Foundation 05: Das Foundation-Projekt
er ein
Werkzeug der Repression und der Tyrannei ist.«
»Ich verstehe. Aber was veranlaßt dich zu der Meinung,
die Auflösung des Imperiums stehe so unmittelbar bevor,
daß der Sturz eines Kanzlers als Auslöser genügen
würde?«
»Die Psychohistorik.«
»Setzt du sie für Prognosen ein? Wir haben doch noch
nicht einmal das Fundament. Wie kannst du da Voraussagen
machen?«
»Es gibt schließlich so etwas wie Intuition,
Hari.«
»Intuition hat es immer gegeben. Aber wir wollen einiges
mehr, nicht wahr? Wir wollen in der Lage sein, mit mathematischen
Verfahren die Wahrscheinlichkeit ganz bestimmter, künftiger
Entwicklungen in dieser oder jener Situation zu errechnen. Wenn wir
uns nur von der Intuition leiten lassen wollten, wäre die
Psychohistorik schließlich überflüssig.«
»Es ist doch nicht unbedingt eine Frage des Entweder-Oder,
Hari. Ich spreche von beidem: Womöglich ist die Kombination die
beste Lösung – zumindest bis wir die Psychohistorik
ausreichend vervollkommnet haben«, seufzte Seldon. »Aber
worin siehst du denn nun die Gefahr für Demerzel? Was
könnte ihm so gravierend schaden oder ihn gar stürzen? Wir
sprechen doch von Demerzels Sturz?«
»ja.« Amaryls Züge verhärteten sich.
»Dann kläre mich auf. Erbarme dich meiner
Unwissenheit.«
Amaryl errötete. »Jetzt sitzt du aber sehr auf dem hohen
Roß, Hari. Du hast doch gewiß von Jo-Jo Joranum
gehört.«
»Natürlich. Ein Demagoge – warte, woher kommt er
noch? Von Nishaya, richtig? Eine ganz unbedeutende Welt. Nichts als
Ziegenhirten, glaube ich. Und hochwertiger Käse.«
»Genau. Aber er ist nicht nur ein einfacher Demagoge. Er
verfügt über eine große, immer weiter wachsende
Anhängerschaft. Er gibt vor, für soziale Gerechtigkeit und
stärkere Beteiligung des Volkes an politischen Entscheidungen
einzutreten.«
»Richtig«, sagte Seldon. »Davon habe ich
gehört. Sein Schlachtruf lautete: ›Die Staatsgewalt in die
Hände des Volkes.‹«
»Nicht ganz, Hari. Er sagt: ›Die Staatsgewalt ist das Volk.‹«
Seldon nickte. »Tja, weißt du, die Vorstellung kommt
mir eigentlich sehr entgegen.«
»Mir ebenso. Ich wäre absolut dafür – wenn
Joranum es ehrlich meinte. Aber das tut er nicht, er sieht die
Kampagne nur als Sprungbrett. Für ihn ist sie ein Weg, nicht das
Ziel. Er will sich Demerzel vom Halse schaffen. Ohne ihn ist Cleon
willenloses Werkzeug. Joranum wird den Thron für sich
beanspruchen, und dann ist er das Volk. Du selbst hast mir
erzählt, daß es in der Geschichte des Imperiums eine ganze
Reihe solcher Episoden gegeben hat – und derzeit ist das
Imperium so schwach und instabil wie noch nie. Ein Schlag, der es in
früheren Jahrhunderten lediglich ins Wanken gebracht hätte,
könnte es heute zerschmettern. Das Imperium würde sich in
Bürgerkriege verstricken und sich nie wieder davon erholen, und
noch haben wir keine Psychohistorik, die uns zeigen könnte, was
dagegen zu tun wäre.«
»Ja, ich weiß, was du meinst, aber ganz so leicht wird
man Demerzel doch wohl nicht los.«
»Du weißt nicht, wie stark Joranum inzwischen geworden
ist.«
»Es kommt nicht darauf an, wie stark er geworden ist.«
Seldon runzelte nachdenklich die Stirn. »Warum haben seine
Eltern ihn eigentlich Jo-Jo genannt? Der Name klingt irgendwie
infantil.«
»Seine Eltern hatten damit nichts zu tun. In Wirklichkeit
heißt er Laskin, und der Name ist auf Nishaya sehr
gebräuchlich. ›Jo-Jo‹ hat er sich selbst ausgesucht,
vermutlich, weil sein Familienname mit dieser Silbe
anfängt.«
»Dann ist er doch erst recht ein Kindskopf, meinst du nicht
auch?«
»Keineswegs. Seine Anhänger schreien es immer und immer
wieder – ›Jo… Jo… Jo… Jo‹. Sie
versetzen sich damit regelrecht in Trance.«
»Na schön.« Seldon machte Anstalten, sich wieder
seinem 3D-Computer und der multidimensionalen Simulation zuzuwenden,
die dieser erzeugt hatte. »Warten wir ab, was
passiert.«
»Läßt dich das alles wirklich so kalt? Glaube mir,
es ist Gefahr im Verzug.«
»Nein, dem ist nicht so.« Seldon fixierte ihn mit
eisigem Blick, seine Stimme war plötzlich hart geworden.
»Du kennst nicht alle Fakten.«
»Welche Fakten kenne ich nicht?«
»Darüber unterhalten wir uns ein andermal, Yugo. Im
Moment kümmerst du dich bitte um deine Arbeit und
überläßt es mir, mich um Demerzel und den Zustand des
Imperiums zu sorgen.«
Amaryls Lippen wurden schmal, aber die Macht der Gewohnheit zwang
ihn zum Gehorsam. »Jawohl, Hari.«
Diese Macht war
Weitere Kostenlose Bücher