Foundation 07: Die Rettung des Imperiums
sein – und dann den heulenden Wind oder beißende Kälte oder bedrückende Feuchtigkeit zu vermissen?
Vielleicht. Aber nicht am ersten Tag und nicht am zweiten und auch am siebenten nicht. Er würde nur noch diesen einen Tag haben und morgen abreisen. Er wollte es hier genießen, so lange er konnte. Schließlich war es durchaus möglich, daß er nie wieder nach Trantor zurückkehrte.
Dennoch empfand er nach wie vor etwas Unbehagen darüber, daß er sich einem Mann gegenüber so unehrerbietig verhalten hatte, der die Macht besaß, einen einsperren oder hinrichten zu lassen – oder der zu allermindest den wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Tod durch Verlust von Stellung und Status herbeiführen konnte.
Vor dem Zubettgehen hatte Seldon im enzyklopädischen Teil des Computers seines Hotelzimmers über Cleon I. nachgesehen. Der Kaiser war dort hoch gelobt worden, wie das ohne Zweifel bei allen Kaisern zu ihren Lebzeiten der Fall gewesen war, ganz gleich, was ihre Taten auch gewesen sein mochten. Seldon hatte sich dafür nicht sonderlich interessiert, wohl aber für die Tatsache, daß Cleon im Palast geboren war und das Palastgelände nie verlassen hatte. Er war nie in Trantor selbst gewesen, in keinem Teil dieser vielkuppeligen Welt. Das war vielleicht eine Frage der Sicherheit, aber es bedeutete jedenfalls, daß der Kaiser sich in einem Gefängnis befand, ob er das nun sich selbst gegenüber zugab oder nicht. Es mochte wohl das luxuriöseste Gefängnis der ganzen Galaxis sein, aber ein Gefängnis war es dennoch.
Und wenn der Kaiser auch durchaus freundlich gewirkt und in keiner Weise den Anschein erweckt hatte, ein blutrünstiger Autokrat zu sein, wie das so viele seiner Vorgänger gewesen waren, so war es doch nicht gut, seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen zu haben. Seldon war recht froh darüber, daß er tags darauf nach Helicon abreisen würde, obwohl es zu Hause Winter sein würde (noch dazu ein recht häßlicher).
Er blickte in das helle, diffuse Licht auf. Obwohl es hier drinnen nie regnen konnte, war die Luft keineswegs trocken. Nicht weit von ihm entfernt plätscherte ein Springbrunnen; die Pflanzen waren grün und hatten wahrscheinlich noch nie Trockenheit zu spüren bekommen. Gelegentlich raschelte es im Blattwerk, so als würden sich dort kleine Lebewesen versteckt halten. Er hörte das Summen von Bienen.
Wenn man in der Galaxis von Trantor sprach, dann immer als von einer Welt aus Metall und Keramik, aber in diesem kleinen Fleckchen wirkte sie eher rustikal.
Es gab noch ein paar Leute, die den klaren Tag nutzten, und alle trugen leichte Hüte, manche ganz kleine. Nicht weit von ihm entfernt war eine hübsche junge Frau zu sehen, aber sie beugte sich über ein Sichtgerät, so daß man ihr Gesicht nicht erkennen konnte. Ein Mann ging vorüber, warf ihm einen kurzen Blick zu und setzte sich dann ihm gegenüber und vergrub sich dann sofort in einem Bündel von Ausdrucken, wobei er ein eng anliegendes rosafarbenes Hosenbein über das andere schlug.
Eigenartigerweise schienen die Männer zu Pastellfarben zu neigen, während die Frauen meist Weiß trugen. Da die Umgebung so sauber war, machte es durchaus Sinn, helle Farben zu tragen. Er blickte amüsiert auf seinen dunkelbraunen heliconischen Anzug. Falls er auf Trantor bleiben würde, würde er sich passende Kleidung kaufen müssen, wenn er nicht wollte, daß er Neugierde erweckte oder gar ausgelacht wurde. Der Mann mit den Ausdrucken hatte ihm beispielsweise gerade einen neugierigen Blick zugeworfen – ohne Zweifel war das seiner außenweltlerischen Kleidung zuzuschreiben.
Seldon war erleichtert, daß der Mann nicht lächelte. Er konnte zwar mit Gleichmut darüber hinwegsehen, daß er komisch wirkte, aber daran auch noch Spaß zu finden, war zuviel verlangt.
Seldon beobachtete den Mann recht unauffällig, weil es so schien, als versuchte er mit sich selbst ins reine zu kommen. Im Augenblick sah er aus, als wollte er etwas sagen, schien es sich dann aber anders zu überlegen und erneut den Wunsch zum Reden zu verspüren. Seldon fragte sich, worauf es schließlich hinauslaufen mochte. Er studierte den Mann. Er war groß, breitschultrig und ohne den geringsten Bauchansatz. Sein Haar war dunkel mit ein paar blonden Strähnchen. Er war glatt rasiert und blickte ernst und vermittelte den Eindruck von Stärke, ohne freilich hervortretende Muskelpakete zu haben. Sein Gesicht wirkte etwas vierschrötig angenehm, aber alles andere als ›hübsch‹.
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