Flucht nach Lytaxin: Ein LIADEN-Roman (German Edition)

dass es absolut möglich war, dass er hier sofort, noch im Stehen, einschlafen würde.
    Da waren anderen auf dem Marsch in schlechterer Form als er – wundgelaufen. Er konnte das blutrote Flimmern von physischem Schmerz inmitten der größeren Matrix der Einheit sehen, ebenso wie jede denkbare Schattierung von Schrecken, Stress und Kummer. Mit geschlossenen Augen bewegte er sich, dachte verschwommen, dass er etwas dagegen tun sollte. Er war ein Heiler. Die Leute brauchten ihn.
    Er nahm einen Atemzug, führt eine schnelle Übung durch, um sich anzuregen – und sah das leuchtende Muster von Val Cons Lebenspartnerin unmittelbar in der Nähe, begleitet von einer massiven Gelassenheit in Malve und Minze.
    Shan öffnete seine Augen.
    Val Cons Lady war weniger als eine Armlänge entfernt, der tattoolose Yxtrang stand hinter ihrem Rücken. Sie hielt ihm eine Feldflasche hin.
    »Dachte, Sie könnten einen Drink gebrauchen«, sagte sie. »Da Sie Ihre eigene Kanne verloren haben.«
    Wasser. Der Gedanke weckte seinen quälenden Durst. Er nahm die Feldflasche und führte sie an die Lippen. Das Wasser war warm und schmeckte schwach nach Plastik, aber er genoss es mehr als den kostbarsten Wein aus yos'Galans berühmtem Keller.
    Er genehmigte sich zwei erlesene Schlucke.
    »Ich danke Ihnen«, sagte er und wollte ihr die »Kanne« zurückgeben.
    Sie winkte ab. »Behalten Sie sie«, sagte sie ihm, das Winken änderte sich zu einem Zeigen auf die zerkratzte und verbeulte Stasisbox. »Was ist in dem Safe?«
    Er sah sie an. »Setzlinge.«
    »Setzlinge«, wiederholte sie ausdruckslos und nickte dann. »Beautiful hier kann das für Sie tragen.«
    Shan erstarrte. »Entschuldigen Sie bitte«, sagte er vorsichtig. »Ich habe mich anscheinend nicht klar ausgedrückt. Diese Box enthält ein halbes Dutzend in Stasis gehaltene Setzlinge von Jelaza Kazone. Es ist meine Pflicht als Pilot von Korval, diese in Sicherheit zu bringen.«
    Val Cons Lady hob eine schmale Hand. »Ich sagte «, wiederholte sie bestimmt, »Beautiful kann den Kasten für Sie tragen!«
    Das war in jeder Hinsicht ein Befehl. Sie war Val Cons Lebenspartnerin, und natürlich konnte Nadelmae Korval dem einfachen Thodelm yos'Galan in Angelegenheiten von Baum und Clan befehlen. Und auch die Vernunft sprach für sie, denn die Kiste machte ihn müder, langsamer und zu einem weniger effektiven Soldaten. Als Kommandantin dieser speziellen militärischen Operation konnte sie ihm sogar befehlen, die Kiste einfach zurückzulassen, anstatt sie jemandem zu übergeben … Er schaute hoch in das Gesicht des Yxtrang, sammelte sich für einen tieferen Einblick – und sah, wie der große Mann seinen Kopf beugte.
    »Entspannt Euch, Shan yos'Galan«, sagte der Yxtrang auf Hochliaden. »Ich bin von Jelas Truppe. Die Setzlinge seines Baums sind bei mir sicher.«
    »Jelas Truppe?«, wiederholte Shan.
    Nicht möglich, dachte er zuerst. Nach all diesen Jahren?
    Wenn das nicht nach Val Cons verdammtem Glück riecht, dachte er danach mit einem leichten Anflug von Hysterie. Gerade diesen speziellen Yxtrang unter allen möglichen aufzugabeln … Er schob den Gedanken beiseite, als ihm eine andere Idee kam.
    »Bitte verzeihen Sie mir, wenn ich damit ein schmerzhaftes Thema anspreche«, sagte er auf Terranisch zum Yxtrang. »Aber ich frage mich, ob Sie möglicherweise bereits vorher einmal die Bekanntschaft mit meinem Bruder gemacht haben – vielleicht vor etwa elf oder zwölf Standardjahren?«
    »Ja«, sagte Nelirikk.
    »Und Sie haben sich seiner Linie verschworen?«, fragte Shan. »Ich hätte eher erwartet, dass Sie ihn umbringen!«
    »Er hat es versucht«, unterbrach Miri Robertson. »Aber der Handel war, dass der Gewinner des Kampfes der Boss sein würde, und Val Con hat gewonnen.« Sie zuckte ihren Kopf herum. »Zeit loszumarschieren. Geben Sie Beautiful die Kiste.«
    Er tat, wie ihm geheißen war, aber es war ein seltsames Gefühl anzusehen, wie sich die großen Hände über das Drachensiegel legten und die Kiste anhoben.
    Er war jetzt jenseits aller Erschöpfung, in einem Zustand hyperaktiver Benommenheit, in dem jede Berührung eines Blattes schmerzte und die Wahrnehmung der Gefühle um ihn herum zur Belastung wurde.
    Es war sein Heilersinn, der ihn rettete.
    Das Gefühlsmuster war fremd, dunkel von Blutlust, nasskalt von tief verborgenen Schrecken. Shan fühlte es in dem Moment, bevor der dünne Zweig unter dem Angriff des Yxtrang zerbrach.
    Es gab keinen Platz, um das Gewehr nach oben zu