Foundation 05: Das Foundation-Projekt
Realität. Gibt es irgendwelche Reibungen innerhalb des Projekts, die für Hari bedrohlich sind? Ich meine, physisch bedrohlich?«
»Bedrohlich für Hari? Natürlich nicht. Wie kannst du an so etwas auch nur denken?«
»Gibt es nicht vielleicht Leute, die Hari nicht leiden können, weil er zu arrogant, zu ungeduldig, zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist und allen Ruhm für sich beanspruchen will? Oder, wenn das alles nicht zutrifft, einfach deshalb, weil er schon so lange die Leitung des Projekts innehat?«
»Ich habe nie gehört, daß etwas dergleichen gegen Hari gesagt worden wäre.«
Damit war Dors offensichtlich nicht zufrieden. »In deiner Anwesenheit würde so etwas natürlich auch niemand sagen. Aber trotzdem vielen Dank, Yugo, für deine Hilfsbereitschaft und für die Zeit, die du mir geopfert hast.«
Sie ging, und Amaryl sah ihr lange nach. Ein leises Unbehagen beschlich ihn, doch sobald er sich wieder seiner Arbeit zuwandte, war alles andere vergessen.
20
Eine (von nicht allzuvielen) Möglichkeiten, wie Hari Seldon sich für eine Weile von der Arbeit wegstehlen konnte, war ein Besuch in Raychs Wohnung, die nicht weit vom Universitätsgelände gelegen war. Bei jedem solchen Anlaß erhielt die Liebe zu seinem Pflegesohn neue Nahrung, Gründe dafür gab es genug. Raych hatte sich als anständig, fähig und loyal erwiesen – aber daneben besaß er diese ungewöhnliche Fähigkeit, in anderen Menschen Liebe und Vertrauen zu erwecken.
Hari hatte dies zum ersten Mal bemerkt, als es dem zwölfjährigen Gassenbengel gelungen war, sich in sein und Dors’ Herz zu stehlen. Rashelle, die frühere Bürgermeisterin von Wye, hatte sich ebenfalls zu dem Jungen hingezogen gefühlt. Auch Joranum hatte ihm vertraut, obwohl ihn das geradewegs ins Verderben führte. Und zuletzt hatte Raych sogar die Liebe der schönen Manella gewonnen. Hari durchschaute diese besondere Eigenschaft, die Raych verkörperte, nicht bis ins letzte, aber das hinderte ihn nicht, jedes Zusammensein mit seinem Pflegesohn zu genießen.
Mit dem gewohnten: »Alles klar hier?« betrat er die Wohnung.
Raych legte das holographische Material beiseite, an dem er arbeitete, und stand auf. »Alles klar, Dad.«
»Ich höre Wanda nicht.«
»Aus gutem Grund. Sie ist mit ihrer Mutter beim Einkaufen.«
Seldon setzte sich und streifte das Chaos von Nachschlagewerken mit wohlwollendem Blick. »Wie geht’s mit dem Buch voran?«
»Dem Buch geht’s gut. Ich bin derjenige, der’s womöglich nicht überlebt.« Er seufzte. »Aber es wird endlich Zeit, daß über Dahl mal gesagt wird, was Sache is’. Hätt’st du’s für möglich gehalten, daß bis jetzt noch keiner ’n Buch über den Bezirk geschrieben hat?«
Seldon war schon oft aufgefallen, daß Raychs dahlitischer Akzent sehr viel stärker wurde, wenn sein Sohn von seinem Heimatbezirk sprach.
»Und wie geht’s dir, Dad?« fragte Raych. »Froh, daß der Rummel vorbei ist?«
»Unglaublich froh. Eigentlich war mir jede Minute zuwider.«
»Aber davon hat niemand was gemerkt.«
»Hör mal, ich mußte mich doch verstellen. Ich wollte schließlich den anderen nicht den Spaß verderben.«
»Wie peinlich muß es dir erst gewesen sein, als Mom dich bis in die Kaiserlichen Gärten verfolgt hat. Die Geschichte ist in aller Munde.«
»Es war mir wirklich peinlich. Deine Mutter, Raych, ist der großartigste Mensch, den ich kenne, aber manchmal hat man seine liebe Not mit ihr. Sie hätte alle meine Pläne durchkreuzen können.«
»Und was sind das für Pläne, Dad?«
Seldon lehnte sich zurück. Es war angenehm, sich mit jemandem besprechen zu können, der sein unbedingtes Vertrauen genoß und zugleich nichts von Psychohistorik verstand. Mehr als einmal hatte er seine Einfälle an Raych ausprobiert, um sie dann in eine vernünftigere Form zu bringen, als es ihm möglich gewesen wäre, wenn er dieselben Einfälle nur in seinem eigenen Kopf hin- und hergewälzt hätte. »Sind wir abgeschirmt?« fragte er.
»Immer.«
»Gut. Ich habe General Tennar einige Denkanstöße in eine ziemlich ungewöhnliche Richtung gegeben, das ist alles.«
»Und was ist das für eine Richtung?«
»Nun, ich habe ihm einen kleinen Vortrag über Steuern gehalten und darauf hingewiesen, daß das Bestreben, die ganze Bevölkerung möglichst gerecht zu belasten, jedes Steuersystem zunehmend komplexer, unhandlicher und kostspieliger macht. Daraus zog er den logischen Schluß, das Steuersystem müsse vereinfacht
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