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Flut

Flut

Titel: Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Galera
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mitkommen konnte, und dann die ganze Sache so weiterbetrieben zu haben, wie er es getan hat. Genauso wenig wie es dich von der Verantwortung befreit, mich verlassen zu haben, um mit ihm zusammen zu sein. Und mich von der Verantwortung, dich gehen lassen zu haben, dir nicht geholfen zu haben, glücklich zu werden, zu dem Typen geworden zu sein, den du am Ende nur verlassen konntest. Alles hat miteinander zu tun und ist jetzt Teil unseres Lebens. An einem gewissen Punkt habt ihr beschlossen, dass die Gefühle zwischen euch es rechtfertigen, über meine Gefühle hinwegzusehen. Aber ihr hattet keine andere Wahl, als so zu entscheiden. Porto Alegre ging nicht, ich ging nicht, ihr wart verliebt und in São Paulo, wo alles geht, aber die Entscheidung ist da, sie existiert, wie ein Stein, wie ein Messer, die Entscheidung existiert hier und jetzt, sie ist etwas, das passiert ist und bestimmte Konsequenzen hatte, so wie jede Entscheidung, jede Geste, alles, was man sagt oder macht, egal, ob man glaubt, dass es aus eigenem Willen geschieht oder nicht. Ihr habt entschieden, dass das Leben, das ihr von da an gemeinsam führen wolltet, mehr wert war als die Narben, die es in mir hinterlassen würde, und habt einfach weitergemacht. So weit, so gut. Ich kann mich durchaus in eure Lage versetzen. Ich glaube nicht, dass ich es getan hätte, aber ich kann es mir vorstellen und nachvollziehen. Aber dann habt bitte auch den Mut, das für immer mit euch herumzutragen. Ich werde dich für immer lieben, und ich würde noch immer mit all meinen Kräften das Leben meines Bruders verteidigen, wäre es in Gefahr. Aber ich will ihn nicht sehen, und ich werde nicht Pate eures Kindes sein.
    Es tut mir leid, dass ich gekommen bin.
    Sie steht auf und zupft ihre Kleidung zurecht.
    Du musst nicht gehen.
    Doch.
    Aber sie geht nicht sofort. Eine Weile bleibt sie dort stehen und sieht durch das Fenster aufs Meer.
    Viv.
    Du bist glücklich hier, oder?
    Ob ich glücklich bin? Ja. Ich denke schon.
    Das glaube ich dir sogar. Als man mir erzählt hat, dass du hierhergezogen bist, meinten alle, du seist geflüchtet oder traumatisiert durch den Selbstmord deines Vaters oder so was. Ich hab immer allen gesagt, dass das nicht stimmt. Ich bin wahrscheinlich die Einzige, die versteht, dass es um etwas ganz anderes geht. Es gibt keinen Ort, an dem du jetzt lieber wärst.
    Vielleicht. Ich weiß es nicht.
    Ich habe Lust, dich zu schütteln, dich ins Gesicht zu schlagen für diese Kälte, diese Arroganz und diese Eitelkeit. Mein Gott, diese Eitelkeit zu glauben, dass du niemanden brauchst, zu glauben, dass man nicht verzeihen sollte und einem nicht verziehen werden sollte. Aber du siehst das ganz anders, nicht wahr? Du bist glücklich. In deinen Augen sehe ich die Einsamkeit, die ich dir gebracht habe. Ich weiß, dass du dich nie einsam fühlst. Es ist nur, weil ich jetzt hier bin. Morgen wird wieder alles gut sein. Ich werde vorzeitig abreisen. Ich kann den Flug heute noch umbuchen. Du brauchst nichts zu sagen. Ich weiß, wie sehr du mich magst. Das wird irgendwo bleiben, wo es in Sicherheit ist. Ich werde nicht mehr hierherkommen. Solltest du uns irgendwann besuchen wollen, unsere Tür steht dir immer offen. Das Kind kommt im Mai. Okay? Es ist dein Neffe. Und wenn du nicht genug Würde und Anstand aufbringen kannst, ihn eines Tages kennenlernen zu wollen, kommt er vielleicht eines Tages zu dir, wenn er alt genug dafür ist. So hast du es ja lieber, oder nicht? Dass man zu dir kommt. Dass man dir hinterherläuft.
    Er will noch etwas sagen, aber es bleibt ihm in der Kehle stecken.
    Ich gehe jetzt. Mach dir keine Sorgen. Es ist alles so gekommen, wie du es vorausgesehen hast, oder? Nur dass es schneller gehen wird, als du es dir vorgestellt hast. Es ist schon vorbei.

Anmerkung des Autors
    Der Autor der am Ende von Kapitel 9 zitierten Verse ist Manoel Brandão de Souza, sie entstammen dem Buch História de Garopaba von Manoel Valentim.
    Besonderer Dank gilt meinem Freund und Gefährten im Meer, Mário Martins da Silva Jr., für sein Wissen und seine grenzenlose Großzügigkeit, und meinem Vater, Gilson Galera, der mir die Geschichte erzählt hat, mit der alles anfing.

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