Foundation 05: Das Foundation-Projekt
davon«, sagte er.
»Es tut mir leid«, sagte Zenow beschämt. »Reden wir von etwas anderem. – Wenn Terminus wirklich die Welt ist, die Sie suchen, dann werden Sie sich jetzt vermutlich mit doppeltem Eifer in die Vorarbeiten für das Projekt Enzyklopädie stürzen. Sie wissen ja, die Bibliothek ist Ihnen gern in jeder Weise behilflich.«
»Ich weiß es, Las, und ich bin Ihnen unendlich dankbar. Wir werden in der Tat fleißig sein.«
Er erhob sich, doch der Schmerz, der ihn bei der Erwähnung seiner Geburtstagsfeier vor zehn Jahren durchfahren hatte, ließ noch kein Lächeln zu. »Ich muß mich also weiter abrackern.«
Als er ging, plagte ihn wie immer sein Gewissen wegen seiner Unaufrichtigkeit. Las Zenow hatte nämlich nicht die leiseste Ahnung von Seldons wahren Absichten.
3
Hari Seldon betrachtete die komfortable Zimmerflucht in der Galaktischen Bibliothek, die ihm seit einigen Jahren als Privatbüro diente. Wie über der ganzen Bibliothek, so schwebte auch über diesen Räumen ein Hauch von Verfall, eine unbestimmte Mattigkeit – hier stand einfach schon alles zu lange am selben Platz. Dabei wußte Seldon, daß der Komplex noch Jahrhunderte oder – umsichtige Renovierungen vorausgesetzt – Jahrtausende bleiben konnte, wie er war.
Wie war er hierhergekommen?
Immer wieder tastete sich seine Erinnerung in die Vergangenheit zurück, zeichnete er mit den Fühlern seines Geistes die Entwicklungslinie seines Lebens nach. Eine Alterserscheinung, ganz ohne Zweifel. Man hatte so viel Vergangenheit hinter und so wenig Zukunft vor sich, daß sich das Bewußtsein abwandte von den dräuenden Schatten des Kommenden, um sich in die Geborgenheit des Gewesenen zu flüchten.
In seinem Fall war jedoch zudem eine Veränderung eingetreten. Mehr als dreißig Jahre lang hatte sich die Psychohistorik fast geradlinig entwickelt, wenn man das sagen konnte – im Schneckentempo, aber unbeirrt nach vorne. Und dann, vor sechs Jahren, hatte sie, wie aus heiterem Himmel, eine Wendung um neunzig Grad gemacht.
Seldon wußte genau, wie alles gekommen war, welche Verkettung von Umständen dazu geführt hatte, daß es möglich wurde.
Natürlich war Wanda der Auslöser gewesen, Seldons Enkelin. Hari schloß die Augen, lehnte sich in seinem Sessel zurück und ließ die Ereignisse vor sechs Jahren noch einmal Revue passieren.
Die zwölfjährige Wanda fühlte sich einsam. Ihre Mutter Manella hatte ein zweites Kind bekommen, ein kleines Madchen namens Bellis, und nun belegte das neue Baby sie erst einmal völlig mit Beschlag.
Raych, ihr Vater, hatte sein Buch über seinen Heimatbezirk Dahl fertiggestellt, es war ein kleiner Erfolg geworden und er selbst eine kleine Berühmtheit. Man lud ihn ein, Vorträge darüber zu halten, und dazu war er gern bereit, denn das Thema lag ihm sehr am Herzen. Außerdem vertraute er Hari grinsend an: »Wenn ich über Dahl rede, brauche ich meinen dahlitischen Akzent nicht zu unterdrücken. Die Zuhörer erwarten nichts anderes von mir.«
Letztlich bedeutete das jedoch, daß er oft und lange außer Haus war, und wenn er heimkam, dann interessierte ihn vor allem das Baby.
Und Dors – Dors war nicht mehr da – und Hari Seldon litt darunter wie unter einer frischen Wunde, die nicht aufhören wollte zu schmerzen. Und auf diesen Schmerz reagierte er in verhängnisvoller Weise. Wandas Traum hatte den Ereignisstrom ausgelöst, der mit Dors’ Verlust geendet hatte.
Wanda hatte nichts damit zu tun – und dessen war sich Seldon auch durchaus bewußt. Dennoch ging er ihr unwillkürlich aus dem Weg, und das bedeutete, daß auch er sie in dieser kritischen Zeit nach der Geburt des Babys im Stich ließ.
In ihrer Verzweiflung wandte sich Wanda an den einzigen Menschen, der sich immer freute, wenn sie kam, an den einzigen Menschen, auf den immer Verlaß war. Dieser Mensch war Yugo Amaryl, der zweite Mann nach Hari Seldon bei der Entwicklung der Psychohistorik, und der erste, wenn es darum ging, sich rund um die Uhr bedingungslos für das Projekt aufzuopfern. Hari hatte Dors und Raych gehabt, für Yugo dagegen war die Psychohistorik der einzige Lebensinhalt; er hatte weder Frau noch Kinder. Doch wenn Wanda bei ihm auftauchte, sprach etwas in ihm auf dieses eine Kind an, und er hatte – nur für einen kurzen Moment – das Gefühl, etwas versäumt zu haben, ein Gefühl, das sich nur beschwichtigen ließ, indem er diesem einen Kind Zuneigung entgegenbrachte. Gewiß, er behandelte sie eher wie eine zu
Weitere Kostenlose Bücher