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Flucht in die Hoffnung

Flucht in die Hoffnung

Titel: Flucht in die Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Rothkamm
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mit meiner Liebesgeschichte
vereinbaren sollte, schob ich sie schnell beiseite. Denn darauf wusste ich
keine Antwort. Ich wollte meinen Beruf nicht aufgeben, er sollte für mich der Auftakt
zu einem neuen Leben sein.
    Doch je öfter ich mit Farid zusammen war, desto mehr Raum nahm er
ein, während meine berufliche Zukunft schrumpfte. Auch Tunesien wurde immer
größer – und Deutschland kleiner.

WANDERIN ZWISCHEN DEN WELTEN
    Bald schon fühlte ich mich zerrissen zwischen den zwei
Welten, in denen ich lebte. Was konnte ich tun, um sie zu vereinen? Vielleicht
sollte ich einmal für längere Zeit in Tunesien bleiben, vielleicht musste ich
so tun, als würde ich dort leben. Vielleicht wäre das der richtige Weg, um zu
einer Entscheidung zu gelangen.
    Gesagt, getan. Ich fuhr mit dem Auto nach Genua und von dort mit der
Fähre nach Tunis. Was für ein Abenteuer!
    Farid hatte für die Dauer meines Aufenthalts eine Wohnung für uns
gemietet. War dies ein Vorgeschmack auf unsere Zukunft? Wie glücklich ich
plötzlich war. Mit einem Mal war mein Alltag das Paradies.
    Wann begann er, der Fall aus dem Paradies? Damals schon?
    Eines Tages, ich bereitete gerade das Mittagessen vor, klopfte es
heftig an unserer Wohnungstür. Farid öffnete, und sogleich begann ein lautes
Wortgefecht. Zu dieser Zeit verstand ich noch kein Tunesisch, doch es war klar,
dass hier keine Komplimente ausgetauscht wurden. Auf einmal knallte die Tür ins
Schloss. Stille. Ich hielt meine Hände unter das Wasser, rieb den Couscous ab
und rief nach Farid. Nichts. Offenbar hatte er die Wohnung mit den Fremden
verlassen. Nach zehn Minuten wurde ich unruhig. Was war los? Ich wartete
weitere zehn Minuten und lief dann auf die Straße. In einem parkenden Wagen vor
unserem Haus entdeckte ich Farid und zwei Männer. Alle drei gestikulierten
wild. Ich beobachtete sie eine Weile und überlegte, was ich tun sollte. Farid
schien in Bedrängnis zu sein. Also ging ich zu dem Auto und klopfte an die
Fensterscheibe. Als keiner reagierte, öffnete ich die Tür.
    »Alles okay?«, fragte ich Farid.
    »Ja«, antwortete er, aber ich glaubte ihm nicht.
    »Was sind das für Männer?«, fragte ich ihn.
    Er antwortete nicht. Da setzte ich mich einfach in das Auto.
Vielleicht brauchte er meine Hilfe. Farid wies auf den Mann am Steuer. »Das ist
mein ältester Bruder. Und das«, er zeigte auf den anderen Mann, neben dem ich
nun saß, »das ist mein Onkel.« Beide Männer waren gut
gekleidet in schwarze Stoffhosen und weiße Hemden.
    Ich reichte ihnen die Hand, erst dem Onkel, er erschien mir älter,
dann dem Bruder, und sie ergriffen sie schnell und sacht, so wie man es in arabischen
Ländern tut, wo der deutsche Händedruck, der über den Charakter eines Menschen
Auskunft geben soll, als unhöflich gilt. Bei strenggläubigen Moslems ist es
nicht üblich, dass ein Mann einer Frau überhaupt die Hand reicht, und wenn,
dann ohne Blickkontakt.
    Irritiert wandte ich mich an Farid.
    »Ich wusste gar nicht, dass du … Wie viele Brüder hast du überhaupt?
Ich dachte, deine Familie lebt in der Nähe von Tunis, in Karthago, hieß der Ort
nicht so? Ich dachte, du würdest hier nur studieren und …«
    Farid schnitt mir das Wort ab. »Es ist jemand gestorben.«
    Ich schlug mir die Hand auf den Mund. »Oh! Das tut mir leid.
Entschuldige.« Ich schaute seine Verwandten an und
kondolierte auch ihnen.
    Die Männer ignorierten mich und setzten ihr Gespräch fort, von dem
ich nichts verstand, doch ich reimte mir zusammen, dass sie Farid fragten, warum
er nicht bei der Beerdigung gewesen sei.
    Und so war es auch, wie er mir später erklärte. Ich hätte gern mehr
über Farids Familie und besonders seinen Bruder und Onkel gewusst, doch er war
nicht in Stimmung, über sie zu sprechen.
    »Lass uns heute Nachmittag einen Ausflug machen«, wechselte er das
Thema.
    Mich beschäftigte dieser Vorfall noch lange, zumal die beiden Männer
auf mich den Eindruck gemacht hatten, dass sie nicht wussten, wer ich war.
Verschwieg Farid mich vor seiner Familie? Versteckte er mich gar vor ihnen?
Aber weshalb? Was zwischen uns geschah, das war doch keine beliebige Affäre,
das war Liebe!
    Natürlich machte ich mir Gedanken, wie sich Farids Kultur mit
unserem Zusammenleben vereinbaren ließ. Doch er hatte sich mir gegenüber nie
wirklich zu seinem Glauben bekannt, ich sah ihn nicht beten, und schließlich
war er auf mich zugegangen und hatte sich so offen und frei wie ein
europäischer Mann gezeigt. Ich wäre nicht auf

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