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Brennen Muss Salem

Brennen Muss Salem

Titel: Brennen Muss Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Prolog
    Fast alle Leute hielten den Mann und den Jungen für Vater und Sohn.
    In einem alten Citroen durchquerten sie das Land in südwestlicher Richtung und benutzten zumeist kleine Nebenstraßen.
    Bevor sie ihr Ziel erreichten, hielten sie dreimal an: zuerst in Rhode Island, wo der große Mann mit dem schwarzen Haar in einer Textilfabrik arbeitete; dann in Youngstown, Ohio, wo er drei Monate lang in einer Traktorenfabrik am Fließband stand.
    Schließlich in einer kleinen Stadt in Kalifornien, wo er in einer Tankstelle arbeitete und kleine ausländische Autos reparierte.
    Wo immer sie anhielten, kaufte er eine Zeitung aus Maine namens ›Portland-Press-Herald‹ und suchte nach Nachrichten über eine kleine Stadt im südlichen Maine – Jerusalem's Lot.
    Von Zeit zu Zeit fand er den Namen erwähnt.
    Als sie Central Falls auf Rhode Island erreichten, hatte er den Entwurf für einen Roman fertig geschrieben und sandte ihn seinem Agenten. Vor Tausenden von Jahren war er ein recht erfolgreicher Autor gewesen, damals, bevor die Dunkelheit sich über sein Leben gesenkt hatte. Der Agent legte den Entwurf seinem letzten Verleger vor, der freundliches Interesse zeigte, aber nicht gewillt war, eine Vorauszahlung zu leisten. »›Bitte‹ und ›danke‹«, sagte er zu dem Jungen, bevor er den Brief zerriß,
    »das bekommt man noch umsonst.« Er sagte es ohne Bitterkeit und begann das Buch trotzdem zu schreiben.
    Der Junge sprach wenig. Sein Gesicht behielt immer einen angespannten Ausdruck, und seine Augen waren dunkel - als schweiften sie über eine trostlose Landschaft in seinem Innern.
    In den Gaststuben und bei den Tankstellen, wo sie anhielten, war er höflich, sonst nichts. Der Junge schien den großen Mann nicht aus den Augen lassen zu wollen und schien beunruhigt zu sein, wenn der Mann auf die Toilette ging. Der Junge weigerte sich auch, über die Stadt namens Jerusalem's Lot zu sprechen, obwohl der Mann das Gespräch von Zeit zu Zeit dorthin lenkte; der Junge wollte auch keinen Blick auf die Portland-Zeitungen werfen, die der Mann absichtlich herumliegen ließ.
    Als das Buch geschrieben war, lebten sie in einem kleinen Haus am Strand, abseits der Überlandstraße. Sie gingen viel schwimmen; der Pazifik war wärmer und freundlicher als der Atlantik. Der Pazifik brachte keine Erinnerungen. Allmählich wurde der Junge sehr sonnengebräunt.
    Obwohl sie sich drei ordentliche Mahlzeiten und ein festes Dach über dem Kopf leisten konnten, begann der Mann, sich über ihr Leben Sorgen zu machen. Er gab dem Jungen Unterricht, und der Junge schien in bezug auf Erziehung nichts zu versäumen (er war aufgeweckt und las gern, wie der große Mann es in seiner Jugend getan hatte), aber der Mann fand, daß es nicht gut tat, Salem's Lot völlig aus dem Gedächtnis des Jungen zu streichen. Manchmal in der Nacht begann der Junge zu schreien und warf die Bettdecke auf den Boden.
    Aus New York kam ein Brief. Der Agent teilte mit, daß Random House Zwölftausend Dollar Vorauszahlung biete und das Buch vermutlich vom Buchklub angenommen werden wür-de. Ob der Mann damit einverstanden sei?
    Er war es.
    Der Mann verließ seinen Job bei der Tankstelle und überquerte mit dem Jungen die Grenze.
    Los Zapatos - es bedeutet »Die Schuhe«, ein Name, der dem großen Mann gefiel - war ein kleines Dorf, nicht weit vom Meer entfernt. Kaum ein Tourist verirrte sich dorthin. Es gab keine gute Straße, keinen Ausblick auf den Ozean und keine historischen Sehenswürdigkeiten. In der Tienda krochen die Küchenschaben umher, und die einzige Hure des Ortes war eine fünfzig Jahre alte Großmutter.
    Nachdem sie die Staaten verlassen hatten, legte sich eine beinahe unirdische Stille über ihr Leben. Kaum ein Flugzeug überflog die Gegend, es gab keine Überlandstraßen und im Umkreis von hundert Kilometer besaß niemand einen elektrischen Rasenmäher (oder legte Wert auf einen solchen). Sie hatten ein Radio, doch war, was es von sich gab, ein Lärm ohne Bedeutung; die Nachrichten wurden allesamt in jenem überseeischen Spanisch gesprochen, das der Junge allmählich lernte, das für den Mann aber unverständlich blieb und immer bleiben sollte.
    Die Musik schien nur aus Opernfragmenten zu bestehen.
    Abends hörten sie manchmal Popmusik aus den USA, aber der Empfang war schlecht. Das einzige Motorengeräusch, das man hin und wieder hörte, war von einem Motorpflug, den ein Farmer besaß. Wenn der Wind richtig wehte, drang sein unregelmäßiger, tuckender Lärm

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