Tabakasche, rosa Papierpartikel, die von Steuerbanderolen an Zigarettenschachteln stammen, winzige Glasperlen, ein paar Glassplitter wie von Bierflaschen- und Autoscheinwerferglas. Wie üblich haben wir auch kleine Teile von Insekten undPflanzen gefunden sowie eine winzige Metallkugel. Und eine ganze Menge Salz.«
    »Speisesalz?«
    »Richtig«, bestätigte sie.
    »Und all das befand sich auf dem Gebetsteppich?«, fragte ich.
    »Und auf dem Teil des Bodens, auf dem ihre Leiche lag«, antwortete Joni. »Auch auf ihrem Körper, unter ihren Nägeln und in ihrem Haar war eine Menge von demselben Zeug.«
    Beryl hatte nicht geraucht. Es gab keinen Grund, warum in ihrem Haus Tabakasche und die Partikel von Steuerbanderolen zu finden sein sollten. Salz verbindet man mit Essen, und es ergab keinen Sinn, dass es im

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