Foundation 04: Das galaktische Imperium
Gelächter verstummte.
»Ich werde allerdings wahrscheinlich nie wieder nach Solaria
zurückkehren«, fuhr sie fort, »und werde daher keine
Gelegenheit haben, den solarianischen Dialekt noch einmal zu
gebrauchen. Und der gute Captain Baley« (sie drehte sich um,
verbeugte sich leicht in seine Richtung und stellte dabei fest,
daß ihm ein paar Schweißtropfen auf der Stirn standen)
»hat mir gesagt, daß man auch nicht sagen könnte,
wann ich nach Aurora zurückkehren würde; also kann durchaus
sein, daß ich den auroranischen Dialekt ebenfalls aufgeben
muß. Ich werde dann nur die Wahl haben, den Dialekt von Baleys
Welt zu sprechen, und ich will sofort anfangen, ihn zu
üben.«
Sie schob die Finger beider Hände in einen unsichtbaren
Gürtel, streckte die Brust heraus, zog das Kinn etwas herunter,
imitierte D. G.s selbstbewußtes Grinsen und sagte, bemüht,
einen etwas kehligen Bariton zu sprechen: »Männer und
Frauen von Baleys Welt, Amtsträger, Gesetzgeber, geehrte
Führer, Mitbürger – und das sollte alle
einschließen, mit Ausnahme vielleicht nicht geehrter
Führer…« – sie gab sich große Mühe,
die langgezogenen ›Aaa‹s zu imitieren, wie sie gehört
hatte, und die ›P‹s wie Explosivlaute wiederzugeben.
Diesmal war das Gelächter noch lauter und dauerte länger
an, und Gladia gestattete sich ein Lächeln und wartete dann
ruhig, während die Zuhörer lachten. Schließlich hatte
sie sie damit dazu überredet, über sich selbst zu
lachen.
Und als dann wieder Stille herrschte, sagte sie einfach und in
auroranischem Dialekt, aber diesmal ohne Übertreibung:
»Jeder Dialekt ist für diejenigen, die ihn nicht
gewöhnt sind, belustigend oder eigenartig und führt dazu,
menschliche Wesen in separate und häufig einander gegenseitig
unfreundliche Gruppen zu spalten. Aber Dialekte sind nur Sprachen der
Zunge; und anstatt auf diese Sprachen zu hören, sollten Sie und
ich und jedes andere menschliche Wesen auf jeder bewohnten Welt auf
die Sprache des Herzens lauschen – und die hat keine Dialekte.
Jede Sprache, wenn wir nur auf sie hören wollen, klingt in uns
allen gleich.«
Das war es. Und sie war wieder bereit, sich zu setzen. Aber jetzt
hallte ihr eine andere Frage entgegen; diesmal von einer Frau.
»Wie alt sind Sie?«
Da stieß D. G. zwischen zusammengepreßten Zähnen
hervor: »Setzen Sie sich hin, Madam! Ignorieren Sie die
Frage.«
Gladia drehte sich zu D. G. um. Er hatte sich halb erhoben. Die
anderen auf dem Podium beugten sich, soweit sie das in der schwachen
Beleuchtung außerhalb des Scheinwerferstrahls erkennen konnte,
angespannt auf sie zu.
Sie wandte sich wieder dem Saal zu und rief mit hallender Stimme:
»Die Leute hier auf dem Podium wollen, daß ich mich setze.
Wie viele von Ihnen dort draußen wollen, daß ich mich
setze? – Sie bleiben stumm. – Wie viele wollen, daß
ich stehenbleibe und die Frage ehrlich beantworte?«
Tosender Applaus und Rufe: »Antworten! Antworten!«
»Die Stimme des Volkes«, sagte Gladia. »Es tut mir
leid, D. G. und Sie anderen auch; aber man hat mir befohlen zu
sprechen.«
Sie blickte mit zusammengekniffenen Augen in den
Scheinwerferbalken und schrie: »Ich weiß nicht, wer die
Beleuchtung steuert; aber ich möchte, daß Sie den
Zuhörersaal beleuchten und den Spot abschalten. Mir ist
gleichgültig, was das für die Hyperwellen-Kameras bedeutet.
Sorgen Sie nur dafür, daß der Ton sauber aufgenommen wird
und hinausgeht. Keinem wird es etwas ausmachen, wenn ich halb im
Dunkeln bin, solange man mich hören kann. Richtig?«
»Richtig!« hallte es ihr aus vielen Richtungen entgegen.
Und dann: »Licht! Licht!«
Jemand auf dem Podium gab erregt ein Zeichen, und der
Zuhörersaal war plötzlich in Licht getaucht.
»So ist es viel besser«, sagte Gladia. »Jetzt kann
ich Sie alle sehen, meine Verwandten. Ganz besonders würde ich
gern die Frau sehen, die mir die Frage gestellt hat; die, die mein
Alter erfahren möchte. Ich würde gern direkt zu ihr
sprechen. Sie brauchen keine Scheu zu haben. Wenn Sie den Mut haben,
die Frage zu stellen, sollten Sie auch den Mut haben, sie offen zu
stellen.«
Sie wartete, und schließlich erhob sich etwa in der Mitte
des Saales eine Frau. Ihr dunkles Haar war straff nach hinten
gekämmt, ihre Haut war von hellbrauner Farbe, und die
enganliegende Kleidung, die sie trug und die ihre schlanke Gestalt
betonte, war in dunklem Braun gehalten.
Mit einer Stimme, die eine Spur zu schrill klang, sagte sie:
»Ich habe keine
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