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Flucht in die Hoffnung

Flucht in die Hoffnung

Titel: Flucht in die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Rothkamm
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der an der Moschee angebracht war, und die stand direkt
neben dem Haus. Farid lachte mich an, und in seinen Augen las ich … Liebe.
    So schnell? Ja, so schnell. Es war die sprichwörtliche Liebe auf den
ersten Blick, dieses Gefühl, das wie aus dem Nichts zu kommen scheint,
plötzlich und unerwartet. Ich stand in hell lodernden Flammen, und Farid erging
es nicht anders.
    Nach dem Frühstück, bestehend aus B’ziza ,
einer Mischung aus verschiedenen Getreidearten, die mit Fenchelsamen,
Rosenblättern und Gewürzen gemahlen und mit Wasser und Zucker zu einem Brei
verarbeitet werden, zeigte Farid mir die Stadt. Besser gesagt, er trieb mich
durch die engen Gassen der Soukhs. Seine Hand war groß, warm und trocken und
wies mir den Weg. Er wusste genau, wohin er wollte. Und nur das zählte. Wenn
ich irgendwo stehen blieb, zog er mich weiter. Ich ließ es geschehen. Ich
fühlte mich beschützt, mit diesem Mann an meiner Seite konnte mir nichts passieren.
Dieses Gefühl hatte ich vermisst – und nicht nur das. Ich sog es ganz in mich
auf und fühlte mich mit einem Mal sicher und geborgen in dieser Welt.
    Farid war Arzt. In der Disco hatte er mir ein Foto von sich gezeigt
mit Mundschutz. Das fand ich ein bisschen übertrieben, wenn ich ehrlich war.
Aber irgendwie gefiel es mir auch. Menschen, die den Mut haben, ihre eigenen
Leistungen zu benennen oder vielleicht sogar zu preisen, haben mich schon immer
fasziniert. Da fiel es nicht weiter ins Gewicht, dass Farid sein Studium noch
nicht abgeschlossen hatte. Immerhin war er Arzt im Praktikum und schrieb an
seiner Doktorarbeit. Er war kein Traumtänzer, sondern hatte einen Plan für sein
Leben, wollte weiterkommen. Hatte ich mir nicht genau so einen Mann heimlich gewünscht?
    Der Markt war voll von exotischen Gerüchen und fremdartigen
Kleinigkeiten. Neugierig blickte ich mich um. Doch sobald ich innehielt, um
etwas genauer zu betrachten, zog Farid mich weiter, als hätten wir keine Zeit dafür,
als würde irgendwo etwas Großartiges auf uns warten. Was und wo das war, wusste
nur er … In Wirklichkeit wartete nichts, da lief er nur davon. Denn wenn ich
stehen geblieben wäre und womöglich etwas in die Hand genommen hätte, wäre es
Farids Pflicht gewesen, mir das zu schenken. Ich war eine Frau, er war mein
Begleiter, und weil er kein Geld hatte und nicht in Verlegenheit geraten
wollte, durften wir nicht anhalten. In der arabischen Öffentlichkeit ist es
nicht üblich, dass eine Frau etwas bezahlt. Dafür ist der Mann zuständig.
    Das alles wusste ich damals noch nicht. Ich wusste überhaupt sehr
wenig über dieses Land und seine Menschen. Woher auch? Ich hatte einfach nur
abschalten und ein wenig Sonne tanken wollen inmitten der Hotelkulisse. Niemals
hätte ich damit gerechnet, dass mein Leben eine solche Wendung nehmen könnte.
Vielleicht rannte ich deshalb in diesem Höllentempo in mein Unglück – das sich
als der gut aussehende, gepflegte Farid verkleidet hatte und mich mit seiner
fremdartigen Intensität blendete.
    Wir waren Hals über Kopf ineinander verliebt, und die Zeit lief
gegen uns. Viel zu schnell näherte sich mein Urlaub dem Ende, und es hieß
Abschied nehmen. War es da nicht richtig, dass er mich durch die Soukhs zog und
wir jede Minute auskosteten, die uns blieb?
    Zurück in Düsseldorf rief ich Farid jeden Tag an, was zu der
teuersten Telefonrechnung meines Lebens führte. Das Schicksal hatte mir eine
neue Richtung gewiesen und meine Planung wie ein Erdbeben
durcheinandergebracht. Meine Sehnsucht nach Farid war kostspielig – und machte
mich ungeduldig. Nach vier Wochen stieg ich erneut in den Flieger nach
Tunesien, und so ging es noch einige Male hin und her.
    Auf einmal hatte ich zwei Leben. Ich pendelte zwischen dem
Glücksrausch mit Farid in Tunesien und meiner Ausbildung zum Coach in
Düsseldorf. Und es war tatsächlich ein Glücksrausch, den wir erlebten. Ich
spürte so eine innige Liebe zu diesem Mann, und in seinen Augen las ich, dass
es ihm genauso erging. Ich war nicht irgendeine blonde Touristin, mit der er
sich vergnügte. Nein, da war mehr zwischen uns, und neben aller Anziehung war
es diese Stärke, die von ihm ausging, dieses Versprechen, mich anlehnen, mich
fallen lassen zu können, was mich so fesselte. Obwohl alle Zeichen dagegen
sprachen, glaubte ich nach wie vor an meine Zukunft als Entspannungstrainerin
für gestresste Manager – besser gesagt, ich wollte daran glauben. Wenn in
meinem Innern die Frage auftauchte, wie ich diesen Job

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