Follower - Die Geschichte einer Stalkerin
aufgetaucht. Ich mache einen kleinen Ausritt mit ihr, bin aber bald wieder zurück. Ist das okay für dich?“, fragte er und Daniela sah ihm an, dass er hoffte, dass sie ihr Okay auch dazu gab. Das tat weh.
„Mach nur“, sagte sie und schluckte.
„Danke, du hast was gut bei mir.“ Er drehte sich herum und ging schnell die Stallgasse entlang, als ob er es kaum erwarten konnte, wieder bei Aileen zu sein. In Daniela sammelte sich Wut. Der Tag artete nach einem perfekten Start aus und wurde zum Alptraum. Sie hörte Aileens unerträglich fröhliche Stimme von Weitem lachen und reden.
Diese Frau ist überkandidelt.
Wieder schaute sie um die Ecke und dort standen sie. Aileen hatte sich umgezogen und trug jetzt ein knallrotes Shirt, das eng anlag, und eine schwarze Hose. Sie hatte die Arme um Roberts Nacken gelegt und drückte ihr Becken an das seine. Ihre Finger glitten an seinem Hals entlang.
… ich hab ihn angemacht, und er konnte nicht nein sagen. Ich habe ihn verführt … Er tut alles, was ich will. So sind Männer eben …
„Du billige Schlampe“, flüsterte Daniela. Aileen machte Robert an und er war hilflos gegen ihre sexuellen Angebote. Weil er ein Mann war, konnte sie ihn damit lenken und beeinflussen. Er selbst konnte gar nichts dafür, dass Aileen ihn kontrollierte, denn hier waren die männlichen Instinkte wieder kontraproduktiv. Die Männer folgten der Verlockung, egal, wie billig sie präsentiert wurde. Daniela begriff noch mal in aller Deutlichkeit, wie leicht Männer Opfer von berechnenden Frauen werden konnten. Die Männlichkeit war zugleich die größte Schwäche des angeblich starken Geschlechts. Paradox, aber wahr.
Es konnte passieren, dass Aileen Robert noch heute verführte. Vielleicht sogar in dem Heubett, in dem Daniela sich selbst mit ihm in ihren Träumen gesehen hatte. Der Gedanke war furchtbar. Fast … ja, fast unheilig. Sie machte sich keine Illusionen. Aileen hatte zweifelsohne schon mal mit ihm geschlafen. Aber trotzdem …
Aileen und Robert liefen über die Stallgasse und Daniela tat, als würde sie weiterarbeiten. Sie trug einige Arbeitsgeräte zur Reinigung nach draußen und kam dabei an Aileen vorbei, die ihr zunickte. Das rote T-Shirt passte nicht zu den sanften Farben, die im Stall vorherrschten. Sanftes Braun, zartes Gelb und Grün gab es hier. Aileens T-Shirt wirkte wie ein aufdringlicher, greller Fleck in einem stimmungsvollen Gemälde. Daniela wünschte, sie könnte den Fleck einfach wegwischen. Sie stellte die schmutzigen Forken und Schaufeln ab. Robert holte gerade Pferde für sich und Aileen und begann, die Tiere vorzubereiten. Dabei hatte er Daniela einen Ausritt versprochen, aber kaum war Aileen aufgetaucht, schien er sein Angebot vergessen zu haben.
Es dauerte nicht lange, bis Robert und Aileen Seite an Seite über den Hof ritten und den Weg zum Strand einschlugen. Daniela sah ihnen nach. Aileen saß deutlich unsicherer auf ihrem Pferd als Robert und Daniela sah an seinen Gesten, dass er ihr Anweisungen gab. Aileen war eine ziemliche Anfängerin.
… und eine schamlose Männerfängerin …
Daniela sah sich um. Im Moment hielt sich niemand auf dem Hof auf. Martina war mit den beiden anderen in den Gästehäusern, wo heute die Betten bezogen wurden. Sie wartete noch eine Weile und ging dann hinüber zum Gartentor. Sofort kam Pedro angerannt und sprang am Gatter hoch.
„Schschsch … sei leise“, sagte Daniela. Sie öffnete das Tor ein wenig und Pedro versuchte, nach draußen zu drängen. Daniela packte den großen Hund am Halsband und führte ihn über den Hof. Pedro zog nach vorne, begierig auf die Freiheit um ihn herum.
„Gleich, hab noch etwas Geduld.“ Sie sicherte sich rechts und links ab. Als sie sicher war, dass niemand sie sah, ging sie mit Pedro Richtung Strand. Aileen und Robert ritten am Ufer entlang. Sie konnte sie gerade noch ausmachen. Zwei Punkte, die sich bewegten. Pedro winselte. Anscheinend sah er sie auch.
„Lauf!“, sagte Daniela und ließ Pedros Halsband los. Der schwarze Hund schoss davon, geradewegs auf die beiden Reiter zu. Da vorne gab es ziemlich viele Felsen, aber Daniela glaubte nicht, dass Robert stürzen würde. Er war so ein guter Reiter und heute ritt er mit Sattel. Eine recht sichere Sache. Sie wollte ihn nicht gefährden. Im Gegenteil.
Schnell lief sie zurück zum Hof. Das Beste war, jetzt hinten im Stall zu bleiben und abzuwarten. So kam sie nicht als diejenige in Frage, die das Gatter offen gelassen hatte.
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