Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
Fabrik verließ, war
plötzlich Valona March an seiner Seite. Anfangs nahm er sie kaum
wahr, wenigstens nicht als Individuum. Er hörte nur, daß
jemand im Gleichschritt neben ihm ging. Dann blieb er stehen und sah
sie an. Ihr aschblondes Haar war zu zwei dicken Zöpfen
geflochten, die von kleinen, mit grünen Steinen verzierten
Magnetspangen zusammengehalten wurden. Es waren billige Spangen, und
sie wirkten schon sehr abgegriffen. Sie trug nur ein schlichtes
Baumwollkleid, mehr war in diesem milden Klima nicht nötig. Rik
selbst begnügte sich mit einem offenen, ärmellosen Hemd und
einer Baumwollhose.
»Wie ich höre, hat es beim Mittagessen einen
Zwischenfall gegeben«, sagte sie.
Sie hatte, wie nicht anders zu erwarten, einen harten,
bäuerlichen Akzent, während Riks Aussprache von flachen
Vokalen geprägt war. Außerdem näselte er ein wenig.
Im Dorf lachte man ihn deshalb aus und äffte ihn nach, aber
Valona tröstete ihn, die Leute wüßten es eben nicht
besser.
»Alles in Ordnung, Lona«, murmelte er jetzt.
Sie ließ nicht locker. »Du sollst gesagt haben, du
erinnerst dich an etwas. Ist das wahr, Rik?«
Auch sie nannte ihn Rik. Wie hätte sie ihn auch sonst nennen
sollen? Er hatte sich nie an seinen richtigen Namen erinnern
können. Dabei hatte er sich verzweifelt bemüht, und auch
Valona hatte versucht, ihm zu helfen, eines Tages hatte sie sogar
irgendwo ein zerfleddertes Adreßbuch aufgetrieben und ihm
daraus alle Vornamen vorgelesen. Doch sie waren ihm alle gleich fremd
vorgekommen.
Nun sah er sie offen an und sagte: »Ich werde die Fabrik
verlassen müssen.«
Valona zog die Stirn in Falten. Ihr rundes, breites Gesicht mit
den flachen, hoch angesetzten Backenknochen verdüsterte sich.
»Das kannst du nicht machen. Das wäre nicht
recht.«
»Ich muß mehr über mich in Erfahrung
bringen.«
Valona fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.
»Laß das lieber bleiben.«
Rik wandte sich ab. Er wußte ja, daß sie sich nur
Sorgen um ihn machte. Sie hatte ihm damals den Posten in der Fabrik
verschafft. Er hatte mit solchen Maschinen keinerlei Erfahrung
gehabt. Vielleicht hatte er es auch nur vergessen. Jedenfalls hatte
Lona so lange darauf bestanden, daß er für die schweren
Arbeiten nicht kräftig genug sei, bis die Verantwortlichen ihm
eine kostenlose Ausbildung zum Techniker genehmigten. Und vorher, in
den grauenhaften Tagen, als er kaum einen Laut herausbrachte und
nicht wußte, was er mit dem Essen anfangen sollte, das man ihm
hinstellte, hatte sie unermüdlich auf ihn aufgepaßt und
ihn gefüttert. Ohne sie hätte er nicht überlebt.
»Es muß aber sein«, sagte er.
»Sind es wieder diese Kopfschmerzen, Rik?«
»Nein. Ich habe mich wirklich an etwas erinnert. Ich
weiß jetzt, was ich für einen Beruf hatte – Vorher!«
Eigentlich wollte er ihr gar nicht mehr erzählen. Er schaute
in die Ferne. Die wärmende Sonne würde noch mindestens zwei
Stunden über dem Horizont stehen. Rings um die Fabriken lagen
die Arbeiterhütten, eine Reihe wie die andere, kein schöner
Anblick, doch Rik wußte, daß sie nur die Anhöhe zu
ersteigen brauchten, um die Felder in all ihrer rotgoldenen Pracht
vor sich liegen zu sehen.
Er liebte den Blick über die Felder, hatte ihn von Anfang an
als beruhigend, geradezu beglückend empfunden. Schon bevor er
wußte, daß die Farben Rot und Gold hießen oder
daß es so etwas wie Farben überhaupt gab, damals, als er
seiner Freude nur mit einem leisen Glucksen Ausdruck verleihen
konnte, waren seine Kopfschmerzen schneller abgeklungen, wenn er auf
den Feldern war. Seinerzeit hatte sich Valona an jedem Mußetag
einen Diamagnetschweber ausgeliehen und zusammen mit ihm das Dorf
verlassen. Meile um Meile sausten sie dann eine Handbreit über
der Straße auf dem Antigrav-Feld dahin wie auf einem weichen
Kissen, bis kein Haus mehr zu sehen war und ihm nur noch der Wind
über das Gesicht strich und den Duft der Kyrtblüten
zutrug.
Irgendwann setzten sie sich inmitten dieses duftenden Farbenmeers
an den Straßenrand, teilten sich einen Nahrungswürfel und
ließen sich von der Sonne bescheinen, bis es Zeit war für
die Rückfahrt.
Rik fand die Erinnerung verlockend. »Ich möchte auf die
Felder, Lona«, sagte er.
»Es ist schon spät.«
»Bitte. Wenigstens aus dem Dorf hinaus.«
Sie tastete nach dem dünnen Geldbeutel, den sie unter ihrem
weichen, blauen Ledergürtel – dem einzigen Luxus, den sie
sich gestattete – zu tragen pflegte.
Rik hielt sie zurück. »Wir gehen zu
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