Follower - Die Geschichte einer Stalkerin
bin Alexander Garbach. Und Sie sind Herr Manns?“
Er streckte dem untersetzten Mann im teuren Anzug, der seinem Vater gegenüber saß, die Hand hin. Der ergriff sie und schüttelte sie herzlich.
„Anscheinend gibt es doch noch einen Menschen am Garbach’schen Hofstaat. Das war eine nette Geste von Ihnen, junger Mann“, sagte er. „Ihr Vater nimmt mich ganz schön auseinander. Er will mich in die Pleite handeln. Sie sind gerade noch rechtzeitig aufgetaucht.“
Manns lächelte, und Alex legte seinem Vater die Hand auf die Schulter.
„Er meint es nicht so. Dad tut nur so streng, um seinen eigentlichen großzügigen Charakter zu verbergen. Sonst wären Verhandlungen mit Geschäftsleuten wie Ihnen sofort zum Scheitern verurteilt ... wenn du erlaubst ...“ Alex griff nach dem Glas seines Vaters und hob es zum Mund. Er leerte es in einem Zug, während die beiden Männer zu ihm aufsahen. Alex winkte der Kellnerin, die gerade versuchte, bei dem Sessel Schadensbegrenzung zu betreiben.
„Bitte bringen Sie uns noch einen hiervon!“
Er schwenkte das Glas. Die Kellnerin sah erschrocken auf, dann lief sie los, um das Gewünschte zu holen.
Daniela fühlte, dass sie die Finger in ihr Kissen krallte. Alex würde der Kellnerin jetzt helfen, ihren Job zu behalten, aber das wurde Daniela langsam zuviel. Die Rolle schien größer zu sein, als gedacht. In diesem Moment blendete das Bild über und das Zeichen des Fernsehsenders erschien. Werbepause! Daniela riss ihr Handy hoch, das immer griffbereit neben ihr lag. Heute war der Monats-Erste und es gab eine Verlosung von Komparsenrollen für „Berlin im Herzen“. Ihre Hände zitterten. Die Frage wurde eingeblendet:
Wo liegt das Hotel Garbacher Hof?
A) am Potsdamer Platz
B) am Garbacher Platz
„Sende eine SMS mit BIH A oder BIH B und gewinne eine Komparsenrolle in deiner Lieblingsserie!“, sagte eine Stimme, die für Danielas Geschmack viel zu lässig klang, als ob kaum etwas davon abhängen würde.
„A“, flüsterte sie, während ihre zitternden Finger die SMS schrieben. „A ... Potsdamer Platz.“
Garbacher Platz war lächerlich. Das war normal bei diesen Gewinnspielen. Es ging nicht darum, dass man bei der Antwort überlegen musste. Der Sender verdiente Geld bei diesem SMS Spiel, aber das war Daniela gleichgültig. Die ganze Werbepause hindurch schickte sie eine SMS nach der anderen. Sie zählte sie nicht. Irgendwann musste es klappen, es musste!
Der letzte Werbespot kam langsam zum Ende und es folgten noch einige Trailer von Abendserien. Danielas Handy piepste, da die ganzen Bestätigungsnachrichten eintrudelten.
Danke! Du nimmst an der Verlosung der Komparsenrolle teil! Besuche unsere Fanpage mit vielen Gewinnspielen und tollen Angeboten ...
Jede Bestätigung war mit Werbung aufgefüllt, aber den ganzen Müll würde Daniela später löschen.
Die Trailershow endete und die Hotelbar erschien wieder auf dem Schirm.
Alex stellte gerade lächelnd das Glas auf den Tisch und kurz darauf kam die sehr aufgeregte Kellnerin mit dem bestellten Getränk heran und servierte es Herrn Garbach an den Platz.
„Kann ich noch etwas für Sie tun?“, fragte sie höflich.
„Also auf mich wirkte das sehr gekonnt“, sagte Alex. „Und an gutes Personal ist schwer ranzukommen. Hab ich recht, Dad?“
Herr Garbach schwieg und sah etwas verkniffen aus. Herr Manns lächelte und nickte in einer Art, die deutlich zeigte, dass er von Alexanders Gebaren beeindruckt war.
Daniela wusste genau, was jetzt geschehen würde, aber sie genoss es trotzdem. Die Kellnerin bekam eine zweite Chance durch Alex’ coole Aktion und Herr Garbach würde den Deal mit Manns abschließen. Und die Kellnerin war ab sofort in Alex verliebt … das würde sich ein paar Wochen lang hinziehen, bis alles rauskam und Alex ihr dann schonend beibringen würde, dass er ihr nur ein guter Freund sein konnte aufgrund seines Traumas.
Die Kamera fuhr nah auf die dankbaren Augen der Kellnerin, dann wurde der Abspann eingeblendet. Daniela rührte sich nicht, denn gleich kam noch die Vorschau auf die morgige Folge. Ein Werbespot für Intimhygiene lag dazwischen, indem eine Zeichentrickfrau erst leicht verschämt und dann strahlend ein Produkt präsentierte, das auf eine rein weibliche Zuschauerriege schließen ließ. Möglich, dass es kaum Männer gab, die „Berlin im Herzen“ regelmäßig anschauten. Und wenn doch, dann sorgte spätestens dieser Werbespot dafür, dass sie es kein zweites Mal wagten. Die
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