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Flucht in die rote Welt

Flucht in die rote Welt

Titel: Flucht in die rote Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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prüder Typ, was? Und wenn sie nun eine ähnliche Nummer vorführt? Wäre sie Ihnen dann weniger wert?«
    »Ich habe ja nur gefragt«, sagte er verlegen.
    »Keine Angst, mein Lieber. Je weniger man kann, desto mehr muß man ausziehen. Ihre Herzallerliebste hat eine großartige Stimme, und diese Bongos gelingen ihr mit jedemmal besser. Wahrscheinlich haben Sie die Bilder draußen verwirrt, nicht wahr? Bonny Lee hat sich auch schon darüber beschwert. Aber es ging ihr nicht um das bißchen nackte Haut, mein Lieber, sondern um den Ruf. Sie wollte nicht als Stripteasegirl, sondern als Sängerin eingestuft werden. Ihr Männer werdet eure puritanischen Skrupel einfach nicht los. Ich kann keinen Ton singen, und als Kind bekam ich Ballettstunden – aber wer hat schon mal von einer Primaballerina mit den Maßen 102–62–95 gehört? Diese Idioten da draußen haben keine Ahnung, welche Schinderei es bedeutet, seine Muskeln so zu üben, daß man sie vollkommen beherrscht. Gewiß, Mister Winter, es ist keine Fähigkeit von historischer Bedeutung, aber es macht den Leuten Spaß, sichert mir ein Einkommen und gibt mir eine erstaunliche Gesundheit. Ich finde es nicht schlimmer, als wenn man sich seinen Lebensunterhalt durch Baseballspielen verdient. Du liebe Güte, hoffentlich hat sich Bonny Lee nicht in einen kleinen Moralisten verknallt ...«
    »Ich wollte nicht ...«
    »Ich möchte Ihnen nur beibringen, Bonny Lee mit den richtigen Augen zu sehen. Sie ist ein lieber Kerl, ehrlich, fröhlich und sehr gefühlvoll. Und Sie müssen sich an ihr freuen, so wie Sie sich an einem Garten oder an der Sonne freuen. Wenn Sie versuchen, sie in ein passenderes Schema zu pressen, wird sie Ihnen das Herz brechen. Sie ist noch so schrecklich jung. In mancher Hinsicht vielleicht frühreif, aber sonst viel zu jung. Könnte sein, daß sie eines Tages berühmt wird, wenn Kerle wie Sie ihr keine Minderwertigkeitskomplexe einjagen.«
    »Ich glaube, ich verstehe, was Sie meinen.«
    »Hoffentlich. Wenn ich nicht geahnt hätte, daß ein paar Fähigkeiten in Ihnen stecken, hätte ich meine Zeit und meine Worte gar nicht an Sie verschwendet.«
    »Ich bin nicht sehr – erfahren mit Mädchen, Lizbeth.«
    »Um so besser. Erfahrene Männer gehen immer nach dem gleichen Schema vor. Sie führen sich auf, als täten sie uns Mädchen einen Riesengefallen. Ich mag es, wenn sich Männer dankbar zeigen, und das tun die wenigsten. Ich habe es satt, mit einem Cello oder Sportwagen verwechselt zu werden. Ich bin eine ziemlich direkte Frau, Mister Winter, und Liebe soll für mich etwas Direktes und Behagliches sein, keine Anstrengung. Machen Sie sich keine Sorgen wegen Ihrer Unerfahrenheit. Ich kann mir denken, daß Bonny Lee es süß findet. Und grübeln Sie nicht über ihre früheren Verhältnisse nach. Das vergiftet Ihre Phantasie und verdirbt alles. Bonny Lee wird Ihnen vollkommen gehören, solange die Beziehung anhält, und mehr können Sie meiner Meinung nach nicht erwarten.«
    Er stellte die leere Tasse ab. »Das ist ja alles sehr interessant, und Sie sind wahrscheinlich eine ungewöhnliche Frau, und vielleicht können Sie nichts dafür, daß Sie so verdammt stachelig tun, aber mir reicht es jetzt bis obenhin, dauernd Belehrungen von Frauen hinnehmen zu müssen. Ich habe diese vereinfachten kleinen Philosophietraktate satt. Zufällig bin ich der Meinung, daß die Welt etwas komplizierter ist. Und mit Ihrer freundlichen Erlaubnis, liebe Lizbeth, werde ich meine eigenen prüden, sentimentalen und verrückten Fehler machen. Ich habe einen Tag wie noch nie im Leben hinter mir, und ich bin am allerletzten Ende. Mir ist es egal, ob Sie die unmöglichsten Muskeln kreisen lassen oder nicht. Ich mache nicht den Versuch, Sie in eine bestimmte Kategorie einzuordnen, und ich bitte Sie, daß Sie das gleiche tun. Vielen Dank, daß Sie Bonny Lee ausgeholfen haben und daß Sie mich verständigt haben. Aber meine Anschauungen und mein Verhalten dürften meine Privatangelegenheit sein. Leben Sie wohl. Es tut mir leid, wenn ich Sie gekränkt habe.«
    Sie sah ihn nachdenklich an und nickte. »Ich wünsche Ihnen viel Glück, Mister Winter. Bonny Lee hat sich nicht in Ihnen getäuscht.«
     

 
13
     
    In der Gasse vor Bernie Sabbiths Apartment parkte eine Unmenge Wagen. Als Kirby die Eisentreppe hochstieg, hörte er schallendes Gelächter und das Klirren von Glas. Die Tür stand ein paar Zentimeter offen. Er klopfte, aber dann sah er ein, daß ihn bei dem Höllenlärm niemand

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