Fortunas Odyssee (German Edition)
ich ihm die Zeitschrift zurückgegeben hatte, drückte ich ihm zum Abschied die Hand, während er sich glücklich bei mir bedankte.
Als wir wieder im Wagen saßen, brauchte ich einige Augenblicke, um mich von diesem Erlebnis zu erholen.
»Das Leben …«, begann ich.
»… ist voller Überraschungen«, ergänzte João.
»Und warum bist du immer gerade dann, wenn ich dich am meisten gebraucht habe, nicht aufgetaucht?«
Er lächelte, schaute nach vorn und schien mir nicht antworten zu wollen.
»In Wirklichkeit war ich nie da. Es war deine Vorstellung, das Ergebnis deiner Wünsche. Sonst nichts.«
Ich riss erstaunt die Augen auf, denn ich war mir sicher, dass er dort gewesen war.
»Und das Schild an der Eingangstür war ein Trick, nicht wahr?«
»Über den ersten Kunden des Tages? Natürlich. Ich musste dein Interesse wecken, und das war nicht gerade einfach für mich, Tim.«
»Aber du bist gestorben!«
»Nein, ein Angler hat mich gerettet aber danke für deine Hilfe«
»Na, jetzt ist mir alles klar.«
Wir setzten unsere Reise fort.
Ich atmete tief ein und betrachtete die Landschaft, in der überall Sonnenzellen blinkten. Die Energiegewinnung hatte die Landschaft verändert, die früher nur aus Plantagen bestanden hatte. Die alten Eisenbahngleise existierten nicht mehr, an ihrer Stelle gab es ein einziges Gleis, auf dem der schnellste Zug der Welt fuhr. Es gab weder Pfiffe noch Dampf. Seine drei Geschosse boten vielen Menschen Platz. Es war eine futuristische Maschine, mit der man in kürzester Zeit in ein anderes Land gelangte.
»Es lebe die Technologie!«, rief ich, während der Hexer über das ganze Gesicht lachte.
Während ich durch die Landschaft fuhr, kam mein Gedächtnis auf Touren. Allmählich gewöhnte ich mich wieder an die Gegenwart.
Als ich Mama sah, reagierte ich wie ein kleines Kind, das ein lang ersehntes Geschenk bekommen hatte. Ich erwürgte sie fast mit meiner Umarmung, und sie fragte mich, ob ich verrückt geworden sei. Trotz ihrer achtzig Jahre war sie immer noch kerngesund und klar in ihren Gedanken.
Ich stellte ihr João vor und bat sie, irgendetwas aus meiner Kindheit zu erzählen. Es gab nichts das sie lieber tat.
Als ich sie über jene Zugfahrt ausfragte, sagte sie nur:
»Schon wieder, mein Junge? Diese Geschichte habe ich dir schon tausendmal erzählt!«
Ich erzählte ihr von meiner Reise, und was ich ihr erzählte, bewegte sie sichtlich. Sie bestätigte die Ereignisse, die ich hier erzählt habe. Nur von Papas Untreue wollte ich ihr lieber nichts erzählen.
Wir erinnerten uns an die Vergangenheit und freuten uns über die Gegenwart. Vor mir saß eine Kriegerin, die stärkste Frau, die ich jemals kennengelernt habe.
»Tim, wenn du nach Hause kommst, nimm dein Fotoalbum und suche die Fotos von der Jugendolympiade«, bat mich João, als wir uns verabschiedeten.
Ich setzte ihn vor seinem Laden ab und ging meiner Wege.
An diesem Abend riefen Lynda und ich unsere beiden Kinder an und verabredeten, mit ihnen nach Madrigal zu fahren, wo ich ihnen von meiner Reise erzählen würde.
Nachdem sie eingeschlafen war, holte ich das alte Fotoalbum, das ganz hinten im Schrank lag.
Ich setzte mich gemütlich in einen Sessel im Wohnzimmer und blätterte die Seiten auf der Suche nach den Fotos aus der Schulzeit. Zuerst fand ich das Foto, das Mama und mich mit der Medaille auf dem Siegerpodest zeigte. Ich machte mit meiner digitalen Kamera eine Kopie dieses Fotos, das ich einige Sekunden lang betrachtete, ohne etwas Ungewöhnliches zu bemerken.
Auf dem anderen Foto war ich von illustren Personen umgeben, wie dem Bürgermeister, der Direktorin, einigen Politikern und Vertretern verschiedener Schulen aus der Umgebung.
Das Blickfeld war größer, weil der Fotograf nicht so nah bei der Gruppe gestanden hatte.
Ich kopierte das Foto und betrachtete es genau. Nichts besonderes!
Ich betätigte den Zoom. Und da sah ich es:
Da war João, hinter einem Mann mit einem Anzug, und streckte dem Fotografen die Zunge heraus.
Warum war mir das nie aufgefallen? Wie konnte so viel Zeit vergehen, ohne dass ich das jemals bemerkt hatte?
Ich lachte, während ich das alte Foto betrachtete.
Wie schnell unser Leben vergeht!
Epilog
Fred schloss sein Medizinstudium ab und wurde Arzt. Er ist verheiratet, hat drei Kinder und vier Enkel. Er ist sehr glücklich.
Tereza verbrachte die letzten Tage ihres Lebens im Krankenhaus. Ich war der Letzte, der mit ihr sprach, und obwohl es mit ihr zu Ende ging, war sie
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