Foundation 05: Das Foundation-Projekt
meine.«
Dors warf ihm einen gekränkten Blick zu. »Etwas weniger
überheblich, Hari, wenn ich bitten darf. Die Erklärung ist
schließlich nicht für dich bestimmt, sondern für mich
selbst. Du hast dich eben als mein Auditorium bezeichnet, also benimm
dich dementsprechend. Gleiches Recht für alle.«
»Gleiches Recht ist ja schön und gut, aber wenn du mir
gleich Überheblichkeit vorwirfst, nur wegen eines einzigen,
kleinen…«
»Genug! Schweig jetzt! – Deinen Worten nach ist dieser
Minimalismus bei der Anwendung der Psychohistorik, bei dem Versuch
also, eine unerwünschte Entwicklung nach allen Regeln der Kunst
in eine gewünschte oder zumindest in eine weniger
unerwünschte zu überführen, von größter
Wichtigkeit. Du sagtest, die dabei eingeleiteten Veränderungen
müßten so gering, so minimalistisch sein wie nur
möglich…«
»Ja«, unterbrach Seldon mit Feuereifer, »und zwar
deshalb…«
»Nein, Hari. Ich werde das jetzt zu
erklären versuchen. Daß du es verstehst, wissen wir
beide. Du brauchst den Minimalismus, weil jede wie auch immer
beschaffene Veränderung unzählige Nebenwirkungen hat, die
nicht immer kalkulierbar sind. Ist die Veränderung zu
groß, werden die Nebenwirkungen zu zahlreich, so weicht das
Resultat mit Sicherheit so weit von allen Planungen ab, daß es
in keiner Weise mehr berechenbar ist.«
»Richtig«, bestätigte Seldon. »Das ist in
wesentlichen Zügen der Chaoseffekt. Das Problem ist, ob es
Veränderungen gibt, die so klein sind, daß sich die Folgen
halbwegs kalkulieren lassen, oder ob die Geschichte der Menschheit in
jeder Hinsicht unweigerlich und unwandelbar chaotisch verlaufen
muß. Das ist der Grund, weshalb ich anfangs dachte, die
Psychohistorik sei nicht…«
»Ich weiß, aber du hast mich nicht ausreden lassen. Ob
es ausreichend geringfügige Veränderungen gibt, ist gar
nicht die Frage. Wichtig ist, daß jede Veränderung, die
über das Minimum hinausgeht, chaotisch ist. Das
erforderliche Minimum könnte Null sein, aber wenn nicht Null,
dann immer noch sehr klein – und es wäre doch sehr
schwierig, eine Veränderung zu finden, die klein genug und doch
signifikant größer als Null ist. Und das meinst du, wenn
ich dich recht verstanden habe, mit der Notwendigkeit des
Minimalismus.«
»Mehr oder weniger«, sagte Seldon. »Natürlich
läßt sich das Problem in der Sprache der Mathematik wie
immer knapper und zugleich präziser ausdrücken. Sieh
her…«
»Verschone mich«, bat Dors. »Wenn dir das für
die Psychohistorik klar ist, Hari, dann solltest du es auch bei
Demerzel begreifen. Du hast das Wissen, aber es fehlt dir am
nötigen Verständnis, denn du kommst offenbar gar nicht auf
die Idee, die Regeln der Psychohistorik auch auf die Gesetze der
Robotik anzuwenden.«
Worauf Seldon nur noch matt erwiderte: »Jetzt kann ich dir
überhaupt nicht mehr folgen.«
»Dieser Minimalismus gilt doch auch für ihn, nicht wahr,
Hari? Nach dem Ersten Robotergesetz darf ein Roboter keinem
menschlichen Wesen Schaden zufügen. Das ist die erste Regel
für gewöhnliche Roboter, aber Demerzel ist
außergewöhnlich, für ihn hat das Nullte Gesetz
Gültigkeit, das sogar dem Ersten Gesetz übergeordnet ist.
Das Nullte Gesetz legt fest, daß kein Roboter der ganzen
Menschheit Schaden zufügen darf. Aber damit gerät Demerzel
in das gleiche Dilemma wie du mit deiner Psychohistorik. Verstehst
du?«
»Allmählich dämmert es mir.«
»Hoffentlich. Auch wenn Demerzel also imstande ist, das
Bewußtsein von Menschen zu verändern, so ist er doch
verpflichtet, darauf zu achten, daß das ohne unerwünschte
Nebenwirkungen geschieht – und für den Kanzler des
Imperiums gibt es wahrhaftig genügend Nebenwirkungen, die er
dabei zu berücksichtigen hat.«
»Und was hat das mit unserem Fall zu tun?«
»Denk nach! Du kannst niemandem – außer mir
natürlich – erzählen, daß Demerzel ein Roboter
ist, weil er dich so manipuliert hat, daß es dir gar nicht
möglich ist. Aber wie groß war die dazu erforderliche
Manipulation? Willst du den Leuten erzählen, daß er
ein Roboter ist? Willst du seine Position untergraben, wenn du
doch gleichzeitig auf ihn angewiesen bist, weil er dich
beschützt, weil er dir die nötigen Mittel für deine
Arbeit beschafft, und weil er unauffällig seinen Einfluß
für dich geltend macht? Natürlich nicht. Er brauchte also
nur eine ganz geringfügige Veränderung vorzunehmen,
brauchte lediglich zu verhindern, daß du irgendwann in einem
unbedachten
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