Flug in den Weltraum
Transformators erfüllte den Raum; ein Hebel wurde umgelegt und gab der elektrischen Energie den Weg auf die Röhre in der Schleudergrube frei; unter der Hand Thiessens bewegte sich ein Rheostat, und der Zeiger eines Spannungsmessers glitt langsam über die Zahlen einer Skala. Die Hand ständig am Schaltergriff, verfolgte Thiessen das allmähliche Ansteigen der Spannung und der Stromstärke, bereit, den Hebel sofort herauszureißen, sowie sie unzulässig hohe Werte annehmen würden. Auch die Blicke von Stiegel und Hegemüller hingen an den Zeigern der Meßinstrumente. Keiner von den dreien sprach ein Wort, bis Dr. Thiessen nach langem Schweigen den Mund öffnete.
»Ich denke, noch fünf Minuten, dann wird die Aktivierung der Substanz vollend ...« Er brach jäh ab, denn plötzlich war der Zeiger des Strommessers auf Null zurückgefallen, während von draußen her ein schwaches, erst zischendes, dann pfeifendes Geräusch in den Raum drang. Mit einem Ruck riß er den Hauptschalter heraus und eilte, gefolgt von Stiegel und Hegemüller, ins Freie, nach dem Rand der Schleudergrube hin.
Wo noch vor kurzem die große Blitzröhre gestanden hatte, lagen ein paar verstreute Glassplitter. Sonst war von der Röhre nichts mehr zu sehen. Verschwunden war auch die massige Kathodenkugel, in Unordnung lagen die Stromleitungen, die zu der Röhre führten, auf dem Boden. So stellte sich der Befund von außen dar, und so blieb er auch, als sie in die Grube hinabstiegen und eine genaue Untersuchung anstellten.
»Herrgott im Himmel, wo ist die Kathode geblieben?« stöhnte Thiessen. »Eine solche Menge Metall kann sich doch nicht einfach verflüchtigen ... spurlos verschwinden ... Wie ist das möglich? ... Die Sache ist nicht zum Lachen«, fuhr er Hegemüller an, dem die Schadenfreude auf dem Gesicht stand. »Machen Sie lieber einen vernünftigen Vorschlag.«
»Ich schlage vor, Herr Doktor Thiessen«, sagte Hegemüller, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen, »daß wir den Versuch wiederholen, aber die Schutzkuppel über der Grube schließen. Dann wird uns keine Kathode mehr abhanden kommen.«
George Brewster, der Führer des Fischkutters »Lady Jane«, Heimathafen Halifax, steckte die Nase in den Wind, der von Minute zu Minute mehr auffrischte, und versuchte, sein Gesicht zu einem nicht ganz glücklichen Lachen zu verziehen. Den Anlaß dazu gab der Nordwest, der den Nebel in dichten Schwaden vor sich her fegte und hier und dort bereits ein Stück blauen Himmels sichtbar werden ließ. Zusehends wich der Nebel. Schon ließ sich auf größter Entfernung die weite Fläche des Nordatlantiks überblicken; wohl an die hundert andere, der »Lady Jane« nicht unähnliche Boote wurden auf ihr sichtbar. Überall kamen mit dem weichenden Nebel Leben und Bewegung in die Fischerflotte auf den Neufundland-Bänken hinein. Winden begannen zu knarren, Spieren wurden ausgeschwungen, und bald hier, bald dort sank ein Netz in die Tiefe.
Mit leisem Schleifen glitten auf der »Lady Jane« die Drahtseile, an denen das Schleppnetz hing, von den Windentrommeln, während gleichzeitig der Anker aufgeholt wurde.
»Gutes Fangwetter nach dem verdammten Nebel, Chief«, meinte der Steuermann O’Benira und ging ans Ruderrad, da der Kutter unter dem Druck seiner Segel Fahrt zu machen begann.
»Wollen’s hoffen, Steuermann.« Captain Brewster sagte es, während er vom Achterdeck dem Netz nachschaute, das an den Drahtseilen durch die See schleifte. »Können’s erst wissen, wenn wir tieferes Wasser vor uns haben. Wollen vorerst auf Südostkurs bleiben.«
In steter Fahrt verfolgte der Kutter seinen Kurs durch die Grenzzone, in der kalte polare Wassermassen mit der warnen Golfströmung zusammentreffen, jenes Gebiet der reichen Fischgründe. Bald mußte es sich nun zeigen, ob das Netz der »Lady Jane« Beute faßte.
Schon schien es praller zu werden, schien stärker an den Trossen zu zerren, als ein pfeifendes, zischendes Geräusch Captain Brewster in die Höhe blicken ließ. Von oben, vom blauen Himmel her, kam etwas Blankes, Schimmerndes in sausender Fahrt, schlug, wenige Meter von Steuerbord der »Lady Jane« entfernt, in die See und verschwand in der Tiefe.
»Damned, Chief!« O’Benira schüttelte sich die Tropfen ab, mit denen das blinkende Ding ihn beim Aufschlag aufs Wasser bespritzt hatte. »War verflucht nahe! Hätte uns totschlagen können!«
»Hättest dir was daraus einbilden können«, unterbrach Brewster seinen Steuermann. »Habe mal irgendwo
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