Foundation 05: Das Foundation-Projekt
wurde – obwohl unberührt – tagtäglich frisch bezogen; die Zimmer wurden gereinigt; alles funktionierte, wie es immer funktioniert hatte; und der ganze kaiserliche Stab vom vornehmsten Höfling bis zum niedrigsten Lakaien tat, was er immer getan hatte. Die obersten Beamten erteilten die gleichen Befehle wie zu Lebzeiten des Kaisers, Befehle, von denen sie wußten, daß sie im Sinne des Kaisers gewesen wären. In vielen Fällen, insbesondere in den höheren Rängen, war das Personal seit Cleons Todestag unverändert geblieben, und wenn neue Leute eingestellt wurden, so hatte man sie mit aller Sorgfalt in die Überlieferung eingewiesen, an die sie sich zu halten hatten.
Es war, als sei das Imperium so sehr an die Existenz eines Kaisers gewöhnt, daß es diese Geisterherrschaft brauchte, um nicht auseinanderzufallen.
Die Junta wußte das – und wenn nicht, so spürte sie es. In den ganzen zehn Jahren hatte kein einziger von den Militärs, die das Kommando über das Imperium führten, die kaiserliche Privatsuite im Kleinen Palast bezogen. Diese Männer mochten sein, was sie wollten, kaiserliches Blut floß jedenfalls nicht in ihren Adern, und sie waren sich bewußt, daß sie dort nichts zu suchen hatten. Die Bevölkerung mochte sich mit dem Verlust ihrer Freiheit abgefunden haben, aber Pietätlosigkeit gegenüber ihrem Kaiser – ob lebendig oder tot – würde sie nicht dulden.
Nicht einmal General Tennar hatte sich in dem eleganten Bauwerk einquartiert, das so lange Zeit die Herrscher aus einem Dutzend verschiedener Dynastien beherbergt hatte. Er wohnte und arbeitet in einem Gebäude am Rand des Parks – die Häuser dort waren samt und sonders von abstoßender Häßlichkeit, aber dafür waren sie so stabil wie Festungen, konnten selbst einer Belagerung standhalten und verfügten über Außengebäude, in denen eine riesige Wachmannschaft Platz finden konnte.
Tennar war ein stämmiger Mann und hatte einen Schnurrbart, keine üppig wuchernde Dahliterbürste, sondern ein sorgfältig gestutztes, in Form rasiertes Oberlippenbärtchen, das einen Streifen Haut zwischen den Haaren und dem Lippenrand freiließ. Der Schnurrbart war rötlich, und Tennars Augen waren von eisigem Blau. In jüngeren Jahren war er vermutlich ein stattlicher Bursche gewesen, doch jetzt wirkte sein Gesicht aufgeschwemmt, und seine Schweinsäuglein funkelten zumeist vor Zorn.
Und im Zorn – durchaus verständlich bei einem Mann, der sich als absoluter Herrscher über Millionen von Welten fühlte und doch nicht wagte, sich Kaiser zu nennen – sagte er nun zu Hender Linn: »Ich kann jederzeit meine eigene Dynastie gründen.« Dann blickte er sich finster um. »Das ist nicht die passende Umgebung für den Herrn über das Imperium.«
Linn gab leise zu bedenken: »Herr zu sein, ist das einzige, was wirklich zählt. Besser Herr in einer Zelle. Als Galionsfigur in einem Palast.«
»Aber am besten doch wohl Herr in einem Palast. Warum auch nicht?«
Linn trug den Titel Oberst, obwohl er mit ziemlicher Sicherheit nie an einem militärischen Einsatz teilgenommen hatte. Seine Aufgabe war es, Tennar zu sagen, was dieser hören wollte – und dessen Befehle unverändert weiterzugeben. Gelegentlich – wenn ihm das Risiko nicht allzugroß erschien – versuchte er auch, Tennar auf einen vernünftigeren Kurs zu bringen.
Linn war allgemein als ›Tennars Lakai‹ bekannt, und das wußte er auch. Es störte ihn nicht. Als Lakai hatte er einen sicheren Stand – und er hatte schon so manchen stürzen sehen, der es für unter seiner Würde gehalten hatte, den Lakaien zu spielen.
Natürlich konnte eines Tages auch Tennar in dem ständig wechselnden Junta-Panorama spurlos verschwinden, aber Linn ging mit stoischer Gelassenheit davon aus, daß sich das Unheil schon rechtzeitig ankündigen würde und er sich retten konnte. – Und wenn nicht – nun, so hatte eben alles seinen Preis.
»Warum sollten Sie keine Dynastie gründen, General?« bemerkte Linn. »Sie wären beileibe nicht der erste in der langen Geschichte des Imperiums. Aber dergleichen braucht seine Zeit. Die Menschen stellen sich nicht so schnell um. Gewöhnlich wird das Haupt einer Dynastie erst in der zweiten oder gar dritten Generation als Kaiser vollends anerkannt.«
»Das kann nicht sein. Ich brauche mich doch nur selbst zum neuen Kaiser auszurufen. Wer würde es wagen, dagegen aufzubegehren? Ich habe alles fest im Griff.«
»Ganz recht, General. Auf Trantor und den meisten Inneren Welten
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