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Fluchtpunkt Aqualung

Fluchtpunkt Aqualung

Titel: Fluchtpunkt Aqualung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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die Luke oder die Roboter würden seine Forderung erfüllen, denn er hielt Ulama für einen gefährlichen und höchst überflüssigen Mann. Doch die Luke blieb geschlossen, und die Maschinen machten keine Anstalten, das zu ändern.
    Bergen stand auf. »Was geht hier vor?« fragte die Calbury. Ihre Stimme zitterte, um ihre sonst so würdevolle Haltung war es geschehen, auch Goltz und Stein machten verstörte Gesichter. Die Wartungsroboter zückten Zangen und Spezialdietriche und begannen, die Handschellen der Gefangenen zu lösen.
    Das Sichtfeld über der Schnittstelle flammte auf. »Hier spricht das Bordhirn«, ertönte eine freundliche Kunststimme. »Zunächst die Zeitangabe: Beim ersten Ton ist es drei Uhr Terraprimazeit …«
    Ohne wirklich zu begreifen, verfolgten sie den Sekundenzähler in der Fußleiste. Schlag drei Uhr TPZ erschien ein schwarzer Flügel im Sichtfeld, und Klaviermusik erklang. Bergen erkannte sie schon während des ersten Taktes – eine Fuge von Bach. Er sank in den Sessel, legte den Kopf in den Nacken und schloß die Augen. »Heinrich«, sagte er. »Ich fasse es nicht – Heinrich hat sie überlistet …«
    Die anderen betrachteten abwechselnd ihre von Ketten befreiten Arme und das exotische Gerät im Sichtfeld. Sie blickten sich an, sie blickten ins Sichtfeld, sie lauschten der Fuge, sie sahen sich nach den bewegungslos abwartenden Robotern um – und sie wußten nicht, ob sie träumten oder wachten. Auch Stein nicht, obwohl er neben Bergen der einzige war, der das Gerät im Sichtfeld identifizieren konnte.
    »Heinrich?« Homer Goltz setzte sich neben Bergen auf den Tisch. »Sind Sie sicher, mein Subgeneral?«
    »Ganz sicher.« Bergen öffnete die Augen nicht, er lauschte den Flügelklängen. Es war sein eigenes Spiel, das er hörte. »Er reproduziert die Fuge so, wie ich sie vor seinen Sensoren zu spielen pflege. Es kann nur Heinrich sein. Er ist an Bord.«
    »Hat er dann nichts Besseres zu tun, als den Bordfunk mit antiker Musik zu blockieren?« sagte Cludwich.
    »Moment mal …« Stein setzte sich in einen Sessel, stützte seinen schweren Schädel in die Fäuste und lauschte ebenfalls. »Eine Botschaft. Kann es sein, daß er uns eine Botschaft sendet?«
    »Die wichtigste Botschaft ist doch, daß er sich noch an Bord aufhält.« Sarah Calbury rieb sich die Handgelenke. »Und daß er in der Lage ist, dieser Generalsfurie eine Menge Schwierigkeiten zu machen.«
    »Stimmt.« Bergen lauschte den ineinander verschränkten Melodien.
    »Nein, nein!« Stein schüttelte energisch den Kopf. »Dazu braucht er keine Musik. In der Musik muß eine Botschaft stecken, die Ferròn und Roschen nicht entschlüsseln können.« Er deutete auf Bergen. »Eine Botschaft, die nur Sie entschlüsseln können, mein Subgeneral!«
    Bergen versuchte sich von der Schönheit der Musik zu distanzieren und sie mit kühlem Verstand zu betrachten. Auch die anderen vier hörten aufmerksam zu. Selbst Ulama hinter der verriegelter Luke hörte auf zu klopfen und schien zu lauschen. Eine Zeitlang hörte man weiter nichts als die Fuge.
    »Es fängt von vorn an«, sagte Homer Goltz leise. »Hört ihr es? Das Stück hat noch einmal begonnen.« Die Roboter stapften oder rollten zu den Luken und zum Haupteingang. Offenbar hatten sie den Befehl, die fünf Menschen zu verteidigen. Bergen lauschte weiter der Fuge. Die Töne strömten dahin, die Melodie verschränkte sich, floß bis zu einem bestimmten Punkt. Plötzlich brach sie ab, und die Fuge setzte neu ein.
    »Das Stück ist jedesmal ein wenig kürzer«, sagte Stein. »Höre ich das richtig?«
    Merican Bergen zählte die Takte. Wieder endete die Fuge völlig willkürlich, wieder setzte sie neu ein. Der Kybernetiker hatte recht – sie endete jedes Mal eine kurze Zeit früher. Bergen überprüfte die These noch einmal, zählte wieder, zählte noch einmal, und endlich glaubte er zu verstehen. »Die Takte – bei jeder Wiederholung verkürzt er die Fuge um einen Takt.«
    »Bei den Vulkanen von Woodstock – was ist das, ein Takt?« Woodstock war Cludwichs Heimatplanet.
    »Eine Zeiteinheit.«
    Bergen öffnete die Augen. Er wedelte mit der Rechten in der Luft herum, als versuchte er, ein Wort zu fangen.
    »Ein Tonmaß. In einer bestimmten Zeiteinheit wird eine bestimmte Anzahl von Tönen gespielt. Das ist ein Takt. Und die Fuge endet jedes Mal einen Takt früher …«
    »Ein Countdown!« platzte es aus Stein heraus. »Wie viele Takte haben Sie gezählt, mein Subgeneral?«
    »Zuletzt

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