Foundation 01: Meine Freunde, die Roboter
man zehn Milliarden Klavieren zuhören, die hundert Meilen weg sind, und jedes spielt etwas anderes?«
»Genau.«
»Also bloß Krach?«
»Nicht ganz. Wir bekommen schon Informationen, über Epilepsie zum Beispiel. Mit Hilfe von Laseraufzeichnungen jedoch bekommen wir die feinen Details. Wir hören die einzelnen Melodien, die von den einzelnen Klavieren gespielt werden; wir hören außerdem, welches Klavier falsch spielt.«
Bishop zog die Augenbrauen in die Höhe. »Woraus Sie schließen können, warum einer, der spinnt – spinnt.«
»Sozusagen. Schauen Sie sich das an.«
In einer anderen Ecke des Raums leuchtete ein Bildschirm auf, über den sich eine dünne, zittrige Linie zog. Dr. Cray nahm ein kleines, drahtloses Steuergerät in die Hand und drückte auf einen Knopf. Ein winziger roter Lichtfleck tanzte über die Linie.
»Das ist ein Mikrofotograf«, sagte Dr. Cray. »Diese kleinen, roten Unterbrechungen wären mit dem bloßen Auge nicht sichtbar und mit einer weniger genauen Aufzeichnungsmethode ebenfalls nicht. Diese Unterbrechungen treten nur auf, wenn ein Patient unter einer Depression leidet. Je tiefer die Depression, desto größer der Lichtfleck.«
Bishop überlegte einen Moment lang. »Können Sie denn nichts dagegen tun?« fragte er dann. »Bis jetzt heißt das doch bloß, daß Sie durch den Lichtfleck von der Depression wissen. Das müßten Sie aber doch genauso wissen, wenn Sie dem Patienten einfach zuhören.«
»Das ist richtig, aber die Details sind eine große Hilfe. Wir können zum Beispiel die Gehirnwellen in flackernde Lichtwellen verwandeln und sogar in die entsprechenden Schallwellen. Wir verwenden dasselbe Lasersystem, das für Ihre Musikaufnahmen benutzt wird. Wir erhalten ein schwaches, musikähnliches Summen, das den Lichtflecken entspricht. Ich möchte, daß Sie sich das einmal anhören.«
»Die Musik von einer bestimmten depressiven Person, deren Gehirn diese Linie da produziert?«
»Ja, und da wir sie nicht lauter stellen können, ohne dabei Details einzubüßen, muß ich Sie bitten, den Kopfhörer aufzusetzen.«
»Soll ich auch die Linie beobachten?«
»Das ist nicht nötig. Sie können ruhig die Augen zumachen. Von dem Flackern dringt genug durch die Lider, um das Gehirn zu beeinflussen.«
Bishop schloß die Augen. Aus dem Summen hörte er deutlich einen schweren, traurigen Rhythmus heraus. Einen Rhythmus, der alle Sorgen der müden, alten Welt beinhaltete. Er hörte zu.
Das flackernde Licht, das auf seine Lider traf, nahm er nur halb wahr.
Er spürte, wie er am Ärmel gezupft wurde.
»Mr. Bishop… Mr. Bishop…«
Er holte tief Luft. »Vielen Dank!« sagte er, und es schüttelte ihn ein wenig. »Das hat mich aufgeregt, aber ich konnte nicht davon ablassen.«
»Sie haben eben eine Gehirnwellendepression gehört, und das hat Sie erregt. Ihre eigenen Gehirnwellen haben sich daran angepaßt. Sie haben sich deprimiert gefühlt, habe ich recht?«
»Allerdings!«
»Sehen Sie, wenn wir die Wellencharakteristik der Depression oder jeder geistigen Anomalität lokalisieren und beseitigen können und nur noch den verbleibenden Rest von Gehirnwellen spielen, ist die Wellenstruktur des Patienten normal.«
»Für wie lange?«
»Für eine gewisse Zeit nach Abbruch der Behandlung. Nicht lang. Ein paar Tage. Eine Woche vielleicht. Dann muß der Patient wieder in die Klinik kommen.«
»Das ist besser als gar nichts.«
»Aber nicht genug. Der Mensch wird mit bestimmten Genen geboren, Mr. Bishop, und diese Gene schreiben eine bestimmte potentielle Gehirnstruktur vor. Der Mensch unterliegt gewissen Umwelteinflüssen. Diese Faktoren sind nicht leicht zu neutralisieren, deshalb haben wir hier in dieser Klinik versucht, wirkungsvollere und länger anhaltende Methoden zur Neutralisierung zu entwickeln… Und Sie können uns dabei vielleicht helfen. Deshalb haben wir Sie gebeten, zu uns zu kommen.«
»Aber ich verstehe doch von dem Ganzen nichts. Ich habe ja bis eben nicht einmal gewußt, daß Gehirnwellen mit Lasern aufgenommen werden. Ich bin ein blutiger Laie.«
Dr. Cray bohrte die Hände in die Taschen ihres Kittels. »Sie haben doch eben noch gesagt« – sie sah Bishop gereizt an –, »daß der Laser genauer aufzeichnet, als das Ohr es hören kann.«
»Ja, und es stimmt auch.«
»Ich weiß, daß es stimmt. Einer meiner Kollegen hat in der Dezemberausgabe von 2000 im High Fidelity das Interview mit Ihnen gelesen, und in diesem Interview haben Sie das auch betont. Das war es,
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