Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
Tisch.
Schwartz hatte auch den kleinen Mann nicht bemerkt, der ihm, seit er das Institut verlassen hatte, die ganze Zeit über unauffällig gefolgt war.
Nachdem Bel Arvardan geduscht und sich umgezogen hatte, ging er unverzüglich daran, seinen Vorsatz auszuführen und die Spezies Mensch, Untergattung Erde, in ihrer natürlichen Umgebung zu beobachten. Das Wetter war schön, es wehte ein leichter, erfrischender Wind, und das Dorf – Verzeihung, die Stadt – präsentierte sich hell, ruhig und sauber.
Gar nicht so übel.
Erste Station Chica, dachte er. Größtes Vorkommen von Erdenmenschen auf dem gesamten Planeten. Danach Washenn, die hiesige Hauptstadt; Senloo! Senfran! Bonair! – Die Route, die er sich zurechtgelegt hatte, würde ihn über alle westlichen Kontinente führen (wo der größte Teil der spärlichen Erdpopulation angesiedelt war). An jedem Ort gedachte er zwei bis drei Tage zu bleiben, um dann etwa um die Zeit, zu der sein Expeditionsschiff zu erwarten war, wieder nach Chica zurückzukehren.
Sozusagen eine Bildungsreise.
Am Spätnachmittag betrat er eine Autoküche. Beim Essen wurde er Zeuge des kleinen Auftritts zwischen den zwei Erdenmenschen, die kurz nach ihm gekommen waren, und dem dicken, älteren Mann, der als letzter eintraf. Diesmal blieb er in der Rolle des unbeteiligten Beobachters und beschränkte sich darauf, die Szene nüchtern zu erfassen und seinen unerfreulichen Erfahrungen im Stratojet gegenüberzustellen. Die beiden Männer am Tisch waren offenbar Lufttaxifahrer, sicher nicht reich, aber dennoch nicht hartherzig.
Zwei Minuten, nachdem der Bettler gegangen war, verließ auch Arvardan die Autoküche.
Inzwischen herrschte auf den Straßen sehr viel mehr Betrieb, der Arbeitstag neigte sich seinem Ende zu.
Er trat hastig zur Seite, um eine Kollision mit einem jungen Mädchen zu vermeiden.
»Verzeihung«, sagte er.
Sie trug einen weißen Kittel, streng geschnitten wie eine Uniform. Den Beinahezusammenstoß schien sie gar nicht bemerkt zu haben. Ihr verstörter Gesichtsausdruck, die Art, wie sie ruckartig den Kopf hin- und herdrehte, die völlige Geistesabwesenheit – man sah sofort, daß etwas nicht stimmte.
Arvardan legte ihr leicht die Hand auf die Schulter. »Kann ich Ihnen helfen, Miss? Sind Sie irgendwie in Schwierigkeiten?«
Sie blieb stehen und sah bestürzt zu ihm auf. Arvardan schätzte sie auf neunzehn bis zwanzig Jahre. Er betrachtete sie eingehend, das braune Haar, die dunklen Augen, die hohen Wangenknochen und das kleine Kinn, die schmale Taille, die graziöse Haltung. Das Wissen, daß es sich bei diesem zierlichen Wesen um einen weiblichen Erdenmenschen handelte, verlieh, wie ihm plötzlich zu Bewußtsein kam, der ohnehin attraktiven Erscheinung zusätzlich den prickelnden Reiz des Verbotenen.
Sie starrte ihn immer noch an und wollte gerade zum Sprechen ansetzen, als sie die Verzweiflung übermannte. »Ach, es hat doch alles keinen Sinn. Bitte, bemühen Sie sich nicht. Wie soll man jemanden suchen, wenn man nicht die leiseste Ahnung hat, wo er hingegangen sein könnte?« Sie ließ die Schultern hängen, ihre Augen füllten sich mit Tränen. Doch dann richtete sie sich auf und atmete tief durch. »Haben Sie einen dicken Mann gesehen, etwa eins sechzig groß, in grünweißem Anzug, ohne Hut und ziemlich kahlköpfig?«
Arvardan sah sie verdutzt an. »Was? Grünweiß?… Das ist doch nicht zu fassen… Hören Sie, der Mann, den Sie meinen – hat er Mühe, sich zu verständigen?«
»Ja, ja. Sicher. Haben Sie ihn etwa gesehen?«
»Vor nicht ganz fünf Minuten saß er noch da drin und hat mit zwei Männern gegessen… Da sind sie ja… Hallo, Sie da?« Er winkte die beiden heran.
Granz war als erster zur Stelle. »Taxi, der Herr?«
»Nein, aber wenn Sie der jungen Dame sagen, was aus dem Mann geworden ist, mit dem Sie gegessen haben, könnten Sie sich den Fahrpreis auch so verdienen.«
Granz überlegte, dann sagte er verdrießlich: »Tja, ich würd Ihnen ja gerne helfen, aber ich hab ihn im Leben noch nie gesehen.«
Arvardan wandte sich wieder dem Mädchen zu. »Passen Sie auf, Miss, er kann nicht in die Richtung gegangen sein, aus der Sie gekommen sind, sonst wären Sie ihm begegnet. Und weit kann er auch noch nicht sein. Gehen wir doch ein paar Schritte nach Norden. Wenn ich ihn sehe, erkenne ich ihn sicher sofort.«
Nun hatte er ihr doch ganz impulsiv seine Hilfe angeboten, dabei war er wahrhaftig kein Mann spontaner Entschlüsse. Obendrein ertappte
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