Foundation 06: Die Grösse des Imperiums
unter die Kategorie Verleumdungen der Bruderschaft. Aber der alte Knacker hatte ohnehin nur noch einen Monat bis zu den Sechzig. Wozu noch seinen Namen aufschreiben?
Der Außenweltler war ein anderes Kaliber. Voller Genugtuung las Creen den Eintrag noch einmal durch: »Bel Arvardan, Baronn, Sirius-Sektor – interessiert sich für die Sechzig – sehr verschlossen, was seine persönlichen Belange angeht – Ankunft in Chica mit Linienmaschine 11 h Chica-Zeit, 12. Oktober – antiterrestrische Haltung sehr ausgeprägt.«
Vielleicht hatte er diesmal wirklich einen Fang gemacht. Kleine Schreihälse zu schnappen, die ihren Mund nicht halten konnten, war ein ödes Geschäft, aber solche Glücksfälle entschädigten für vieles.
Binnen einer halben Stunde würde die Bruderschaft seinen Bericht in Händen halten. Gemächlich schlenderte er über das Landefeld.
8
BRENNPUNKT CHICA
Dr. Shekt saß in seinem Arbeitszimmer und blätterte zum zwanzigsten Mal die Mappe mit den jüngsten, wissenschaftlichen Notizen durch. Als Pola eintrat, blickte er auf. Sie schlüpfte in ihren Laborkittel und sah ihn vorwurfsvoll an.
»Aber Vater, hast du denn noch nicht gegessen?«
»Wie? Aber sicher… äh… was ist das denn?«
»Das ist dein Mittagessen. Oder wäre es gewesen. Was du gegessen hast, war wohl das Frühstück. Es hat doch wirklich keinen Sinn, wenn ich die Sachen einkaufe und hierherbringe, und du läßt sie dann stehen. Von jetzt an werde ich darauf bestehen, daß du zu den Mahlzeiten nach Hause gehst.«
»Nun reg dich nicht auf. Ich esse ja schon. Aber ich kann schließlich nicht jedesmal, wenn du meinst, daß jetzt Essenszeit wäre, ein wichtiges Experiment unterbrechen.« Beim Nachtisch hellte sich seine Miene wieder auf. »Du kannst dir nicht vorstellen«, sagte er, »was dieser Schwartz für ein Mensch ist. Habe ich dir jemals von seinen Kleinhirnfissuren erzählt?«
»Ja, soviel ich weiß, sind sie primitiv.«
»Aber das ist noch nicht alles. Er hat auch zweiunddreißig Zähne: Jeweils drei Backenzähne oben, unten, rechts und links, darunter übrigens ein falscher, den er sich selbst gebastelt haben muß. Zumindest habe ich noch nie eine Brücke gesehen, die man mit Metallzacken in die Nachbarzähne einhängt, anstatt sie im Kieferknochen zu verankern… Ist dir schon einmal ein Mensch mit zweiunddreißig Zähnen begegnet?«
»Ich laufe doch nicht herum und zähle anderer Leute Zähne, Vater. Wieviel hat man denn normalerweise – achtundzwanzig?«
»Selbstverständlich. – Aber ich bin noch nicht fertig. Gestern haben wir eine Untersuchung seiner inneren Organe vorgenommen. Was glaubst du, haben wir gefunden? -Rate mal?«
»Eingeweide?«
»Pola, du willst mich nur ärgern, aber das ist mir egal. Du brauchst auch nicht zu raten, ich sag es dir. Schwartz hat einen Appendix vermiformis von neun Zentimetern Länge, und der ist offen! Bei der Unendlichen Galaxis, das ist einfach unerhört! Ich habe – natürlich mit aller Vorsicht – in der Medizinischen Fakultät nachgefragt. Wurmfortsätze sind nie länger als einen Zentimeter, und sie sind immer geschlossen.«
»Und was hat das zu bedeuten?«
»Nun, der Mann ist ein absoluter Atavismus, ein lebendes Fossil.« Er war aufgestanden und ging mit hastigen Schritten zwischen Schreibtisch und Wand auf und ab. »Ich will dir etwas sagen, Pola. Wir sollten diesen Schwartz nicht fortlassen. Als Versuchsperson ist er einfach zu wertvoll.«
»Nein, nein, Vater«, widersprach Pola sofort, »das darfst du nicht. Du hast dem Farmer versprochen, daß er ihn abholen kann, und du mußt dein Wort halten, auch Schwartz’ wegen. Der Mann ist unglücklich.«
»Unglücklich! Aber er wird doch verwöhnt wie ein reicher Außenweltler!«
»Und was hat er davon? Der arme Kerl ist an seine Farm und seine Familie gewöhnt. Er hat sein ganzes Leben dort verbracht. Außerdem hat er eine beängstigende – und nach allem, was ich weiß, auch schmerzhafte – Erfahrung hinter sich, und sein Verstand funktioniert anders als vorher. Wie soll er das verarbeiten? Schon mit Rücksicht auf seine Menschenwürde müssen wir ihn seiner Familie zurückgeben.«
»Aber Pola, im Namen der Wissenschaft…«
»Ach, Geschwätz! Was kümmert mich die Wissenschaft? Was wird wohl die Bruderschaft sagen, wenn sie von deinen unerlaubten Experimenten erfährt? Glaubst du, sie kümmert sich um die Wissenschaft? Wenn dir Schwartz schon gleichgültig ist, dann denke wenigstens an dich selbst.
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