Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
162 - Das Grauen aus der Baring Road

162 - Das Grauen aus der Baring Road

Titel: 162 - Das Grauen aus der Baring Road Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
Vom Netzwerk:
Ein flackerndes Leuchten erfüllte den Keller; ein Irrlicht, dessen Ursprung in einem der Schränke zu suchen war. Das Holz schien zu glühen - erst in dunklem Rot, dann heller werdend und zugleich intensiver, in ein kräftiges Orange übergehend und schließlich weiß. Halb in einem Stapel von Schriftstücken versunken, glühte der faustgroße Brocken Glimmergestein, den Dorian Hunter noch vor wenigen Stunden in Händen gehalten hatte. Ohne Flammen zu entwickeln, begannen einige der Papiere zu brennen. Es waren Blätter mit schwarzmagischen Beschwörungsformeln und Anrufen, die auf den Kontakt mit dem Stein reagierten. Langsam verkohlten sie aus sich heraus und setzten dabei weitere Kräfte frei. Ein Schatten zeichnete sich ab. Flüchtig erst, dann deutlicher. Ein düsteres Geschöpf, kaum eine Elle hoch, entstand. Die Vielzahl seiner Arme und Beine und die beiden so unterschiedlichen Köpfe ließen es unwirklich erscheinen. Es wuchs aus dem Stein heraus, schwebte über die Bücher hinweg, und in dem Moment, in dem es den geschlossenen Schrank durchbrach, erlosch die Helligkeit.
    Die Erscheinung wuchs.
    Bald blickten beide Schädel in verschiedene Richtungen, lauernd und suchend zugleich. Der eine trug die Züge eines Menschen mit scharf gezeichneten Wangenknochen und einer kräftig gebogenen Nase. Der andere war eine tierhafte Fratze, die sich ständig veränderte.
    Bei einer Größe von 1,70 Meter kam der Wachstumsvorgang zum Stillstand. Das einzig Wirkliche an dem nach wie vor schemenhaften Geschöpf mochten die Augen in dem menschlichen Gesicht sein, deren Blick unablässig umherwanderte.
    Mehrere Gegenstände in einem offenen Regal waren Ziel der noch unsicher zupackenden Hände.
    Ein großes, mit Verzierungen versehenes Henkelkreuz flog in hohem Bogen in die Ecke.
    Die Berührung des massiven silbernen Drudenfußes war hingegen nur flüchtig und ließ das schattenhafte Wesen jäh zurückzucken. Eine funkensprühende Aura umfloß den Fünfstern.
    Die Kreatur verschwand. Zurück blieb ein Hauch eisiger Kälte, der aber bald wieder verflog.

    An diesem Nachmittag waren die Straßen Londons wie ausgestorben. Die ohnehin nur schwache Februarsonne hatte sich hinter dunklen, schweren Regenwolken verborgen, und ein scharfer, schneidender Südostwind peitschte feinkörnige Eiskristalle vor sich her.
    Melancholie lag über der Stadt, als müsse sie für die bald wiederkommende Hektik Atem schöpfen. Die unförmigen schwarzen Taxis, die das Stadtbild entscheidend mitprägten, fuhren bereits mit Licht; ihre Scheinwerfer zeichneten verwaschene Reflexe auf den nassen, glitzernden Asphalt. Überhaupt schienen außer Taxis und doppelstöckigen Bussen kaum Fahrzeuge unterwegs zu sein. Hin und wieder konnte man einen Bobby sehen, der unverdrossen den Unbilden des Wetters trotzte. Aber das war in der City. Dort spiegelten sich auch noch die vielfältigen bunten Neonreklamen, die wenigstens einen Hauch von Leben vermittelten. An der Peripherie und in den Vororten herrschte hingegen ein trostloses Grau in Grau. Nur streunende Katzen schlugen einen Bogen um die Pfützen an den Straßenrändern.
    Der auffrischende Sturm brachte einen wahren Platzregen mit sich. In den Gärten wurden die letzten welken Blätter von den Bäumen gerissen und davongewirbelt. Die Nässe und die trübe Helligkeit verliehen mancher Hausfassade ein unheimliches Aussehen.
    Selbst die Jugendstilvilla in der Baring Road, inmitten eines rund zwei Hektar großen Grundstücks gelegen und von einer hohen Steinmauer umgeben, machte da keine Ausnahme. Heulend brach sich der Sturm an den Dachvorsprüngen, peitschte den Regen immer heftiger gegen die längst blind gewordenen Scheiben. Hinter einigen Fenstern brannte Licht, aber der Schein fiel nicht bis in den Garten hinaus.
    Die Mauern der Villa waren dick genug, um kaum etwas von den vielfältigen Geräuschen nach innen dringen zu lassen. Dennoch herrschte im Haus keine Ruhe. Martha Pickford, Haushälterin und Mädchen für alles, hantierte lautstark mit Töpfen und Pfannen. Das Wetter ging ihr auf die Nerven.
    Trotzdem stand sie oft vor dem Fenster und starrte in die beginnende Dämmerung hinaus.
    Miß Pickford, etwas über 60, mittelgroß, forsch und vor allem altjüngferlich, wußte, daß ein solcher Tag für Dämonen wie geschaffen war. Sie wußte es, weil es häufig so in Gruselromanen stand und weil sie erst gestern die Karten befragt hatte - Tarotkarten aus der magischen Sammlung Dorian Hunters. Zum Glück

Weitere Kostenlose Bücher