Foundation 04: Das galaktische Imperium
»du formulierst das knapp, aber
richtig.«
»Und doch scheinen die Erdenleute und die Siedler beide ein
mystisches, ja irrationales Vertrauen in die Heiligkeit und
Unverletzbarkeit der Erde zu haben. Könnte diese Mystik für
ihre Entwicklung nicht ebenso tödlich sein wie die Mystik der
Roboter und des langen Lebens, die die Spacer behindert?«
»Darüber habe ich nie nachgedacht«, sagte Daneel.
»Ich weiß es nicht.«
»Wenn du so im Bewußtsein anderer lesen könntest
wie ich, könntest du es gar nicht vermeiden, daran zu
denken«, sagte Giskard. »Wie wählt man?« fuhr er
mit plötzlicher Eindringlichkeit fort. »Stell dir doch die
Menschheit als in zwei Gattungen getrennt vor: die Spacer mit einer
anscheinend tödlichen Mystik und die Erdenmenschen
einschließlich der Siedler mit einer anderen,
möglicherweise tödlichen Mystik. Es könnte doch sein,
daß es in Zukunft andere Spezies gibt, mit noch weniger
attraktiven Eigenschaften.
Demnach reicht es nicht aus, zu wählen, Freund Daneel; wir
müssen auch imstande sein, sie zu formen. Wir müssen eine
wünschenswerte Spezies formen und sie dann schützen, damit
wir uns nicht wieder gezwungen sehen, zwischen zwei oder mehr
unerwünschten Alternativen wählen zu müssen. Aber wie
können wir das Wünschenswerte erreichen, ohne die
Psychohistorik, die Wissenschaft, von der ich träume und die ich
nicht erreichen kann?«
»Ich habe nicht darüber nachgedacht, wie schwierig es
ist, das Bewußtsein anderer wahrnehmen und beeinflussen zu
können, Freund Giskard«, sagte Daneel. »Ist es
möglich, daß du zu viel erfährst, als daß die
Gesetze der Robotik in dir unbehindert funktionieren
könnten?«
»Die Möglichkeit bestand immer, Freund Daneel. Aber zur
Wirklichkeit ist sie erst mit diesem letzten Ereignis geworden. Ich
kenne das Bahnenmuster, das in mir diesen Wahrnehmungs- und
Beeinflussungseffekt erzeugt. Ich habe mich viele Dekaden lang
sorgfältig studiert, um das in Erfahrung zu bringen, und kann
dieses Muster an dich weitergeben, so daß du dich selbst
programmieren kannst, um wie ich zu werden – aber ich habe mich
diesem Drang widersetzt. Es wäre dir gegenüber
unfreundlich. Es reicht schon, wenn ich die Last trage.«
»Dennoch, Freund Giskard«, meinte Daneel, »wenn das
Wohl der Menschheit es nach deiner Ansicht je erfordern würde,
dann würde ich diese Last akzeptieren. Tatsächlich
würde ich sogar gemäß dem Nullten Gesetz dazu
verpflichtet sein.«
»Aber diese Diskussion ist nutzlos«, sagte Giskard.
»Mir scheint offenkundig, daß die Krise fast da ist. Und
da es uns bis jetzt noch nicht einmal gelungen ist, ihre Natur zu
erkennen…«
Daneel unterbrach ihn. »Darin zumindest hast du unrecht,
Freund Giskard. Ich kenne sie.«
83
Natürlich war nicht zu erwarten, daß Giskard
Überraschung zeigte. Sein Gesicht war selbstverständlich
unfähig, Ausdruck zu zeigen. Seine Stimme war moduliert, und
seine Sprache klang daher menschlich und war weder monoton noch
unangenehm; aber Gefühle veränderten diese Modulation nie
auf erkennbare Weise.
Als er daher sagte: »Ist das dein Ernst?«, klang es, als
hätte er Zweifel über eine Bemerkung Daneels hinsichtlich
des Wetters geäußert. Und doch ließ die Art und
Weise, wie sein Kopf sich Daneel zuwandte, und wie er die Hand hob,
keinen Zweifel daran, daß er überrascht war.
»Ja, das ist mein Ernst, Freund Giskard«, sagte
Daneel.
»Wie ist die Information zu dir gelangt?«
»Teilweise aus dem, was ich von Madam Staatssekretärin
Quintana beim Abendessen erfuhr.«
»Aber hast du denn nicht gesagt, du hättest nichts
Hilfreiches von ihr erfahren; du nähmest an, du hättest die
falschen Fragen gestellt?«
»So schien es mir unmittelbar danach. Bei weiterem Nachdenken
freilich konnte ich aus dem, was sie gesagt hatte, einige hilfreiche
Schlüsse ziehen. Ich habe in den letzten paar Stunden die
Zentral-Enzyklopädie der Erde am Computerterminal
studiert…«
»Und hast deine Schlüsse bestätigt
gefunden?«
»Nicht genau. Aber ich habe auch nichts gefunden, das sie
widerlegen würde, und das ist vielleicht fast genauso
gut.«
»Aber reicht denn ein Negativbeweis, um Sicherheit zu
gewinnen?«
»Nein. Und deshalb bin ich nicht sicher. Aber laß dir
meine Überlegungen vortragen und sag mir, wenn du sie als
fehlerhaft empfindest.«
»Bitte sprich, Freund Daneel!«
»Auf der Erde wurde die Fusions-Energie in der
Vor-Hyperraumzeit entdeckt und deshalb, solange es nur auf dem
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