Flucht in die rote Welt
hören konnte, und trat einfach ein.
Das ganze verrückte Beleuchtungssystem war eingeschaltet, und durch die verborgenen Lautsprecher kam dröhnende Musik. Man hatte eine Tischbar aufgebaut, und ein Mann in weißer Jacke mixte unaufhörlich Drinks. Auf den ersten Blick schienen etwa fünfzig Personen anwesend zu sein, aber dann erkannte er, daß die Spiegel die Anzahl verdoppelten.
Da war eine Gruppe von merkwürdig ähnlichen jungen Männern – alle in dunklen Anzügen, mit Strickkrawatten, Buttondown-Hemden und einer ironisch hochgezogenen Augenbraue. Sie hielten große Whiskygläser mit Eiswürfeln in den Händen und verbreiteten den Duft von Reklame-Sauberkeit. Die übrigen jungen Männer wirkten kaum älter, aber sie sahen aus, als würden sie ihre Haare selbst schneiden, ihre Kleider aus Altwarensammlungen beziehen und nur, wenn es dringend nötig war, ein Bad im Meer nehmen.
Auch die Mädchen waren in zwei Gruppen geteilt – die einen schmal, knochig und in elegante Kleider gehüllt; die anderen zerrupft, lärmend und sehr originell mit Lumpen ausstaffiert. Eine dickliche Kleine kam mit Freudenschreien auf ihn zu.
»Mal raten!« kreischte sie. »Du bist ein Traditioneller! Du heißt – äh – Eddie Beeler. Du hast Action gehört, o Traditioneller, und du hast sie mit unglaublichem Instinkt bis zum Ursprung aller Action verfolgt. Ich, Gretchen Firethorn, werde deine Mentorin sein, Eddie.«
»Wer von den Leuten ist Bernie Sabbith?«
»Mußt du alles verderben, du Quatschkopf? Da, der dort mit der weißen Jacke. Nein, nicht der Mixer, weiter drüben. Er drückt gerade eine Blondine gegen den Spiegel.«
Während Kirby zögerte, erwischte die Dicke mit einer schnellen Bewegung seinen komischen Hut, den Stock und das Abzeichen und verschwand kreischend. Er bahnte sich zwischen den Twistern einen Weg zu Bernie Sabbith, der auf die halberdrückte Blondine einflüsterte. Bernie war ein großer, eckiger Mann, der nur aus Ellbogen und Knöcheln zu bestehen schien.
Erst nach einiger Zeit gelang es Kirby, die Aufmerksamkeit Bernies zu erhaschen. »Schön, daß du gekommen bist, Freund. Da drüben ist die Bar.« Er wandte sich wieder der Blondine zu.
»Haben Sie Bonny Lee Beaumont gesehen?«
Bernie drehte sich wieder um. »Bonny Lee! Wo ist sie? Hast du sie mitgebracht?«
»Nein, ich suche sie.«
»Sie ist heute abend nicht hier. Da drüben ist die Bar. Bedien dich ...«
»Sie soll aber um Mitternacht ankommen.«
Die Blondine wollte sich aus dem Staub machen. Bernie packte sie und preßte sie wieder gegen den Spiegel. »Freund, du bist bestimmt amüsant, aber im Moment habe ich keine Zeit für eine Unterhaltung. Noonan!« Einer der dunklen Anzüge kam näher. »Noonan, kümmere dich um diesen Conférencier. Ich kann ihn nicht gebrauchen.«
Noonan führte Kirby sanft weg. »Mister Sabbith scheint im Augenblick keine Zeit zu haben, Sir. Worum geht es? Handelskammer? Presse, Rundfunk, Fernsehen, Talentsuche?«
»Ich soll hier ein Mädchen treffen.«
»Sir, wenn das so abgemacht war, dann sollen Sie eines bekommen. Sie dürfen selbst wählen. Ich würde eines unserer Kellerkinder vorschlagen, aber wenn Sie mehr für Modelle schwärmen, dann nehmen Sie besser zwei, Sir. Die Mädchen haben einen so niedrigen Energiepegel, daß sie sich den letzten Funken davon für das Lächeln vor der Kamera aufheben.«
»Ich meine ein bestimmtes Mädchen!« brüllte Kirby über die Musik hinweg. Er machte eine hilflose Geste, und jemand drückte ihm einen Drink in die Hand.
»Wissen Sie ihren Namen nicht mehr?«
»Ich weiß ihn.«
»Aber Sie wissen nicht, wie sie aussieht?«
»Sie muß herkommen. Ich will auf sie warten .«
»Sir, Sie sagen das so feierlich. Das paßt nicht hierher. Heute ist die epochale Nacht in der kurzen blendenden Geschichte von Parmalon.«
»Was?«
Noonan schwankte und griff sich ans Herz. »Tun Sie mir das nicht an, Freund. Parmalon! Sieben Nuancen, sieben Lotionen, sieben geheime Bestandteile, die sieben liebenswerten Leben einer schönen Frau. Mensch, Mann, wir sind hier, um zehn tropische Commercials zu drehen, die sämtlichen miesen Hausfrauen Amerikas das Herz aus dem Leib reißen sollen.« Er tippte Kirby an die Brust. »Wissen Sie, wer Bernie Sabbith ist?«
»Ich glaube schon.«
»Er ist Top. Absolute Spitze. Wir werden hier umgeben von unseren Getreuen, vor und hinter der Kamera. Schlaue Agenten, brillante Techniker. Talent, Schönheit, Würde, Geldgier.« Er tippte Kirby wieder
Weitere Kostenlose Bücher