Flucht über den Himalaya
Für ihn, den »Dritten«, müssen die Eltern hohe Steuern zahlen, weil es einer tibetischen Familie in seiner Region nicht erlaubt ist, mehr als zwei Kinder zu haben.
Chime
Eine zehnjährige Schülerin aus West-Tibet. Die Mutter, die den Lebensunterhalt für die Familie alleine bestreiten muß, sieht sich nicht mehr in der Lage, das hohe Schulgeld für ihre beiden Töchter zu bezahlen.
Dolker
Die sechsjährige Schwester von Chime. Sie steht kurz vor der Einschulung, die nun in Indien stattfinden soll.
Dhondup
Der achtjährige Sohn eines tibetischen Arztes. Die Eltern wünschen sich eine gute Schulausbildung für ihr jüngstes Kind. Da in der Dorfschule ab dem zweiten Schuljahr nur noch auf Chinesisch unterrichtet wird, soll Dhondup ins Exil geschickt werden.
Dhamchoe
Der etwa Achtzehnjährige ist in Dhondups Familie groß geworden. Die eigenen Eltern konnten ihn nicht ernähren. Dhamchoe soll »seinen kleinen Bruder« Dhondup auf der Flucht begleiten und nach einer Audienz beim Dalai Lama wieder nach Tibet zurückkehren.
Lhakpa
Ein zehnjähriges Nomadenmädchen, das von ihrem großen Bruder über den Grenzpaß gebracht wird und erst auf der nepalesischen Seite des Himalaya zu unserer Gruppe stößt, um weiter nach Dharamsala zu gelangen.
Lobsang
Ein fünfzehnjähriger Mönch aus der Provinz Amdo. Er muß aus Tibet flüchten, um nicht als politischer Häftling im Gefängnis zu landen. Denn er weigerte sich, chinesischen Funktionären gegenüber den Dalai Lama zu verleugnen.
Suja
Der junge Soldat arbeitet seit vier Jahren in einem chinesischen Armeegefängnis als Wärter. Da er sowohl Tibetisch als auch Chinesisch spricht, setzt man ihn auch als Dolmetscher bei Verhören ein. Als ein alter Mönch brutal gefoltert wird, spürt Suja, daß er nicht länger bleiben kann.
Nima
Der Guide, von dem die Leute sagen, er sei so gut wie Gold. Er hat bisher alle Flüchtlinge, die sich ihm angeschlossen haben, trotz der großen Gefahren sicher ins Exil gebracht.
Pema
Nimas Freund, der im Exil lebt. Er wird Nima und seiner Gruppe von der nepalesischen Seite des Himalaya her entgegengehen.
Sotsi
Pemas Schwager, der gelegentlich als Guide arbeitet. Sowie fünf junge Männer auf der Suche nach einer neuen Zukunft:
Tempa, Currasco, Goldzahn, Yeti, Der Student.
»Flucht über den Himalaya« ist nach einer wahren Geschichte erzählt. Einige Details sowie ein Teil der Personen- und Ortsnamen wurden geändert, um die Familien der Flüchtlinge zu schützen.
Teil Eins
» Ich komme aus Kham. Das ist eine Provinz in Tibet. Wir leben in den Bergen, und unsere Yaks grasen auf den Weiden. Wenn man einen Khampa mit anderen Menschen vergleicht, so ist ein Khampa eine sehr furchtlose Person. Jeder Khampa trägt ein großes Messer bei sich – so groß wie ein Säbel. Und er weiß es zu benutzen. Als die Chinesen nach Tibet kamen, kämpften die Khampas gegen sie. Und sie kämpften so tapfer! Aber die Chinesen hatten viele Waffen, Bomben und Panzer, so daß wir Tibeter unsere Freiheit verloren. «
EIN KIND AUS TIBET
Little Pema, das Khampa-Mädchen
» Meine Mutter hat lange Haare. Sie ist zierlich und sehr schön. Sie hat auch ein gutes Herz, und was sie kocht, schmeckt wunderbar. Ich vermisse sie und sehe sie jeden Tag in meinen Gedanken. Sie trägt immer eine Chuba, singt viel und kennt lustige Witze. Das Besondere an meiner Mutter ist, daß sie die Fähigkeit besitzt, in die Zukunft zu sehen. Dazu verwendet sie Würfel, heilige Texte und Gebete. Sie betet immer abends, und ich weiß noch all ihre Gebete auswendig.
Meinen Vater mochte ich nicht. Denn er trank Alkohol und schlug meine Mutter. Er schlug auch mich. Nur meinen kleinen Bruder schlug er nicht. Wenn er mich schlug, weinte meine Mutter. «
LITTLE PEMA
Startet der Vater das Moped, um nach Chamdo zu fahren, stehen sie alle in der Tür und hoffen, daß er die alte Rostlaube zum Laufen bekommt. Der Großvater murmelt seine Mantras, die Mutter nestelt nervös an den weiten Ärmeln ihrer Chuba, die Kinder kauen an ihren Nägeln. Dreimal tritt Vater mit seinen spitzen Stiefeln ins Pedal, dann endlich heult der Motor auf. Er schwingt sich auf den Sattel, lenkt die stotternde Maschine auf den Schotterweg und verschwindet grußlos hinter den Hügeln. Haben sie Pech, gibt das Moped seinen Geist auf, und Vater kommt fluchend zurück, die Maschine schiebend und tretend im Wechsel. Doch diesmal hört die Familie erleichtert, daß das Knattern immer leiser
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