Fortunas Tochter
erschöpft und krank nach Monaten harter Arbeit zurück, bereit, ihren Gewinn zu verschwenden. Die Anzahl der Chinesen nahm täglich zu, und bald gab es zwei rivalisierende Banden. Diese Tongs waren nach außen abgeschottete Clans, deren Mitglieder einander halfen wie Brüder in den Schwierigkeiten des täglichen Lebens und der Arbeit, aber mit ihnen wuchsen Korrup– tion und Verbrechen. Unter den frisch eingetroffenen Chinesen war auch ein zhong yi, mit dem Tao Chi’en Stunden vollkommenen Glückes verbrachte, in denen sie Behandlungsmethoden verglichen und Konfuzius zitierten. Der Mann erinnerte ihn an Ebanizer Hobbs, auch er gab sich nicht damit zufrieden, die traditionellen Wege zu gehen, auch er suchte nach Neuerungen.
»Wir müssen die Medizin der fan gui studieren, die unsere ist unzureichend«, sagte er, und Tao war unbedingt einverstanden, denn je mehr er lernte, um so stärker wurde das Gefühl, daß er nichts wußte und daß sein Leben nicht ausreichen würde, alles zu studieren, was ihm fehlte.
Eliza richtete einen Handel mit Empanadas ein, die sie gegen Gold verkaufte, anfangs an die Chilenen und dann auch an die Yankees, die sich rasch an die leckeren Pasteten gewöhnten. Zuerst bereitete sie sie aus Rind– fleisch zu, wenn sie es von den mexikanischen Rancheros kaufen konnte, die Vieh von Sonora herauftrieben, aber weil es immer wieder knapp wurde, experimentierte sie mit Wild, Hase, Wildgans, Schildkröte, Lachs und sogar mit Bärenfleisch. Alles verzehrten ihre treuen Kunden dankbar, denn anderwärts gab es nur Dosenbohnen und gepökeltes Schweinefleisch, die unveränderliche Diät der Minenarbeiter. Keiner hatte Zeit, zu jagen, zu fischen oder zu kochen; weder Gemüse noch Früchte waren zu bekommen, und Milch war ein Luxus rarer als Champagner, doch es fehlte nicht an Mehl, Fett und Zucker, und es gab auch Nüsse, Schokolade, einige Gewürze, Pfirsiche und getrocknete Pflaumen. Eliza backte Torten und Kuchen, die den gleichen Erfolg hatten wie ihre Empanadas, sie backte auch Brot in einem Lehmofen, den sie in Erinnerung an den von Mama Fresia behelfsmäßig zusammenbastelte. Wenn sie Eier und Speck ergattern konnte, hängte sie ein Schild aus, auf dem sie Frühstück anbot, und dann standen die Männer Schlange, um in der prallen Sonne an einem langen wackligen Tisch sitzen zu dürfen. Dieses schmackhafte Essen, von einem taubstummen Chinesenjungen zubereitet, erinnerte sie an die Familiensonntage im weit entfernten Zuhause. Das reichhaltige Frühstück - in Speck gebratene Eier, frisch gebackenes Brot, echte fruit pie und unbegrenzt Kaffee - kostete drei Dollar. Einige Kunden, die seit vielen Monaten nichts Ähnliches zu kosten bekommen hatten, steckten gerührt und dankbar einen weiteren Dollar in die Trinkgeldbüchse. Eines Mittsommertages trat Eliza vor Tao hin, ihre Ersparnisse in der Hand.
»Damit können wir Pferde kaufen und aufbrechen«, verkündete sie.
»Wohin?«
»Joaquín suchen.«
»Ich bin nicht darauf aus, ihn zu finden. Ich bleibe.«
»Möchtest du denn dieses Land nicht kennenlernen? Hier gibt es soviel zu sehen und zu lernen, Tao. Während ich Joaquín suche, kannst du dein berühmtes Wissen erweitern.«
»Meine Pflanzen gedeihen, und ich habe keine Lust, von einem Ort zum andern zu ziehen.«
»Na schön. Ich gehe.«
»Allein wirst du nicht weit kommen.«
»Wir werden sehen.«
In dieser Nacht schlief jeder in einer anderen Ecke der Hütte, ohne ein Wort zu sprechen. Am Tag darauf ging Eliza früh aus, um alles Nötige für die Reise zu kaufen, keine leichte Aufgabe für einen vorgeblich Taubstummen, aber um vier Uhr nachmittags kehrte sie zurück und führte ein mexikanisches Pferd am Halfter, es war häßlich und sein Fell voller kahler Stellen, aber es sah kräftig aus. Sie hatte auch Stiefel gekauft, zwei Hemden, Hosen aus grobem Stoff, Lederhandschuhe, einen Sombrero mit breiter Krempe, zwei Beutel mit Trockennahrung, einen Teller, eine Tasse und einen Löffel aus Blech, ein Messer aus gutem Stahl, eine Feldflasche für Wasser sowie eine Pistole und ein Gewehr, die sie weder zu laden noch gar abzuschießen verstand. Den Rest des Tages verbrachte sie damit, ihre Bündel zu packen und ihren Schmuck und das ihr verbliebene Geld in eine baumwollene Leibbinde einzunähen, dieselbe, mit der sie ihre Brust einzuzwängen pflegte und unter der sie ständig das Päckchen Liebesbriefe trug. Sie fand sich damit ab, daß sie den Koffer mit den Kleidern, den Unterröcken und
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