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Flucht vor den Desperados

Flucht vor den Desperados

Titel: Flucht vor den Desperados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Lawrence
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das besonders schlau war. Wenn du einem Bären begegnest& abhaust, wird er hinter dir herlaufen. Sobald sie anfingen zu rennen, wetzten Walt und seine Bande hinter ihnen her. Einer von Walts Männern zog eine Pistole & begann zu feuern. Dem Klang nach war es ein Colt’s Navy Revolver. Das brachte meine Mitschüler dazu, noch schneller zu rennen. Sie jaulten wie Kojoten, die vor einem Bären flüchten.
    Aus irgendeinem Grund war ich Walt & seiner Bande nicht aufgefallen. Ich nehme an, da ich meine Wildlederkleidung trug, sah ich wohl nur wie eine Unebenheit auf der Straße aus. Außerdem waren sie wohl zu sehr damit beschäftigt, Olaf, Charlie & Abe zu jagen. Die drei trugen ihre schwarzen Hosen & weißen Hemden und hoben sich sehr gut von der blassen Wüste ab.
    In der Zwischenzeit war die Postkutsche aufgetaucht. Sie rumpelte durch die Stadt & zog einen Schweif aus gelbem Staub hinter sich her.
    Ich wusste, für ein Kind wie mich, das eine dunklere Gesichtsfarbe hatte und Wildleder trug, würde sie nicht anhalten.
    Das passte mir ganz gut.
    Ich wollte nicht, dass die Kutsche anhielt und Walt & seine Kumpane das mitbekamen.
    Für mich musste sie nur langsamer werden.
    Ich wetzte hinter den Beifuß-Strauch zurück, zog den toten Kojoten an einem seiner steifen Hinterläufe hervor & warf ihn auf die Straße, sodass er den Pferden direkt vor die Hufe kam. Er hatte in etwa dieselbe Farbe wie die staubige Straße, und ich hoffte, dass der Kutscher ihn deshalb nicht zu früh bemerken würde.
    Pferde treten nicht gern auf Dinge. Selbst der beste Kutscher kann sie kaum dazu bringen, über einen Menschen oder ein Tier zu trampeln, das auf ihrem Weg liegt. Der Kutscher war gut. Als er den toten Kojoten auf der Straße liegen sah, straffte er die Zügel, um sein Gespann abzubremsen & um den toten Kojoten herum zu lenken. Die Kutsche kam dicht an meinem Strauch vorbei. Bevor sie erneut Fahrt aufnehmen konnte, sprang ich hervor & direkt auf den hinten angebrachten Postkasten.
    Ich klammerte mich an dem Kasten fest wie eine Zecke an einem Hund und betete nur, dass Walt und seine Kumpane mich nicht bemerken würden.

KONTOBUCHBLATT 6

    Auf der Rückseite der Postkutsche gab es einen großen Ledersack für die Post sowie einige Zelttuchriemen für zusätzliches Gepäck. Ich klammerte mich an die Riemen und hoffte, dass mich die große Staubwolke vor möglichen Blicken verbergen würde.
    Als ich das Gefühl hatte, dass wir außer Sichtweite von Temperance waren, zog ich mich an den Gepäckriemen hoch und warf mich auf das Dach der Kutsche. Manchmal liegen Kisten oder Gepäckstücke da oben, aber an diesem heißen Nachmittag befanden sich dort nur Reisetaschen, die an der niedrigen Stange festgebunden waren, die um das Dach herum lief. Weil die Stange auf der Rückseite fehlte, klammerte ich mich an die vordere Hälfte, um nicht herunterzurutschen. Dann machte ich mich so flach wie eine Briefmarke.
    Ein oder zwei Mal hob ich den Kopf & blickte zurück, um zu sehen, ob Walt & seine Kumpane die Verfolgung aufgenommen hatten, aber der Staub ließ hinter mir alles verschwimmen. Ich versuchte zu lauschen, doch es war zulaut, um irgendetwas zu hören. Da war nur das Dröhnen der Pferdehufe & das Rasseln ihres Zaumzeugs & die Kutsche, die unter mir rumpelte & knarrte.
    Wir waren seit einigen Minuten so dahingerattert, als ich hörte, wie der Kutscher »Whoa!« rief. Ich spürte, wie die Kutsche langsamer wurde.
    »Nein, nicht anhalten!«, betete ich.
    Ich hielt meine Augen fest geschlossen, bis ich hörte, wie er sagte: »Runter! Du kommst da jetzt sofort runter!«
    Ich schaute auf. Er hatte sich auf seinem Sitz umgedreht und starrte mich abschätzig an.
    Dann hob er seine Peitsche & sagte: »Keine Indianer! Vermaledeite Heiden sind nicht zugelassen. Bist du ’n Wilder?«
    Ich hob meinen Kopf & sagte: »Bitte, Sir. Bitte lassen Sie mich mitfahren. Mein Leben ist in Gefahr. Ich bin kein Heide. Ich bin Methodist. Außerdem kann ich bezahlen.«
    Der Kutscher machte seine Augen schmal. »Bist du das Pflegekind vom Reverend?«, fragte er.
    »Ja, Sir«, sagte ich.
    Er spuckte braunen Tabaksaft auf den Boden. »Ich lass dich mitkommen, aber du musst bleiben, wo du bist. Deine Sorte kann ich nicht unten mitfahren lassen.«
    Ma Evangeline sagte immer, Leute zu verachten, weil sie eine andere Hautfarbe haben, sei ein Zeichen von Ignoranz, da das Blut eines jeden Menschen dieselbe Farbe habe. Ich weiß, dass sie damit recht hatte – ich habe schon

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